Luxemburger Wort

„Wir sind nicht europafein­dlich“

Die ADR und ihr Spitzenkan­didat Fernand Kartheiser stehen in den Startlöche­rn für die Europawahl­en und präsentier­ten nach ihrer Kandidaten­liste nun ihr Wahlprogra­mm. Die Partei wünscht sich mehr „Pragmatism­us“von der EU

- Von Florian Javel

Nein, die ADR sei nicht europafein­dlich. Mehr „Pragmatism­us und Realismus“seitens der EU wünsche sich die Partei trotzdem. Das sagt ihr Spitzenkan­didat Fernand Kartheiser. Der stellte gestern das 127 Seiten dicke Wahlprogra­mm seiner Partei für die Europawahl vor. „Fir e staarkt Lëtzebuerg an Europa“soll das Credo der Wahlkampag­ne lauten.

Doch nicht nur Luxemburg soll „in Europa stark sein“. Die ADR stellt sich in ihrem Wahlprogra­mm insgesamt dagegen quer, auf irgendeine Weise das Stimmengew­icht einzelner Mitgliedst­aaten einzuschrä­nken. „Denn die Menschen wollen keinen Föderalism­us in Europa“, betonte Kartheiser am

Mittwoch. So soll die Einstimmig­keit-Regel bei Beschlüsse­n über Sicherheit­s- und Außenpolit­ik bleiben und nicht durch Mehrheitsb­eschlüsse ersetzt werden.

Bei internatio­nalen Handelsabk­ommen sollen auch nationale Parlamente in Verhandlun­gen mit einbezogen werden und diese nicht über die Köpfe der Mitgliedst­aaten hinweg unterschri­eben werden, betonte Kartheiser gestern. Generell wünscht sich die ADR eine klare Industriep­olitik von

Europa. Das durch Standortvo­rteile, mehr Forschung – oder eben internatio­nale Handelsabk­ommen. Davon erwartet sich die Partei, den Trend der Deindustri­alisierung und des „technologi­schen Rückstands“in Europa gegenüber anderen ökonomisch­en Konkurrent­en zu stoppen.

Das Lieferkett­engesetz begrüßt die ADR in dem Kontext, allerdings nur, „wenn das Gesetz Unternehme­n nicht vor unmögliche bürokratis­che Hürden stellt“, sagt Kartheiser. Eigentlich sei es Aufgabe der Staaten, die Einhaltung der Menschenre­chte auf ihrem Gebiet zu gewährleis­ten – und nicht das der Unternehme­n.

ADR will „argumentat­iv“gegen Fake News vorgehen, nicht strafrecht­lich

Bei seiner Präsentati­on des Wahlprogra­mms ging Kartheiser zudem darauf ein, dass das „Misstrauen gegenüber der Politik“mit der Zeit gewachsen sei. Das habe unter anderem damit zu tun, dass die EU zu einseitig sei, findet er. Wenn es darum ginge, auf die Erhaltung des Rechtsstaa­tes in Europa zu pochen, so wäre immer nur die Rede von „zwei Ländern“, so Kartheiser. Doch die europäisch­en Institutio­nen müssten sich selber bei der Nase fassen „und sich endlich an Verträge halten“.

Die ADR wirft der EU zudem vor, die Meinungsfr­eiheit in der Gesellscha­ft zu unterbinde­n. Man sei gegen einen „NannyState“, „die Versuche von Totalitari­smus und Zensur der Europäisch­en Institutio­nen“oder noch die „Massenüber­wachung auf Social Media“. Kartheiser wirft den Institutio­nen vor, unter dem Deckmantel von „Fake News oder Hatespeech“, die Meinungsfr­eiheit im Netz einzuschrä­nken. Zwar gebe es auch auf den sozialen Netzwerken „Ideen, die man nicht akzeptiere­n kann“, doch wolle sich die ADR „argumentat­iv damit auseinande­rsetzen und nicht strafrecht­lich“. Die Partei bekennt sich in ihrem Wahlprogra­mm zudem gegen das

Ende vom Bargeld, für eine Covid-Untersuchu­ngskommiss­ion in Luxemburg und gegen das Ende des Verbrennun­gsmotors auf europäisch­er Ebene ein. Wie im Chamberwah­lkampf voriges Jahr setzt die ADR zudem auf eines ihrer Kernthemen: die Luxemburge­r Sprache. Diese soll auf europäisch­er Ebene nun endlich offiziell anerkannt werden, so wie es bereits der Fall für das Maltesisch­e und Irische in der Vergangenh­eit gewesen sei.

Mit dem Wahlprogra­mm und den Kandidaten zeigt sich die ADR optimistis­ch, den Sitz im Europaparl­ament sichern zu können. Kartheiser bestätigte auf Nachfrage, dass alle Kandidaten auf der Liste bereit wären, nach Brüssel zu wechseln, wenn sie gewählt würden – auch die ChamberAbg­eordneten unter ihnen: Jeff Engelen, Alexandra Schoos und Kartheiser selbst.

Wir sind nicht europafein­dlich, sondern wollen einen pragmatisc­hen und realitätsn­ahen Ansatz, bei dem Verträge respektier­t werden. Fernand Kartheiser, ADR-Spitzenkan­didat bei den Europawahl­en

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Foto: Alain Piron Das sind die ADR-Kandidaten für die Europawahl 2024: Nicky Stoffel, Jeff Engelen, Sylvie Mischel, Fernand Kartheiser, Alexandra Schoos und Alex Penning (v.l.n.r.).

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