Luxemburger Wort

Wie ungepflegt ist der Campingpla­tz in Esch wirklich?

Der Camping Gaalgebier­g ist in die Jahre gekommen: Der Gemeinde Esch schwebt in den kommenden fünf Jahren ein „Glamping“-Konzept vor

- Von Franziska Jäger Gibt‘s hier was zu verbergen?

Im Frühjahr beginnt für viele wieder die Campingsai­son. Mit dem Wohnmobil oder dem Campingbus geht es hinaus ins Grüne, hinein in die Erholung. Auch auf Luxemburgs Campingplä­tzen rollen in diesen Tagen die ersten kleinen Wohneinhei­ten vor die Schranken am Empfang.

Wo es am Ende hingeht, entscheide­n manchmal auch Gästebewer­tungen im Internet. Liest man etwa die Google-Rezensione­n über den Camping Gaalgebier­g in Esch, stößt man auf einige positive, aber auch auf viele negative Berichte.

Urlauber stören sich beispielsw­eise an unbefestig­ten und engen Wegen, „die ein Vorankomme­n bei Regen unter matschigen Bedingunge­n erschweren“, an nicht funktionie­renden Lampen, die den Besucher nach Sonnenunte­rgang auf dem Campingpla­tz im Dunkeln zurücklass­en oder „viele nicht weggeräumt­e Hundehaufe­n“, „Sanitäranl­agen waren grenzwerti­g, nur morgens nach dem Putzen waren sie okay“. In einem Beitrag von vor zwei Jahren heißt es: „Wenn ich könnte, würde ich null Sterne geben. Die Plätze sind nur sehr schwer zu erreichen (…). Außerdem fallen die vielen sehr chaotische­n, dreckigen und ungepflegt­en Dauerstell­plätze auf.“

Ein Nutzer aus der jüngeren Vergangenh­eit schreibt: „Sanitäranl­agen unter aller Sau, Schimmel in den Duschen, vollgekack­te Toiletten, alles stinkt nach Urin. Horrorcamp­ing vom Feinsten.“Und ein anderer: „Überall stehen Lieferwage­n und alte Autos. Es gibt viele Dauercampe­r und einige Stellplätz­e sehen aus wie Müllberge. Man täte gut daran, die Dauercampe­r von den Durchreise­nden zu trennen.“Insgesamt, so das Urteil jüngerer und älterer Beiträge, mache der Platz einen eher ungepflegt­en Eindruck.

Ein Spaziergan­g über den Campingpla­tz offenbart: Hier ist tatsächlic­h einiges in die Jahre gekommen. Auf einzelnen Campingwag­en hat sich eine Schicht von grünem Schimmelpi­lz gelegt, vor anderen stehen volle Tüten mit unbekannte­m Inhalt oder alte Reifen.

Noch sind nicht viele Gäste zu sehen, aber die Saison geht ja auch erst los. Die wenigen Leute, die am frühen Nachmittag über den Platz schleichen, wollen offenbar nicht mit Journalist­en sprechen oder haben „keine Zeit“. Eine Frau kommt aus ihrem Wohnwagen und trägt einen Sack Holzkohle vor sich, den sie ihrem Nachbarn bringt. Dieser erscheint mit zusammenge­bundenen grauen Haaren und blauem Bademantel.

Auch die beiden, die sich auf Französisc­h unterhalte­n, machen keine Anstalten, ihr Gespräch kurz zu unterbrech­en. Im Gegenteil, je länger wir auf dem Gehweg warten, desto argwöhnisc­her werden wir aus dem Augenwinke­l beobachtet.

Ein Mann in schwarzen Cargohosen, der gerade sein Auto mit französisc­hem Kennzeiche­n geparkt hat, scheint es ebenfalls eilig zu haben. Er stellt seinem Hund Wasser hin und stampft zielstrebi­g zu seinem Vorzelt. Zwischen seinen Lippen steckt ein Joint.

Der Geländewag­en mit luxemburgi­schem Kennzeiche­n gehört zu einer älteren Dame, die sich mit einer jüngeren Frau, vielleicht ihre Tochter, unterhält. Auch sie hätten keine Zeit, sagt die Jüngere. Dabei wollen wir nur wissen, ob es auch Menschen gibt, die hier wohnen.

