François Bausch: „Frau Polfer hat noch immer nichts verstanden“
Die Entscheidung, die zweite Tramtrasse auf Eis zu legen, sorgt für Diskussionen. Hauptstreitpunkt ist weiterhin die Neipuertsgaass
Keine Priorität für eine zweite Tramlinie durch die Oberstadt bis 2035 – so lautete die Botschaft während einer Pressekonferenz der Stadt Luxemburg am Mittwochvormittag. Die Reaktion auf diese Entscheidung ließ nicht lange auf sich warten. Der ehemalige Mobilitätsminister François Bausch (Déi Gréng) schreibt auf Instagram, dass „er nicht die Wahrheit sagt“. Bausch bezieht sich mit „er“auf den Schöffen der Hauptstadt, Patrick Goldschmidt (DP), und dessen Aussage, dass eine Tramführung durch die Avenue de la Porte-Neuve technisch nicht möglich sei.
François Bausch, von 2005 bis 2013 Erster Schöffe der Hauptstadt, ist am Donnerstagvormittag, als das „Luxemburger Wort“ihn kontaktiert, sofort auf Betriebstemperatur: „Für das Projekt ist diese Entscheidung eine Katastrophe und ein Rückschritt in die 1990er-Jahre. Das erinnert mich an die Zeit, als Lydie Polfer Busse aneinandergereiht hat, um zu zeigen, dass die Tram nicht sinnvoll ist. Frau Polfer hat immer noch nichts begriffen“, sagt François Bausch.
Er wundert sich auch über den Seitenhieb von Patrick Goldschmidt, die Grünen hätten gesagt, man müsse die Avenue de la Porte-Neuve komplett für den motorisierten Individualverkehr sperren: „Das wurde nie behauptet. Die Trasse durch die Neipuertsgaass ist technisch machbar, dafür gibt es Studien und Analysen im Ministerium und bei Luxtram“.
Die Neipuertsgaass als Einbahnstraße
Bausch erläutert eine Möglichkeit: „Die Neipuertsgaass könnte zur Einbahnstraße werden, in Richtung Kirchberg könnten dann noch Autos fahren. Damit wäre auch etwas für das Viertel Limpertsberg und die Verkehrsberuhigung getan, weil viele Schleichwege wegfallen.“
Es gibt auch Planungen für die Avenue de la Porte-Neuve mit je einer Fahrspur für den Autoverkehr in beiden Fahrtrichtungen sowie zwei Straßenbahn- und zwei Busspuren. Letztere verschmelzen nach der Einmündung in die Avenue de la Porte-Neuve mit den Autospuren. Dies geht aus einer Machbarkeitsstudie hervor, die Luxtram 2021 in Auftrag gegeben hat. Auf der Seite der Fondation Pescatore müsste ein Grünstreifen weichen. Auch auf der Seite der Kinnekswiss müsste die Straßenführung angepasst werden.
Derzeit führen zwei Spuren für den motorisierten Individualverkehr aus dem Stadtzentrum heraus. In Richtung Boulevard Royal gibt es entlang des Stadtparks eine Busspur und eine Spur für den motorisierten Individualverkehr.
François Bausch vertritt vehement die Meinung, dass die zweite Linie durch das Zentrum notwendig ist: „Ohne diese Linie funktioniert das ganze Netz nicht mehr. Der Vorteil der Tram ist im Moment, dass die Fahrgäste nur einmal umsteigen müssen. Die Leute steigen nicht zweimal um. Und den Ärger dieser Fahrgäste, zum Beispiel aus dem Westen, bekommt dann Yuriko Backes zu spüren“.
Am Ende des Gesprächs fasst der 67-Jährige noch einmal zusammen: „Es wird weitergewurschtelt wie in den 1980er- und 1990er-Jahren, als die Stadt verkehrstechnisch vor dem Kollaps stand. Das ist dramatisch, nicht nur für die Hauptstadt. Ich hatte gehofft, dass ein Verständnis für die Situation entstanden ist.“
Aus dem Mobilitätsministerium gibt es eine zurückhaltene Antwort. „Für eine erste Ausbaustufe der Tram und der neuen Nord-Süd-Achse wird die Avenue de la Porte-Neuve nicht benötigt. Dies hat uns Luxtram-Direktor kürzlich erklärt. Wir werden uns nun ein wenig Zeit nehmen, um in diesem Bereich mit Bedacht vorzugehen. Mehr Details zu den Ausbaustrecken der Tram gibt es nach Ostern in einer gemeinsamen Pressekonferenz.“
Laut Ministerin Yuriko Backes (DP) würd es auch zu keiner Taktverschlechterung kommen, wenn die Tram nicht durch die Neipuertsgaass fahre.
In Bezug auf den Ausbau Richtung CHL durch die Route d‘Arlon betont Yuriko Backes: „Es gibt ein gemeinsames Bestreben mit der Stadt Luxemburg, diesen Ausbau so schnell wie möglich voranzutreiben. Wir sind uns einig, dass die Tram spätestens 2035 hier fahren soll.“Zur Erinnerung: François Bausch hatte im Juli 2022 gesagt, die Arbeiten sollten zwei Jahre später, und demnach Ende dieses Jahres, beginnen. Nach diesen Plänen wäre die Strecke etwa 2028 fertig.
Backes fügt in ihrer Antwort auf die LWAnfrage hinzu, dass sie „am liebsten dieses Jahr noch ein Finanzierungsgesetz präsentieren möchte“.
Luxtram hatte die LW-Anfrage für eine Reaktion bis Redaktionsschluss nicht beantwortet. Die Grünen haben unterdessen für heute Nachmittag zu einer Pressekonferenz geladen. Das Thema lautet „Réseau de tramway: mise en question des investissements?“.