Serge Wilmes und die Umweltschützer – eine erste Belastungsprobe
Dem Mouvéco platzt so langsam der Kragen – und das ließen sie den Umweltminister bei einer Diskussionsrunde wissen
Mehr als 100 Tage ist Serge Wilmes schon im Amt, trotzdem war der Donnerstagabend eine Premiere für ihn. Denn bisher war der neue Klima- und Umweltminister wenig mit Umweltschutzorganisationen in Kontakt gebracht worden. Die Organisationen selbst hielten sich ebenso verdeckt seit seinem Amtsantritt. Jetzt platzt der Zivilgesellschaft endgültig der Kragen – und Wilmes hat es beim Mouvéco-Kongress im Oekozenter am Donnerstagabend zu spüren bekommen. Er stellte sich dort eine Stunde lang den Fragen aus dem Publikum, bestehend aus überzeugten Umweltschützern.
„Stellt dem Serge auch bitte schwierige und kritische Fragen“, hatte die Mouvéco-Präsidentin ihre Mitglieder vor der Ankunft Wilmes beim Kongress vorbereitet. Nicht nur das: Bei ihrer Einführungsrede teilte sie regelrecht gegen den Stargast aus. Denn der Mouvement écologique wird langsam „nervös und unruhig“, warnte Weber.
Eine Linie im Umweltministerium sei nach 100 Tagen Regierung kaum erkennbar. Sowieso sei weiterhin nicht bekannt, wie es in manchen Dossiers im Nachhaltigkeitsbereich weitergehen soll. Doch insbesondere beim Landwirtschaftstisch hat Wilmes keine gute Figur gemacht, findet Weber. „Wenn er dabei war, dann nur, damit er hört, welche Prozeduren er vereinfachen soll, als dass er sich für die Stimme der Umwelt einsetzt“, monierte Weber.
Ökologie als Prozedurenproblem – etwas anderes hätte Wilmes bisher nicht von sich gegeben. Die Enttäuschung sitzt beim Mouvéco tief. So tief, dass plötzlich infrage gestellt wird, ob die Einladung bei den Koalitionsgesprächen auf Senningen seitens der Regierung wirklich ernst gemeint war – und nicht ein „cleverer Schachzug, um sich einen grünen Anstrich zu verpassen“.
CO2-Steuer keine „Wunderlösung“
Die Rede, die hat Serge Wilmes nicht mitgehört. Erst einige Minuten später betrat er den Raum und wurde kurz und lapidar von der Menge im Saal begrüßt. Die Rede Webers hallte jedoch nach. Wenn Wilmes von vereinfachten Genehmigungsprozeduren im Umweltbereich redet, geht plötzlich ein lautes Raunen durch den Raum. Hinten im Saal hört man ebenso leises Gekicher. Weber scheint einen wunden Punkt getroffen zu haben und das lässt das Publikum Wilmes direkt wissen.
Dass der Minister noch nicht ganz eingearbeitet ist, gibt er selbst gerne zu. Er beherrscht bislang nicht alle Dossiers und entschuldigt sich dafür, wenn er keine Antwort hat. Eine erste Frage stammt von einer Frau, die wissen möchte, ob Subsidien für die energetische Sanierung von Gebäuden im Juni verlängert werden. Wilmes bestätigt: Die Subsidien werden verlängert, doch müsse man in Zukunft bewerten, welchen Effekt diese Subsidien tatsächlich erreicht haben. Die Vorfinanzierung dieser sei zudem ein Thema und die soziale Staffelung. Die Antwort kennt er.
Doch je weiter die Fragerunde voranschreitet, desto mehr wird die allgemeine Vision des Ministers geprüft – und das Publikum dabei ungeduldiger. „Ich verstehe einfach nicht, wie wir nicht auf bewährte Mitteln im Kampf gegen die Klimakrise zurückgreifen. Wir wissen, dass eine CO2-Steuer weitaus höher sein sollte, 200 Euro pro Tonne oder sogar mehr“, zeigt sich eine Dame frustriert über die langen Antworten Wilmes. Die CO2-Steuer werde jedes Jahr hierzulande angepasst, aber „es gibt nicht die Wunderlösung“, antwortet Wilmes darauf. Es gelte nicht nur, die Menschen vom Auto wegzubringen, es gehe auch darum, Menschen für den öffentlichen Verkehr zu begeistern.
Bei der Frage nach der Begrünung von Städten wird es laut im Raum, als die Rede um die „Place de Paris“und dem Knuedler dreht.
Eine einstündige Fragerunde, die „entlarvt“
Bei der Frage nach der Begrünung von Städten wird es laut im Raum, als die Rede um die „Place de Paris“und dem Knuedler dreht. „Diese Plätze sind doch grässlich“, wird der Ruf einer Person aus dem Publikum laut. „Wir wollen ja keine Parteipolitik hier machen, aber die CSV war nicht im Schöffenrat, als diese Plätze umgebaut wurden. Heute würden wir sie auch nicht mehr so konzipieren“, gesteht Wilmes. Generell holt der Minister lange aus, wenn es um seinen ehemaligen Posten als ersten Schöffen der Stadt Luxemburg geht. „Ich könnte stundenlang über Luxemburg Stadt reden.“
Wilmes verliert sich bei seinen Antworten jedoch in Detailerklärungen oder beantwortet Fragen, die ihm nicht gestellt wurden. Das merkt das Publikum. Einige sprechen nach dem Auftritt des Ministers beim traditionellen Patt, wie „entlarvend“die Diskussion gewesen sei. Er habe Fragen umschifft, bestätigt eine andere Person und das sei nicht gut angekommen. Wilmes, der nach der Diskussion einige Momente nach der Fragerunde geblieben ist, um Gespräche mit Mitgliedern zu vertiefen, gibt sich gelassen. Auch, was die kritischen Aussagen Webers zu seiner Person anbelangt. Es sei schließlich die Rolle des Mouvéco die kritischen Fragen zu stellen und ihn zum Handeln aufzufordern, blickt er auf seinen Auftritt zurück.
Dass der Minister noch nicht ganz eingearbeitet ist, gibt er selbst gerne zu.