Wie ungepflegt ist der Campingplatz in Esch wirklich?
Der Camping Gaalgebierg ist in die Jahre gekommen: Der Gemeinde Esch schwebt in den kommenden fünf Jahren ein „Glamping“-Konzept vor
Im Frühjahr beginnt für viele wieder die Campingsaison. Mit dem Wohnmobil oder dem Campingbus geht es hinaus ins Grüne, hinein in die Erholung. Auch auf Luxemburgs Campingplätzen rollen in diesen Tagen die ersten kleinen Wohneinheiten vor die Schranken am Empfang.
Wo es am Ende hingeht, entscheiden manchmal auch Gästebewertungen im Internet. Liest man etwa die Google-Rezensionen über den Camping Gaalgebierg in Esch, stößt man auf einige positive, aber auch auf viele negative Berichte.
Urlauber stören sich beispielsweise an unbefestigten und engen Wegen, „die ein Vorankommen bei Regen unter matschigen Bedingungen erschweren“, an nicht funktionierenden Lampen, die den Besucher nach Sonnenuntergang auf dem Campingplatz im Dunkeln zurücklassen oder „viele nicht weggeräumte Hundehaufen“, „Sanitäranlagen waren grenzwertig, nur morgens nach dem Putzen waren sie okay“. In einem Beitrag von vor zwei Jahren heißt es: „Wenn ich könnte, würde ich null Sterne geben. Die Plätze sind nur sehr schwer zu erreichen (…). Außerdem fallen die vielen sehr chaotischen, dreckigen und ungepflegten Dauerstellplätze auf.“
Ein Nutzer aus der jüngeren Vergangenheit schreibt: „Sanitäranlagen unter aller Sau, Schimmel in den Duschen, vollgekackte Toiletten, alles stinkt nach Urin. Horrorcamping vom Feinsten.“Und ein anderer: „Überall stehen Lieferwagen und alte Autos. Es gibt viele Dauercamper und einige Stellplätze sehen aus wie Müllberge. Man täte gut daran, die Dauercamper von den Durchreisenden zu trennen.“Insgesamt, so das Urteil jüngerer und älterer Beiträge, mache der Platz einen eher ungepflegten Eindruck.
Ein Spaziergang über den Campingplatz offenbart: Hier ist tatsächlich einiges in die Jahre gekommen. Auf einzelnen Campingwagen hat sich eine Schicht von grünem Schimmelpilz gelegt, vor anderen stehen volle Tüten mit unbekanntem Inhalt oder alte Reifen.
Noch sind nicht viele Gäste zu sehen, aber die Saison geht ja auch erst los. Die wenigen Leute, die am frühen Nachmittag über den Platz schleichen, wollen offenbar nicht mit Journalisten sprechen oder haben „keine Zeit“. Eine Frau kommt aus ihrem Wohnwagen und trägt einen Sack Holzkohle vor sich, den sie ihrem Nachbarn bringt. Dieser erscheint mit zusammengebundenen grauen Haaren und blauem Bademantel.
Auch die beiden, die sich auf Französisch unterhalten, machen keine Anstalten, ihr Gespräch kurz zu unterbrechen. Im Gegenteil, je länger wir auf dem Gehweg warten, desto argwöhnischer werden wir aus dem Augenwinkel beobachtet.
Ein Mann in schwarzen Cargohosen, der gerade sein Auto mit französischem Kennzeichen geparkt hat, scheint es ebenfalls eilig zu haben. Er stellt seinem Hund Wasser hin und stampft zielstrebig zu seinem Vorzelt. Zwischen seinen Lippen steckt ein Joint.
Der Geländewagen mit luxemburgischem Kennzeichen gehört zu einer älteren Dame, die sich mit einer jüngeren Frau, vielleicht ihre Tochter, unterhält. Auch sie hätten keine Zeit, sagt die Jüngere. Dabei wollen wir nur wissen, ob es auch Menschen gibt, die hier wohnen.
Moreira Armenio Paulo hat keine Scheu, zu reden. Lächelnd steht er mit seinem Spitz im Arm hinter dem Zaun seines „Anwesens“und bittet herein. Der Portugiese lebt seit 2019 auf dem Escher Campingplatz, „mit Unterbrechungen“, wie er sagt. Er sei Grenzpendler, mit offiziellem Wohnsitz jenseits der französischen Grenze, und arbeitet für eine Zeitarbeitsfirma im Luxemburger Schienennetz als Monteur für Oberleitungen.
„Es ist unverständlich, dass der Campingplatz so gut bewertet wurde, da er ziemlich ungepflegt war. Die Stellplätze waren kaum begradigt worden oder wurden von ausländischen Arbeitern als zweites Zuhause genutzt“: So formulierte es ein ehemaliger Camping-Gast in den Google-Bewertungen. „Ja, es gibt leider einige Bewohner, die es nicht so genau mit der Ordnung nehmen“, sagt Moreira.
Dass er und seine Frau Maria da anders ticken, lässt sich schon von außen erkennen: In seinem Garten ist Gras gesät, in einem Hochbeet hat er Erdbeeren gepflanzt und kürzlich eine Art Hütte vor seinem Wohnwagen angebaut, „natürlich in Absprache mit dem Personal, weil hier ein gewisses einheitliches Erscheinungsbild beachtet werden muss“, betont er.
