Eine Gewichtheberin träumt von blauen Schwertern und einer Vase
Nach einem komplizierten Jahr überraschte Mara Strzykala bei der EM in Bulgarien mit einer Leistungsexplosion, doch ihr Fokus liegt auf einem ganz besonderen Turnier
Der Weg von Mara Strzykala zum Gewichtheben verlief alles andere als geradlinig. Denn bis zu ihrem 13. Lebensjahr turnte die Sportlerin noch auf Leistungsniveau. Als eine Verletzung sie zwang, diese hoffnungsvolle Karriere aufzugeben, fand sie zunächst ein neues Zuhause in der Leichtathletik, ehe Claude Tritz, ihr erster Trainer im Gewichtheben, erkannte, dass sie die perfekten Voraussetzungen für den Kraftsport in sich vereint.
Seit über einem Jahr wird Strzykala nun von der deutschen Topathletin Sabine Kusterer trainiert, die sie auf ein ganz neues Leistungsniveau brachte. „Claude war ein sehr guter Trainer für den Einstieg in die Welt des Kraftsports, aber es kam der Punkt, wo ich etwas verändern musste, um mich weiterzuentwickeln“, erinnert sich die Sportlerin. Mit Kusterer an ihrer Seite, die selbst auf eine lange Karriere als professionelle Gewichtheberin zurückblicken kann, erarbeitete die Luxemburgerin ein ganz neues Trainingskonzept, bei dem vor allem technische Elemente fokussiert wurden. „Irgendwann kommt der Punkt, an dem Kraft allein fehlende Technik nicht mehr kompensieren kann“, erklärt Strzykala.
Dabei blickt die Athletin auf ein für sie persönlich anstrengendes und emotionales Jahr zurück. Schicksalsschläge und andere Einschnitte wirkten sich auch auf ihr Training aus, sodass es auf den ersten Blick wirkte, als würde die 32-Jährige stagnieren. Letztlich war der gefühlte Stillstand nichts anderes als ein langer Anlauf für eine wahre Leistungsexplosion der erfolgreichsten luxemburgischen Gewichtheberin.
„Ich habe mit Sabine fast ein Jahr lang sehr detailreich an meiner Technik gefeilt, solange, bis ich die Abläufe komplett verinnerlicht habe. Vorher waren meine Wettkämpfe wie ein Pokerspiel, bei denen ich teilweise nur zwei oder drei gültige Versuche hatte. Jetzt habe ich vielmehr Stabilität und Konstanz, der Knoten ist förmlich geplatzt“, freut sich Strzykala über den langen Weg, der schließlich in eine starke Leistung bei der Europameisterschaft vergangenen Monat in Bulgarien mündete.
Mit Mut und neuem Selbstvertrauen
In Sofia belegte sie im Gesamtranking den sechsten Platz, drei Ränge besser als ein Jahr zuvor in Armenien, stellte im Stoßen mit 92 kg sogar einen neuen Landesrekord auf. „Die 92 kg habe ich zuvor noch nie gemacht, aber ich habe da vollkommen auf Sabine vertraut. Sie meinte nur, dass ich das schaffe, also sagte auch ich mir: Ich schaffe das! Am Ende war der Landesrekord mein technisch sauberster Versuch und ich hatte nicht das Gefühl, dass ich schon auf der letzten Rille laufe“, sieht die Gewichtheberin noch weiteres Potenzial nach oben in sich schlummern.
Strzykala gerät derweil immer wieder ins Schwärmen, wenn sie davon erzählt, wie präzise Kusterer, die mehr als eine Trainerin für sie ist, auf ihre Bedürfnisse als Sportlerin eingeht. „Sie motiviert mich und weiß auch, wann es Zeit ist, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen. Sabine hat mein Mindset komplett verändert. Vorher dachte ich immer, ich hebe nur Gewichte, die ich schon ausprobiert habe. Durch sie wurde ich mutiger.“Das tiefe gegenseitige Ver
Am Ende war der Landesrekord mein technisch sauberster Versuch und ich hatte nicht das Gefühl, dass ich schon auf der letzten Rille laufe. Mara Strzykala
trauen ist wohl der Grund, warum die beiden auch privat ein Paar sind. Am Samstag tritt Strzykala nun bei den Landesmeisterschaften in Düdelingen an, eine Woche später beim Turnier der kleinen Staaten in Monaco. „Im vergangenen Jahr bin ich von Vorbereitung zu Vorbereitung gehuscht. Aber Regeneration ist ebenso wichtig wie das Training selbst. Nach Sofia habe ich deshalb drei Wochen schonender trainiert“, lässt Mara Strzykala anklingen, dass beide Veranstaltungen eher als bessere Trainingseinheiten anzusehen sind.
Denn der Fokus liegt für sie auf einem ganz besonderen Event: dem Pokal der blauen Schwerter in Meißen. „Der Pokal der blauen Schwerter ist beim Gewichtheben mittlerweile eine absolute Institution. Es ist kein Turnier, für das man sich qualifizieren kann. Dort darf man nur auf persönliche Einladung antreten“, freut sich die 32-Jährige schon auf das Event am 6. Juli. „Die Stimmung dort ist mit nichts vergleichbar, allerdings auf eine sehr positive Art und Weise. Es ist nicht wie bei einer WM oder EM. Es ist schwer zu beschreiben, aber dort steht ganz klar das Gewichtheben an sich im Vordergrund. Der Sieger bekommt auch keinen gewöhnlichen Pokal, sondern eine ikonische Vase mit zwei aufgemalten gekreuzten blauen Schwertern“, beschreibt Strzykala das weltweit bekannte Markenzeichen der staatlichen Porzellan-Manufaktur Meißen auf der begehrten Siegertrophäe.
Die Luxemburgerin weiß, dass sie bei diesem prestigeträchtigen Turnier auf sehr starke Gegnerinnen treffen wird, die ebenfalls alle nach der edlen Porzellan trachten. Doch Strzykala hat ihren Zenit noch lange nicht erreicht, wird sich ganz gezielt auf das Turnier vorbereiten und träumen ist allemal erlaubt. Und mit etwas Glück und Können steht schon bald eine neue Vase in der Vitrine von Luxemburgs bester Gewichtheberin.
Sabine hat mein Mindset komplett verändert. Vorher dachte ich immer, ich hebe nur Gewichte, die ich schon ausprobiert habe. Durch sie wurde ich mutiger. Mara Strzykala