Chatkontrolle: Justizministerin „nach wie vor skeptisch“
Brüsseler Vorstoß soll von einem „generalisierten“zu einem „verdachtsbasierten Ansatz“übergehen. Details fehlen noch
Was enthält der neue Vorschlag der belgischen Ratspräsidentschaft zur Chatkontrolle im Kampf gegen Kindesmissbrauch genau? Diese Frage konnte Justizministerin Elisabeth Margue (CSV) anlässlich der von den Piraten beantragten Aktualitätsstunde in der Chamber am Donnerstagnachmittag nicht beantworten.
Ihr Ministerium hatte erst am Tag zuvor einen von mehreren Teilen der neuen Vorschläge aus Brüssel geschickt bekommen, und zwar zu den sogenannten Standardanordnungen, wenn es um die Kontrolle von verdächtigen Kommunikationen auf Online-Plattformen wie WhatsApp oder Signal geht. Diesen würden ihre Beamten nun intensiv prüfen.
Der neue Entwurf gehe „in die Richtung eines eher verdachtsbasierten Ansatz“, so Margues erste Einschätzung, allerdings blieben viele Fragen unbeantwortet. Man werde sich die nächsten Tage mit Experten von BeeSecure und dem Kanner- und Jugendtelefon beraten. Grundsätzlich unterstützt die Luxemburger Regierung das Vorhaben der EU-Kommission, den Kampf gegen Missbrauchsmaterial im Netz und Cybergrooming zu verstärken.
Brüsseler Vorschlag zur Chatkontrolle liegt Justizministerin nur auszugsweise vor
Allerdings ist die Justizministerin skeptisch, dass der neue Text die Schlüsselfrage beantworten kann, über die seit Jahren kontrovers gestritten wird: Ob nämlich im Kampf gegen Kindesmissbrauch und Bildmaterial, das sexualisierte Gewalt gegen Kinder abbildet, heutzutage sichere Technologien existieren, die das Scannen von privaten und verschlüsselten Nachrichten erlauben, ohne dass der konkrete Inhalt und die Privatsphäre von Einzelpersonen berührt würde.
Vom Ministerium konsultierte Experten weisen auf den „intrusiven Charakter“solcher ScreeningTechnologien hin. Auch das sogenannte Client-Side-Scanning sei „wohl keine Technologie, Stand heute, die zu hundert Prozent sicher ist“, beruft sich Ministerin Margue auf diese Experteneinschätzungen.
Der Abgeordnete der Piraten, Ben Polidori, sieht in dem neuen Vorstoß auf EU-Ebene, deren grobe Linien von Medien geleakt wurde, weiterhin die Gefahr einer „grundrechtseinschränkenden Massenüberwachung“.
: Client-SideScanning ist, Stand heute, wohl keine Technologie, die zu hundert Prozent sicher ist. Elisabeth Margue, Justizministerin
Eine Einschätzung, die die Abgeordnete Liz Braz von der LSAP teilt, die darin einen „klaren Schritt in Richtung gläserner Bürger sieht.“Allerdings: Das Client-Side-Scanning, also das „frühzeitige Erkennen von unverschlüsselten Nachrichten direkt auf dem Handy“beim Nutzer, scheint die LSAP nicht komplett auszuschließen.
Auf Nachfrage der grünen Abgeordneten Sam Tanson bestätigte Elisabeth Margue, dass nach dem neuen Textvorschlag wohl nun eine Art gestufter Risikoanalyse von den Internetplattformen vorgenommen werden soll. Das „Wort“hatte berichtet. Allerdings soll diese auch mit konkreten Verdachtsmomenten verknüpft werden, „fort von einem generalisiertem Ansatz“. Wie das im Detail aussehen wird, konnte Margue aber nicht präziseren.