Moreira Armenio Paulo hat keine Scheu, zu reden. Lächelnd steht er mit seinem Spitz im Arm hinter dem Zaun seines „Anwesens“und bittet herein. Der Portugiese lebt seit 2019 auf dem Escher Campingpla­tz, „mit Unterbrech­ungen“, wie er sagt. Er sei Grenzpendl­er, mit offizielle­m Wohnsitz jenseits der französisc­hen Grenze, und arbeitet für eine Zeitarbeit­sfirma im Luxemburge­r Schienenne­tz als Monteur für Oberleitun­gen.

„Es ist unverständ­lich, dass der Campingpla­tz so gut bewertet wurde, da er ziemlich ungepflegt war. Die Stellplätz­e waren kaum begradigt worden oder wurden von ausländisc­hen Arbeitern als zweites Zuhause genutzt“: So formuliert­e es ein ehemaliger Camping-Gast in den Google-Bewertunge­n. „Ja, es gibt leider einige Bewohner, die es nicht so genau mit der Ordnung nehmen“, sagt Moreira.

Dass er und seine Frau Maria da anders ticken, lässt sich schon von außen erkennen: In seinem Garten ist Gras gesät, in einem Hochbeet hat er Erdbeeren gepflanzt und kürzlich eine Art Hütte vor seinem Wohnwagen angebaut, „natürlich in Absprache mit dem Personal, weil hier ein gewisses einheitlic­hes Erscheinun­gsbild beachtet werden muss“, betont er.

Sie haben es sich so gemütlich gemacht, wie es eben geht: ein Tisch mit Stühlen, ein Herd, eine kleine Gasheizung auf dem Boden, „hier in die Ecke soll noch eine Couch hin“, sagt Moreira. Eine Wohnung könne er sich nicht leisten. Er zeigt Fotos von verschmutz­ten Toiletten auf seinem Handy und bestätigt, dass die Lampen seit zwei Jahren nicht funktionie­ren.

Ungerechtf­ertigte Kommentare

Die Probleme mit der Beleuchtun­g bestätigt auch Paul Schulté. „Wir hatten diesbezügl­ich Pannen, das stimmt, aber wir planen einige Investitio­nen“, bekräftigt der stellvertr­etende Präsident des Caravaning Club Esch. Die Finanzieru­ng laufe ausschließ­lich über den Verein. „Wir machen 300.000 Euro Umsatz pro Jahr.“

Die neuen Lüftungsan­lagen seien fertig, die Sanitäranl­agen sollen neu gebaut werden. Den Vorwurf der dreckigen Toiletten könne Schulté nicht nachvollzi­ehen, „die werden dreimal am Tag geputzt“. Dass es hin und wieder Matsch oder Schlamm gebe, sei normal, „weil nicht alles geteert ist“. Und wenn Wege als zu eng betrachtet würden, „ist der Wohnwagen vielleicht zu groß“.

Manchmal würden Leute einfach verschwind­en, ohne den Wohnwagen mitzunehme­n. „Wir schicken dann zwar eine Zahlungsau­fforderung, aber wenn eine Antwort ausbleibt, können wir nicht viel machen, wir können den Wohnwagen nicht einfach abschleppe­n, ohne einen Gerichtsvo­llzieher einzuschal­ten.“

Menschen, die ihren festen Wohnsitz auf dem Campingpla­tz haben, gebe es laut Schulté auf dem Galgenberg nicht. „Das ist nicht erlaubt.“Deshalb werde immer nach Arbeitsver­trag und Wohnsitzbe­scheinigun­g gefragt.

Der Campingspl­atz hat 150 Stellplätz­e, von denen 50 für Monteure beziehungs­weise Gastarbeit­er bereitgest­ellt werden, 30 für Dauercampe­r und 70 Plätze für Touristen. „Wir haben einen Mix aus arbeitende­n Leuten, vom klassische­n Monteur bis zum Akademiker“, sagt Schulté und erwähnt den Lehrer aus dem Norden, der in Esch unterricht­ete und unter der Woche mit seinem Campingwag­en nach Esch gekommen sei. Auf Nachfrage bei der Verwaltung heißt es, dass sich aktuell weder Akademiker noch Studenten auf dem Platz aufhielten.

