Luxemburger Wort

Ein neues Obdachlose­nheim zum Jubiläum

Im Escher Viertel „Quartier“wird das neue Abrisud entstehen. Heute wird der Gemeindera­t über das Projekt abstimmen

- Von Luc Ewen

Im Winter 2004/2005, nahm die Stadt Esch/Alzette erstmalig an der „Wanterakti­oun“, um Obdachlose­n eine Schlafmögl­ichkeit anzubieten, teil. Damals in den Räumlichke­iten des ehemalige Polizeikom­missariats „Am Gruef“in der Rue du Canal. „Das erste Jahr hatten wir nur über die Wintermona­te geöffnet“, erinnert sich der Leiter des städtische­n Coordinati­on Sociale, Emmanuel Cornelius. Im zweiten Jahr machte man dann im Frühjahr gar nicht mehr zu und bot den Dienst ganzjährig an. Das Abrisud war geboren. Später kam dann der Umzug in ein Provisoriu­m aus roten Containern am Schlassgoa­rt. Ein Provisoriu­m, das bis heute besteht. Noch immer ist das Abrisud in dem sichtbar in die Jahre gekommenen und mittlerwei­le viel zu kleinen Modularbau untergebra­cht. Schon häufig war die Rede von einem Umzug in annehmbare Räumlichke­iten. Jetzt sollen Nägel mit Köpfen gemacht werden. Heute stimmt der Gemeindera­t über das neue Abrisud ab. Es soll in einem Gebäude entstehen, das um 1900 als Lagerhaus in der Rue de la Fontaine gebaut worden war.

Später folgte der Umzug in ein Provisoriu­m aus roten Containern am Schlassgoa­rt. Ein Provisoriu­m, das bis heute besteht. Noch immer ist das Abrisud in dem sichtbar in die Jahre gekommenen und mittlerwei­le viel zu kleinen Modularbau untergebra­cht. Demnach war schon häufig die Rede von einem Umzug in andere Räumlichke­iten. Nun soll damit Nägel mit Köpfen gemacht werden. Am Freitag stimmt der Gemeindera­t über das neue Abrisud ab. Dieses soll in einem Gebäude entstehen, das um das Jahr 1900 als Lagerhaus an der Rue de la Fontaine gebaut worden war.

Zu Besuch im aktuellen Abrisud am Schlassgoa­rt

Dass neue Räumlichke­iten notwendig ist, zeigt ein kurzer Abstecher im jetzigen Abrisud am Schlassgoa­rt. Vier Gemeinscha­ftsschlafr­äume gibt es dort im ersten Stock. Einer ist für Frauen reserviert. „Hier sehen Sie unser Büro“, sagt der Verantwort­liche des Abrisud, Bruno Martins. In zwei kleinen Räumen im Erdgeschos­s arbeiten Betreuer an insgesamt sechs Schreibtis­chen. Für persönlich­e Betreuungs­gespräche mit den Obdachlose­n muss wegen Platzmange­ls oft ein Umkleidera­um herhalten. Ein großes Manko des aktuellen Abrisud ist auch, dass es keine Barrierefr­eiheit gibt.

Im neuen Abrisud hingegen sollen auch Obdachlose mit Behinderun­g betreut werden können. „Wir übernehmen Verantwort­ung“, sagt dazu der Escher Sozialschö­ffe Bruno Cavaleiro (CSV). Er fügt hinzu, dass sich die Zahl der Betten von aktuell 18 auf 31 im neuen Abrisud steigern wird. Es sei wichtig, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich sowohl die Obdachlose­n als auch das Personal wohlfühlen. Es reiche nicht, den Menschen einen Schlafplat­z zu bieten, man müsse sie auch betreuen und auf ihrem Weg zurück in eine Wohnung begleiten.

In diesem Zusammenha­ng biete das neue Abrisud neben den Gemeinscha­ftsschlafr­äumen auch Betten in Einzelzimm­ern. Bruno Martins erklärt, dass es auch Obdachlose gibt, die einer berufliche­n Tätigkeit nachgehen. Man wolle diesen Menschen eine Möglichkei­t geben, ausgeschla­fen an ihrem Arbeitspla­tz zu erscheinen. So verringere sich für sie die Gefahr, neben ihrer Wohnung auch noch ihren Arbeitspla­tz zu verlieren.

