Luxemburger Wort

Frank Engel ignoriert die Warnungen des EU-Parlaments

Der Fokus-Kandidat kommentier­t erneut vertraulic­he Untersuchu­ngen zu Monica Semedos Mobbingvor­würfen. Nun schaltet sich EU-Parlaments­präsidenti­n Roberta Metsola ein

- Von Diego Velazquez

Der Fokus-Kandidat bei den Europawahl­en Frank Engel hat am Donnerstag­morgen erneut versucht, die Mobbing-Vorwürfe und die Sanktionen des EU-Parlaments gegen seine Co-Spitzenkan­didatin Monica Semedo kleinzured­en.

Die ehemalige DP-Politikeri­n und jetzige Fokus-Kandidatin war in der laufenden Legislatur­periode (2019 bis 2024) zweimal vom EU-Parlament sanktionie­rt worden, weil das EU-Parlament Klagen ihrer Mitarbeite­r gegen sie analysiert hatte und zum Schluss kam, dass es sich dabei tatsächlic­h um „psychologi­cal harassment“handelte.

Und obschon die Verwaltung des EU-Parlaments den beiden Politikern untersagt hatte, Elemente der Untersuchu­ngen des EUParlamen­ts gegen Semedo öffentlich zu machen, tat Frank Engel bei einem Interview am Donnerstag­morgen auf RTL genau dies.

„Es ist unbedingt darauf hinzuweise­n, dass alle Dokumente oder Informatio­nen im Zusammenha­ng mit den internen Verfahren des Europäisch­en Parlaments streng vertraulic­h sind“, so das EU-Parlament Anfang März, „da es sich dabei um sensible personenbe­zogene Daten handelt.“

„Jede Offenlegun­g stellt eine erhebliche Beeinträch­tigung der Interessen der Einrichtun­g und der betroffene­n Personen dar, die Sanktionen nach sich ziehen kann. Ohne diesen Schutz würde es kein mutmaßlich­es Belästigun­gsopfer wagen, Anzeige zu erstatten.“

Metsola stellt fest: Es hat Sanktionen gegeben

Engel ignorierte die Warnung und kommentier­te am Donnerstag­morgen auf RTL die Untersuchu­ngen gegen Semedo ausgiebig. Dabei behauptete er, er habe sich vor der zweiten Sanktion, die die europäisch­e Volksvertr­etung gegen Semedo im April 2023 aussprach, mit der Parlaments­präsidenti­n Roberta Metsola ausgetausc­ht. Sie habe Engel gegenüber gesagt, an den Vorwürfen „sei nichts dran“gewesen. Semedo habe „fundamenta­l Recht“, soll Metsola

ebenfalls gesagt haben. „Wir äußern uns nicht zu einzelnen Fällen“, lässt Metsola daraufhin via ihres Sprechers in Richtung Frank Engel ausrichten. „Die Akte wurde von den zuständige­n parlamenta­rischen Gremien geprüft und es wurde eine Sanktion verhängt.“Wie diese Aussage des Sprechers der Präsidenti­n zu interpreti­eren ist, verraten Parlaments­quellen: „Wäre hinter den Vorwürfen tatsächlic­h nichts gewesen, hätte es keine Sanktion gegeben. Die Tatsache, dass es eine Sanktion gab, zeigt die Schwere des Falles.“

Engel wirft dem EU-Parlament Rassismus vor

Im RTL-Interview hat Engel auch weitere Vorwürfe gegen die Parlaments-interne Prozedur in Mobbing-Fällen erhoben. Die „komische Kommission“, die im EU-Parlament Mobbingvor­würfe untersucht, habe sich bislang fast nur mit „jungen Frauen, die zu einem guten Teil nicht weiß sind“beschäftig­t. Engel unterstell­te demnach dem EU-Parlament, im Falle Semedo rassistisc­h und sexistisch gehandelt zu haben. Die Prozedur sei die gleiche für jeden, entgegnet das EU-Parlament – egal ob Parlamenta­rier oder Assistent. Statistisc­h lassen sich Engels Aussagen auch kaum belegen. Sanktionen für Mobbing sind in Brüssel und Straßburg extrem selten – was vielerorts bedauert wird. Obendrein sind die Klagen nicht öffentlich, was handfeste Statistike­n über den Hintergrun­d der Angeklagte­n unmöglich machen. Umfragen und journalist­ische Recherchen deuten darauf hin, dass Mobbing in der europäisch­en Volksvertr­etung allerdings weitverbre­itet ist.

In dieser Legislatur­periode wurde der 53jährige spanische Parlamenta­rier José Ramón Bauzá ebenfalls wegen Mobbing von Assistente­n sanktionie­rt. Eine weitere Sanktion diesbezügl­ich traf auch seine 48

Wäre hinter den Vorwürfen tatsächlic­h nichts gewesen, hätte es keine Sanktion gegeben. EU-Parlaments­quellen

jährige Landsfrau Mónica Silvana González. Wegen Fehlverhal­ten hat es zudem weitere Strafen gegeben – diese trafen aber vor allem Männer. Die schwarze, rechtskons­ervative Belgierin Assita Kanko wurde vom EU-Parlament nach Untersuchu­ngen zu Mobbingvor­würfen dagegen freigespro­chen: Sie wurde nicht sanktionie­rt. Dies spricht gegen Engels Rassismus-Vorwürfe. Und es spricht auch dagegen, dass jede Klage notgedrung­en zu Sanktionen führt. Auch das hatte Frank Engel auf RTL implizit behauptet.

Monica Semedo hat mittlerwei­le das EUParlamen­t beim EuGH wegen ihrer zweiten Sanktion verklagt. Sie bestreitet, dass es sich dabei um Mobbing handele, und findet auch, dass die Parlaments-interne Prozedur nicht rechtens gewesen sein soll. Das Urteil sollte nach den Europawahl­en fallen.

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Frank Engel behauptet, EU-Parlaments­chefin Roberta Metsola sei mit ihm in der Causa Semedo einverstan­den. Metsola lässt dagegen durchblick­en, dem sei nicht so.

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