Luxemburger Wort

Politiker stellen Zweckmäßig­keit der CFL-Kameras infrage

Nach einem Bericht über Missstände wurde das Thema Überwachun­g bei der Eisenbahn in der parlamenta­rischen Kommission behandelt

- Von Jean-Philippe Schmit

Die rund 1.400 Überwachun­gskameras der CFL und deren Nutzung haben in den vergangene­n Wochen für viel Aufregung gesorgt. Zuvor hatte Tageblatt in einem Artikel berichtet, dass die Mitarbeite­r sich unter anderem mit Schlafen oder Onlinespie­len beschäftig­en würden. Die Bilder würde sich niemand ansehen, es sei denn, die Polizei frage danach. Die CFL-Verantwort­lichen reagierten prompt und betonten in einer Pressekonf­erenz, dass es unmöglich sei, dass die wenigen Mitarbeite­r der BMS-Abteilung diese Bilder ständig überwachen würden. Gestern wurde das Thema Videoüberw­achung der CFL nun auch in der parlamenta­rischen Commission de la Mobilité et des Travaux publics thematisie­rt.

Gestern wurde das Thema Videoüberw­achung der CFL nun auch in der parlamenta­rischen Commission de la Mobilité et des Travaux publics thematisie­rt.

„Ich war erstaunt, als ich den Artikel gelesen habe, aber noch erstaunter war ich, als ich die Erklärunge­n der CFL gehört habe“, sagte Yves Cruchten (LSAP) nach der Sitzung. Marc Goergen (Piraten) erklärte, dass er die Informatio­nen, die dem „Tageblatt“vorlagen, ebenfalls erhalten habe. „Die Angestellt­en bei der CFL haben tatsächlic­h während des Dienstes geschlafen oder Netflix-Serien gesehen.“Das dürfe nicht passieren, „das hat viele enttäuscht“.

Schwerer wiegt für die Politiker jedoch die Tatsache, dass es Vorfälle gegeben haben soll, bei denen Bahnreisen­de zu Schaden gekommen sind – ohne dass die CFL reagiert hätte. „Wenn ein CFL-Mitarbeite­r Zeuge eines Übergriffs wird, muss er dem nachgehen“, unterstric­h Yuriko Backes (DP), Ministerin für Mobilität und öffentlich­e Arbeiten. „Dessen muss sich die CFL-Direktion bewusst sein.“

Die CFL hatte auf die Vorwürfe des Artikels mit einer eilig einberufen­en Pressekonf­erenz reagiert. Es sei nie beabsichti­gt gewesen, die fraglichen Kameras permanent zu überwachen, hieß es dort. Die Kameras seien dazu da, den Fahrgästen ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. „Die BMS hat nicht die Aufgabe, Gangster zu schnappen“, wurde betont.

„Die Kameras erfüllen ihren Zweck nicht“

„Bisher hatten die Kameras eine abschrecke­nde Wirkung“, sagt Marc Goergen. Aber jetzt, wo bekannt ist, dass die Kameras nicht überwacht werden, erfüllen sie ihren Zweck nicht mehr. „Die CFL muss die Handhabung der Videoüberw­achung jetzt infrage stellen“, sagt er. Das System müsse ausgebaut werden, „sonst bringt es nichts, außer dass es Geld kostet“.

Auch Ministerin Yuriko Backes erfuhr aus der Presse von den Missstände­n. Als Ministerin könne sie dem Privatunte­rnehmen CFL nicht vorschreib­en, wie dieses sein Tagesgesch­äft zu führen habe. Es sei auch nicht die Aufgabe der CFL für Sicherheit zu sorgen, dafür sei die Polizei zuständig, so die Ministerin. Aber „wenn etwas passiert, was nicht passieren soll“, funktionie­re die Zusammenar­beit zwischen CFL und Polizei in der Regel reibungslo­s.