„150 Stellplätz­e haben wir momentan, für mich sind das 20 zu viel“, sagt Schulté. In den kommenden Jahren soll gemeinsam mit der Gemeindeve­rwaltung eine schrittwei­se Umgestaltu­ng des Campingpla­tzes erfolgen. „Die Ausrichtun­g wird eine andere sein“, sagt Schulté, „aber wie genau die aussehen wird, wissen wir noch nicht.“

Vom Camping zum „Glamping“

„Wir möchten den Campingpla­tz zugänglich­er für Touristen machen“, sagt Christian Bettendorf­f, der sich um die wirtschaft­liche Entwicklun­g des Escher Stadtgebie­tes kümmert. „Wir wollen Monteure nicht komplett ausschließ­en, aber es sollen weniger werden.“Ziel seien „verschiede­ne Wohnmöglic­hkeiten in Richtung Glamping (glamouröse­s Camping, Anm. d. Redaktion)“. Auch die Infrastruk­tur müsse womöglich erneuert werden, „weil das Strom-, Kanal- und Wassernetz in die Jahre gekommen ist“.

„Die Renovierun­g des Campings ist Teil des aktuellen Koalitions­abkommens. Im Rahmen dessen läuft aktuell eine Machbarkei­tsstudie durch eine Drittparte­i, welche die verschiede­nen Aspekte über einen Horizont von drei bis vier Jahren berücksich­tigt“, heißt es auf Nachfrage aus der Gemeindeve­rwaltung.

„Ziel ist es, als Stadt Esch gemeinsam mit dem Camping-Verein, der das Areal aktuell verwaltet, den im Sommer sehr beliebten Campingpla­tz für Touristen attraktive­r zu gestalten. Hier gibt es ebenfalls bereits Gespräche mit dem Tourismusm­inisterium, um finanziell­e Hilfen zu beziehen, die dieses Projekt unterstütz­en. Wie die genaue Zusammenar­beit aussehen werde, stehe aktuell noch nicht final fest“, so ein Pressespre­cher, und weiter: „Online-Bewertunge­n wie beispielsw­eise via Google oder Tripadviso­r können wir leider nicht kommentier­en.“

Bleibt festzuhalt­en, dass es bei aller Kritik natürlich auch positive Erfahrunge­n gibt. Die belgische Touristin aus der Nähe von Antwerpen jedenfalls blinzelt zufrieden in die Sonne. Im vergangene­n Jahr habe sie den Campingpla­tz im Müllerthal kennengele­rnt, nun hat sie ihren Camper samt Hund für ein paar Tage im Süden geparkt. „Die Wanderwege auf dem Minett-Trail sind hervorrage­nd“, sagt sie. Einziger Wermutstro­pfen: „Der Gaalgebus in die Innenstadt fährt erst ab 12 Uhr mittags.“

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 ?? ?? Moreira Armenio Paulo ist ein portugiesi­scher Gastarbeit­er mit Wohnsitz jenseits der französisc­hen Grenze. Seit 2019 lebt er auf dem Escher Campingpla­tz, „mit Unterbrech­ungen“, wie er sagt. Inzwischen hat er einen kleinen Garten angelegt und einen Vorbau an seinen Wohnwagen gebaut.
Moreira Armenio Paulo ist ein portugiesi­scher Gastarbeit­er mit Wohnsitz jenseits der französisc­hen Grenze. Seit 2019 lebt er auf dem Escher Campingpla­tz, „mit Unterbrech­ungen“, wie er sagt. Inzwischen hat er einen kleinen Garten angelegt und einen Vorbau an seinen Wohnwagen gebaut.
 ?? Fotos: Marc Wilwert ?? Ungepflegt und vermüllt? Der Campingpla­tz auf dem Escher Galgenberg soll in den nächsten Jahren umgestalte­t und attraktive­r für Touristen werden.
Fotos: Marc Wilwert Ungepflegt und vermüllt? Der Campingpla­tz auf dem Escher Galgenberg soll in den nächsten Jahren umgestalte­t und attraktive­r für Touristen werden.
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Diese belgische Camperin ist erst seit ein paar Tagen auf dem Galgenberg und genießt die Wanderwege in der Umgebung

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