Solovieff fordert sofortigen Abzug aller Kriminalbeamten
Die Police judiciaire soll sich wieder ihrer eigentlichen Arbeit widmen können, fordern die Generalstaatsanwältin und die Opposition
Die Kritik von Generalstaatsanwältin Martine Solovieff am Einsatz von Kriminalbeamten gegen die organisierte Bettelei war am Donnerstag Thema in einer gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Inneres und Justiz. Die Generalstaatsanwältin ist gegen den Einsatz von Kriminalbeamten in der Spezialmission. Sie hätten wichtigere Dinge zu tun.
Zur Erinnerung: In einem Brief vom 7. März 2024 an Innen- und Polizeiminister Léon Gloden (CSV) kritisiert Solovieff, dass die Justizautoritäten nicht über den Einsatz von spezialisierten Kriminalbeamten, die immerhin der Justiz unterstünden (Stichwort Gewaltenteilung), an der Spezialmission informiert gewesen seien.
Insgesamt waren Solovieff zufolge zwischen dem 29. Januar und 29. Februar 110 Kriminalbeamte während 880 Stunden für die Spezialmission im Einsatz. Wegen des Einsatzes seien diese hoch spezialisierten Beamten (Jugendschutz, Finanzkriminalität, Terrorismusbekämpfung usw.) nicht vollumfänglich für ihre eigentliche Arbeit verfügbar.
In dem Zusammenhang erinnerte Solovieff daran, dass Luxemburg sich 2026 einer Überprüfung der Financial Action Task Force (FATF, Französisch GAFI) unterziehen müsse, die die Fortschritte des Großherzogtums in der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unter die Lupe nehme. Angesichts zahlreicher unerledigter Dossiers habe die Justiz Besseres zu tun, als Opfer von Bettelei zu verfolgen. Auch stehe der Aufwand nicht im Verhältnis zum Ergebnis. Seit Beginn des Einsatzes seien lediglich zwei Personen protokolliert worden.
Die Opposition sparte nach der Sitzung nicht mit Kritik an Minister Léon Gloden. „Wir haben ein massives Problem zwischen den Institutionen“, meinte Meris Sehovic von Déi Gréng auf Nachfrage des „Luxemburger Wort“.
110 Kriminalbeamte und 880 Stunden Einsatz
Martine Solovieff habe erneut bemängelt, über den Einsatz nicht informiert worden zu sein, so Sehovic. Staatsanwalt Georges Oswald habe darauf hingewiesen, dass der Spezialeinsatz, was die Besetzung und die Vorgehensweise betrifft, nicht geeignet sei, um auch, wie von Gloden dargelegt, gegen Drogenkriminalität und Zuhälterei vorzugehen. Oswald habe zudem vor einer Vermischung von administrativen und Kriminalbeamten gewarnt, weil dadurch rechtsstaatliche Probleme entstehen könnten. Bei den Justizbehörden und der Kriminalpolizei herrsche wegen des Einsatzes große Unzufriedenheit.
Der Vorsitzende der Kommission für Inneres, Marc Lies (CSV), erklärte, dass Justiz und Polizei in
regelmäßigem Kontakt stünden und dass rezent auch über den Einsatz von Kriminalbeamten diskutiert worden sei, „die Kommunikation war allem Anschein nach aber wohl nicht konkret genug“.
Dass 110 Kriminalbeamte zeitweise für den Einsatz abgezogen wurden, fand er weniger schlimm, schließlich sei der Einsatz auf acht Stunden pro Person beschränkt gewesen. Auch zitierte Lies Polizeidirektor Pascal Peters, wonach der Einsatz von Kriminalbeamten Gang und gäbe sei, zum Beispiel auf der Schueberfouer oder der Braderie. „Ich frage mich, ob in den Fällen auch immer so intensiv kommuniziert wird“, so Lies.
Wer letztendlich die Anweisung gegeben hat, Kriminalbeamte hinzuzuziehen, ist unklar. Marc Lies zufolge kann die Anweisung nur polizeiintern erfolgt sein, „in Absprache mit dem Minister und Hauptstadtbürgermeisterin Lydie Polfer“.
„Gloden verstrickt sich in Widersprüche“
Léon Glodens Antworten seien nicht zufriedenstellend gewesen, bemängelte Sehovic. Zudem verstricke er sich in widersprüchliche Aussagen in Bezug auf die Frage, ob er den Kriminalbeamten Anweisungen erteilt habe. Das sagt auch Dan Biancalana (LSAP). „Einerseits sagt der Minister, er mische sich nicht in das operative Geschäft ein, andererseits aber hat er im Parlament und auf RTL gesagt, dass der Einsatz von hoch spezialisierten Beamten nicht notwendig sei und er deren Abzug angeordnet habe.“
Die Generalstaatsanwältin hat in ihrem Brief den Abzug sämtlicher Kriminalbeamten aus dem Spezialeinsatz gefordert. Das fordern auch die Piraten, Déi Gréng und die LSAP in einer gemeinsamen Motion, die am Donnerstag im Parlament debattiert wurde, von der CSV-DPMehrheit und der ADR aber abgelehnt worden ist.
Der Spezialeinsatz soll noch zwei Wochen fortgesetzt werden, „allerdings wird die Zahl der Kriminalbeamten um die Hälfte gekürzt“, so Sehovic.