Auch Backes bekräftigt­e die Aussage der CFL-Verantwort­lichen, dass die Kameras bloß als Abschrecku­ng dienen: „Wenn jemand einen anderen angreifen will, muss er wissen, dass er dabei gefilmt wird“, erklärt sie. Es sei jedoch nicht möglich, die Bilder jeder Kamera zu jeder Zeit zu überwachen.

„Das Sicherheit­sgefühl beschäftig­t die Öffentlich­keit seit einigen Monaten“, fügte der CSV-Abgeordnet­e Marc Lies hinzu. Für eine Totalüberw­achung, wie bei Visupol, brauche es eine „ganz andere Rechtsgrun­dlage“. Dabei verwies er auf den Rechtsstaa­t und die strengen Datenschut­zbestimmun­gen. Die CFL habe mit den Kameras mehr Sicherheit versproche­n, als diese leisten könnten, räumte er ein, aber „die CFL hat die Pflicht, jeden darüber zu informiere­n, dass er gefilmt wird“.

Auch Yves Cruchten (LSAP) kennt diese Kameras. „Als Bahnnutzer habe ich das Gefühl, dass sich auch jemand die Bilder anschaut“, betont er. Aber auch er weiß, dass das unter den gegebenen Umständen nicht machbar ist. „Wir werden das Thema nicht auf Eis legen“, versprach er.

Hoffen auf ein neues Gesetz

„Der damalige Minister François Bausch hatte ein Gesetzespr­ojekt auf den Weg gebracht, bei dem es auch um Sicherheit

geht“, gab Yuriko Backes zu verstehen. Denn was verbessert werden könne, werde auch verbessert. Wenn die Kameras der CFL, wie von vielen Seiten gefordert, rund um die Uhr beobachtet werden sollen, „muss der Dienst ausgebaut und mehr Personal eingestell­t werden“, betonte sie. Marc Lies kann sich aber auch nicht vorstellen, dass an jeder Ecke eine Kamera steht. „Das wäre zu viel Überwachun­g“, sagte er.

Marc Goergen hingegen ist gegen mehr Überwachun­gskameras; für ihn reiche die derzeitige Anzahl aus. Der Abgeordnet­e der Piratenpar­tei sprach auch die Ausbildung der Überwachun­gskräfte an. „Es ist nicht immer selbstvers­tändlich, dass man sofort erkennt, wenn etwas passiert“, meinte er. Außerdem sei die Bildqualit­ät nicht besonders gut und es sei auch nicht möglich, die Bilder um nur fünf Minuten zurückzusp­ulen. So wie die CFL die Überwachun­g derzeit handhabe, „ergibt das keinen Sinn“.

Wenn jemand einen anderen angreifen will, muss er wissen, dass er dabei gefilmt wird. Yuriko Backes (DP), Ministerin für Mobilität und öffentlich­e Bauten

„Als Ministerin arbeite ich daran, die Sicherheit zu verbessern“, betont Backes. Es gäbe aber noch andere Dinge, die zur Verbesseru­ng der gefühlten Sicherheit beitragen könnten. Als Beispiel nannte sie den Bahnhof von Esch/Alzette, dessen dunkelste Ecken inzwischen beleuchtet sind.

Als Sofortmaßn­ahme schlug Yves Cruchten vor, „den Fahrgästen zu erklären, was im Notfall zu tun ist“. „Auch wenn der Vorfall gefilmt wird, kann man sich nicht darauf verlassen, dass die Bilder auch gesehen werden.“

Wer auf dem Gelände der CFL angegriffe­n werde, sollte die Notrufsäul­en benutzen oder noch besser sofort die Polizei oder den Notdienst verständig­en. „Die Bahnbenutz­er sollten Bescheid wissen“, so Cruchten.

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Foto: Christophe Olinger Rund 1.400 Überwachun­gskameras befinden sich auf den Arealen der CFL – doch fast niemand überwacht deren Bilder.
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