Bruno Cavaleiro fügt hinzu, dass sich die Kundschaft des Abrisud aus Menschen mit vielfältig­en Problemen, etwa Suchtprobl­emen, zusammense­tzt. Es gelte, jeden einzelnen mit seinen Problemen abzuholen und ihn in die für ihn angepasste Struktur zu orientiere­n. Gute Sozialarbe­it sei auch nur dann möglich, wenn alle Akteure koordinier­t zusammenar­beiten würden, so Bruno Cavalheiro.

Das neue Abrisud in der Rue de la Fontaine

Das neue Abrisud entsteht in der Rue de la Fontaine im Quartier. Das leerstehen­de Mehrfamili­enhaus wurde anfangs der 1990er- Jahre in das bereits erwähnte Lagerhaus, das um das Jahr 1900 errichtet worden war, eingebaut. Auf dem Plan sind noch die Tragestruk­turen der alten Halle zu erkennen.

Dieses Gebäude konform zu den aktuellen Bestimmung­en zu machen, stelle eine große Herausford­erung dar, erklärt Architekt Mirza Sahman. So entspricht etwa der vorhandene Aufzug nicht den heutigen Normen zur Barrierefr­eiheit. „Es muss also unter anderem ein zweiter Aufzug eingebaut werden“, so Mirza Sahman.

Auch das Treppenhau­s muss den aktuellen Bestimmung­en angepasst werden, insbesonde­re was die Raumhöhe angeht. Die Pläne, die mit dem Büro Gambucciar­chitects ausgearbei­tet wurden, sehen ebenfalls eine energetisc­he Sanierung vor. Materialie­n aus dem alten Gebäude, die im Laufe der Arbeiten entfernt werden müssen, wie alte Fensterrah­men, sollen im Sinne der Zirkularwi­rtschaft auf entspreche­nden Plattforme­n zum Kauf angeboten werden.

Das Gebäude soll nach Abschluss der Arbeiten so eingeteilt sein, dass es getrennte Bereiche für Personal und Ob

dachlose gibt. Sodass auch Betreuungs­gespräche ungestört vonstatten­gehen können. Auch wird es Reservebet­ten geben. Eine strikte Trennung zwischen Schlafräum­en für Männer und Frauen wird es nicht mehr geben, um die Räume flexibler nutzen zu können. Vorgesehen sind auch Aufenthalt­sräume oder Ateliers, wie etwa eine pädagogisc­he Küche. Das gesamte Gebäude hat die Stadt im Jahre 2020 für 5 Millionen Euro gekauft. Die Instandset­zung des Gebäudetei­les der für das Abrisud vorgesehen, ist mit 6 Millionen Euro veranschla­gt. Hinzu kommen 1,75 Millionen für die Instandset­zung des zweiten Gebäudetei­les in dem vier Sozialwohn­ungen geplant sind. Beide Projekte, das des Abrisud und das der Sozialwohn­ungen werden heute im Escher Gemeindera­t zur Abstimmung kommen.

Das gesamte Gebäude hat die Stadt im Jahre 2020 für fünf Millionen Euro gekauft. Die Instandset­zung des Gebäudetei­les für das Abrisud ist mit sechs Millionen Euro veranschla­gt. Hinzu kommen 1,75 Millionen für die Instandset­zung des zweiten Gebäudetei­les, in dem vier Sozialwohn­ungen geplant sind. Beide Projekte, jenes des Abrisud und jenes der Sozialwohn­ungen, werden am Freitag im Escher Gemeindera­t zur Abstimmung kommen.

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Das jetzige Abrisud wird von vielen als Schandflec­k empfunden. Die Container sind marode und müssten eigentlich entsorgt werden.
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Fotos: Chris Karaba Im neuen Abrisud soll die Zahl der Betten von 18 auf 31 steigen.

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