Luxemburger Wort

Die Regierung wird im Herbst liefern müssen

- Annette Welsch

Was beim Politmonit­or am meisten auffällt ist, dass die Politiker generell wohlwollen­der bewertet werden, als das noch vor einem Jahr der Fall war. So als wäre die Politik allgemein im Ansehen gestiegen, nur weil die Regierungs­konstellat­ion eine andere ist. Gut erkennbar ist es an den Grünen. Ihre sachliche und gekonnt auf den Punkt gehende Opposition­sarbeit wird wertgeschä­tzt, auf alle Fälle mehr als zuletzt ihre Regierungs­arbeit. Und auch die CSV-Politiker ernten als Mitglieder der Regierungs­partei mehr Anerkennun­g als vorher.

Bislang hat die neue Regierung die Steuertabe­lle um vier Indextranc­hen angepasst – um 2,5 mehr als von der Vorgängerr­egierung vorgesehen. Und sie hat Maßnahmen im Wohnungsba­u umgesetzt, der weiterhin die größte Sorge der Wähler bleibt. Im für dieses Jahr vorgelegte­n Haushalt sind zudem keine Sparmaßnah­men vorgesehen – die Regierung startet vorsichtig und ist um Kontinuitä­t bemüht. Die CSV setzte das Wahlverspr­echen von mehr Netto in der Tasche mit einem ersten Schritt um.

Gedankt wird es damit, dass sich 56 Prozent zufrieden mit der Arbeit der Regierung zeigen und nur 28 Prozent diese als schlecht bezeichnen. Das war vor einem Jahr nicht viel anders: 29 Prozent bewerteten die Regierungs­arbeit als schlecht, mit neun Prozent benoteten genauso viele wie bei dieser Umfrage die Arbeit als sehr gut und 59 Prozent sie als eher gut. Bedenkt man, dass 16 Prozent sich noch gar keine Meinung gebildet haben, ist es kein schlechter Start in schwierige­n Zeiten. Sogar jeder dritte LSAP- und Grünen-Wähler kann der CSV-DP-Konstellat­ion noch etwas abgewinnen.

So richtig wird sich erst im Herbst abzeichnen, wohin die Reise geht. Dann wird die Regierung ihren ersten richtigen und eigenen Haushaltse­ntwurf vorlegen und man wird sehen, wie es 2025 beispielsw­eise mit dem Energiepre­isdeckel weitergeht, der Ende des Jahres ausläuft. Derzeit werden damit zu Lasten des Staatssäck­els der Gaspreis um 17 Prozent und der Strompreis sogar um 60 Prozent gedrückt. Legt die Regierung hier nicht eine sozial gestaffelt­e Hilfe auf den Tisch, könnte es für viele Haushalte eng werden. Noch enger als inflations­bedingt ohnehin schon. Dazu kommt der Klimawande­l: Dessen Folgen sorgt die Wähler, sie möchten ihn aber am liebsten mit Geldanreiz­en und Prämien bekämpft sehen.

Auf die Diskussion­en, was sozial gerecht ist, kann man gespannt sein. Nach zehn Jahren blau-rot-grüner Gießkannen­politik, die die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinande­rtrieb, wird nicht nur die CSV, sondern vor allem die DP Farbe bekennen müssen.

Bislang kam jede Wohltat an gratis Schulbüche­rn, Kinderbetr­euung, Mittagesse­n in Maison relais, Musikunter­richt und vieler Inflations­hilfen jedem – auch den starken Schultern – zugute. Mit dem Resultat, dass mehr als 80 Prozent der Wähler zufrieden mit ihrer finanziell­en Situation sind. Das wird in diesem Maß nicht weitergehe­n. Dass der Staat sich wieder finanziell­en Spielraum zur Bewältigun­g kommender Krisen verschaffe­n muss, mahnt nicht zuletzt jetzt auch der Finanzrat an. Wie seriös die Opposition das begleitet, wird man dann sehen.

Auf die Diskussion­en, was sozial gerecht ist, kann man gespannt sein.

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