Sie haben es sich so gemütlich gemacht, wie es eben geht: ein Tisch mit Stühlen, ein Herd, eine kleine Gasheizung auf dem Boden, „hier in die Ecke soll noch eine Couch hin“, sagt Moreira. Eine Wohnung könne er sich nicht leisten. Er zeigt Fotos von verschmutzten Toiletten auf seinem Handy und bestätigt, dass die Lampen seit zwei Jahren nicht funktionieren.
Ungerechtfertigte Kommentare
Die Probleme mit der Beleuchtung bestätigt auch Paul Schulté. „Wir hatten diesbezüglich Pannen, das stimmt, aber wir planen einige Investitionen“, bekräftigt der stellvertretende Präsident des Caravaning Club Esch. Die Finanzierung laufe ausschließlich über den Verein. „Wir machen 300.000 Euro Umsatz pro Jahr.“
Die neuen Lüftungsanlagen seien fertig, die Sanitäranlagen sollen neu gebaut werden. Den Vorwurf der dreckigen Toiletten könne Schulté nicht nachvollziehen, „die werden dreimal am Tag geputzt“. Dass es hin und wieder Matsch oder Schlamm gebe, sei normal, „weil nicht alles geteert ist“. Und wenn Wege als zu eng betrachtet würden, „ist der Wohnwagen vielleicht zu groß“.
Manchmal würden Leute einfach verschwinden, ohne den Wohnwagen mitzunehmen. „Wir schicken dann zwar eine Zahlungsaufforderung, aber wenn eine Antwort ausbleibt, können wir nicht viel machen, wir können den Wohnwagen nicht einfach abschleppen, ohne einen Gerichtsvollzieher einzuschalten.“
Menschen, die ihren festen Wohnsitz auf dem Campingplatz haben, gebe es laut Schulté auf dem Galgenberg nicht. „Das ist nicht erlaubt.“Deshalb werde immer nach Arbeitsvertrag und Wohnsitzbescheinigung gefragt.
Der Campingsplatz hat 150 Stellplätze, von denen 50 für Monteure beziehungsweise Gastarbeiter bereitgestellt werden, 30 für Dauercamper und 70 Plätze für Touristen. „Wir haben einen Mix aus arbeitenden Leuten, vom klassischen Monteur bis zum Akademiker“, sagt Schulté und erwähnt den Lehrer aus dem Norden, der in Esch unterrichtete und unter der Woche mit seinem Campingwagen nach Esch gekommen sei. Auf Nachfrage bei der Verwaltung heißt es, dass sich aktuell weder Akademiker noch Studenten auf dem Platz aufhielten.
„150 Stellplätze haben wir momentan, für mich sind das 20 zu viel“, sagt Schulté. In den kommenden Jahren soll gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung eine schrittweise Umgestaltung des Campingplatzes erfolgen. „Die Ausrichtung wird eine andere sein“, sagt Schulté, „aber wie genau die aussehen wird, wissen wir noch nicht.“
Vom Camping zum „Glamping“
„Wir möchten den Campingplatz zugänglicher für Touristen machen“, sagt Christian Bettendorff, der sich um die wirtschaftliche Entwicklung des Escher Stadtgebietes kümmert. „Wir wollen Monteure nicht komplett ausschließen, aber es sollen weniger werden.“Ziel seien „verschiedene Wohnmöglichkeiten in Richtung Glamping (glamouröses Camping, Anm. d. Redaktion)“. Auch die Infrastruktur müsse womöglich erneuert werden, „weil das Strom-, Kanal- und Wassernetz in die Jahre gekommen ist“.
„Die Renovierung des Campings ist Teil des aktuellen Koalitionsabkommens. Im Rahmen dessen läuft aktuell eine Machbarkeitsstudie durch eine Drittpartei, welche die verschiedenen Aspekte über einen Horizont von drei bis vier Jahren berücksichtigt“, heißt es auf Nachfrage aus der Gemeindeverwaltung.
„Ziel ist es, als Stadt Esch gemeinsam mit dem Camping-Verein, der das Areal aktuell verwaltet, den im Sommer sehr beliebten Campingplatz für Touristen attraktiver zu gestalten. Hier gibt es ebenfalls bereits Gespräche mit dem Tourismusministerium, um finanzielle Hilfen zu beziehen, die dieses Projekt unterstützen. Wie die genaue Zusammenarbeit aussehen werde, stehe aktuell noch nicht final fest“, so ein Pressesprecher, und weiter: „Online-Bewertungen wie beispielsweise via Google oder Tripadvisor können wir leider nicht kommentieren.“
Bleibt festzuhalten, dass es bei aller Kritik natürlich auch positive Erfahrungen gibt. Die belgische Touristin aus der Nähe von Antwerpen jedenfalls blinzelt zufrieden in die Sonne. Im vergangenen Jahr habe sie den Campingplatz im Müllerthal kennengelernt, nun hat sie ihren Camper samt Hund für ein paar Tage im Süden geparkt. „Die Wanderwege auf dem Minett-Trail sind hervorragend“, sagt sie. Einziger Wermutstropfen: „Der Gaalgebus in die Innenstadt fährt erst ab 12 Uhr mittags.“