Politiker stellen Zweckmäßigkeit der CFL-Kameras infrage
Nach einem Bericht über Missstände wurde das Thema Überwachung bei der Eisenbahn in der parlamentarischen Kommission behandelt
Die rund 1.400 Überwachungskameras der CFL und deren Nutzung haben in den vergangenen Wochen für viel Aufregung gesorgt. Zuvor hatte Tageblatt in einem Artikel berichtet, dass die Mitarbeiter sich unter anderem mit Schlafen oder Onlinespielen beschäftigen würden. Die Bilder würde sich niemand ansehen, es sei denn, die Polizei frage danach. Die CFL-Verantwortlichen reagierten prompt und betonten in einer Pressekonferenz, dass es unmöglich sei, dass die wenigen Mitarbeiter der BMS-Abteilung diese Bilder ständig überwachen würden. Gestern wurde das Thema Videoüberwachung der CFL nun auch in der parlamentarischen Commission de la Mobilité et des Travaux publics thematisiert.
Gestern wurde das Thema Videoüberwachung der CFL nun auch in der parlamentarischen Commission de la Mobilité et des Travaux publics thematisiert.
„Ich war erstaunt, als ich den Artikel gelesen habe, aber noch erstaunter war ich, als ich die Erklärungen der CFL gehört habe“, sagte Yves Cruchten (LSAP) nach der Sitzung. Marc Goergen (Piraten) erklärte, dass er die Informationen, die dem „Tageblatt“vorlagen, ebenfalls erhalten habe. „Die Angestellten bei der CFL haben tatsächlich während des Dienstes geschlafen oder Netflix-Serien gesehen.“Das dürfe nicht passieren, „das hat viele enttäuscht“.
Schwerer wiegt für die Politiker jedoch die Tatsache, dass es Vorfälle gegeben haben soll, bei denen Bahnreisende zu Schaden gekommen sind – ohne dass die CFL reagiert hätte. „Wenn ein CFL-Mitarbeiter Zeuge eines Übergriffs wird, muss er dem nachgehen“, unterstrich Yuriko Backes (DP), Ministerin für Mobilität und öffentliche Arbeiten. „Dessen muss sich die CFL-Direktion bewusst sein.“
Die CFL hatte auf die Vorwürfe des Artikels mit einer eilig einberufenen Pressekonferenz reagiert. Es sei nie beabsichtigt gewesen, die fraglichen Kameras permanent zu überwachen, hieß es dort. Die Kameras seien dazu da, den Fahrgästen ein Gefühl der Sicherheit zu vermitteln. „Die BMS hat nicht die Aufgabe, Gangster zu schnappen“, wurde betont.
„Die Kameras erfüllen ihren Zweck nicht“
„Bisher hatten die Kameras eine abschreckende Wirkung“, sagt Marc Goergen. Aber jetzt, wo bekannt ist, dass die Kameras nicht überwacht werden, erfüllen sie ihren Zweck nicht mehr. „Die CFL muss die Handhabung der Videoüberwachung jetzt infrage stellen“, sagt er. Das System müsse ausgebaut werden, „sonst bringt es nichts, außer dass es Geld kostet“.
Auch Ministerin Yuriko Backes erfuhr aus der Presse von den Missständen. Als Ministerin könne sie dem Privatunternehmen CFL nicht vorschreiben, wie dieses sein Tagesgeschäft zu führen habe. Es sei auch nicht die Aufgabe der CFL für Sicherheit zu sorgen, dafür sei die Polizei zuständig, so die Ministerin. Aber „wenn etwas passiert, was nicht passieren soll“, funktioniere die Zusammenarbeit zwischen CFL und Polizei in der Regel reibungslos.
Auch Backes bekräftigte die Aussage der CFL-Verantwortlichen, dass die Kameras bloß als Abschreckung dienen: „Wenn jemand einen anderen angreifen will, muss er wissen, dass er dabei gefilmt wird“, erklärt sie. Es sei jedoch nicht möglich, die Bilder jeder Kamera zu jeder Zeit zu überwachen.
„Das Sicherheitsgefühl beschäftigt die Öffentlichkeit seit einigen Monaten“, fügte der CSV-Abgeordnete Marc Lies hinzu. Für eine Totalüberwachung, wie bei Visupol, brauche es eine „ganz andere Rechtsgrundlage“. Dabei verwies er auf den Rechtsstaat und die strengen Datenschutzbestimmungen. Die CFL habe mit den Kameras mehr Sicherheit versprochen, als diese leisten könnten, räumte er ein, aber „die CFL hat die Pflicht, jeden darüber zu informieren, dass er gefilmt wird“.
Auch Yves Cruchten (LSAP) kennt diese Kameras. „Als Bahnnutzer habe ich das Gefühl, dass sich auch jemand die Bilder anschaut“, betont er. Aber auch er weiß, dass das unter den gegebenen Umständen nicht machbar ist. „Wir werden das Thema nicht auf Eis legen“, versprach er.
Hoffen auf ein neues Gesetz
„Der damalige Minister François Bausch hatte ein Gesetzesprojekt auf den Weg gebracht, bei dem es auch um Sicherheit
geht“, gab Yuriko Backes zu verstehen. Denn was verbessert werden könne, werde auch verbessert. Wenn die Kameras der CFL, wie von vielen Seiten gefordert, rund um die Uhr beobachtet werden sollen, „muss der Dienst ausgebaut und mehr Personal eingestellt werden“, betonte sie. Marc Lies kann sich aber auch nicht vorstellen, dass an jeder Ecke eine Kamera steht. „Das wäre zu viel Überwachung“, sagte er.
Marc Goergen hingegen ist gegen mehr Überwachungskameras; für ihn reiche die derzeitige Anzahl aus. Der Abgeordnete der Piratenpartei sprach auch die Ausbildung der Überwachungskräfte an. „Es ist nicht immer selbstverständlich, dass man sofort erkennt, wenn etwas passiert“, meinte er. Außerdem sei die Bildqualität nicht besonders gut und es sei auch nicht möglich, die Bilder um nur fünf Minuten zurückzuspulen. So wie die CFL die Überwachung derzeit handhabe, „ergibt das keinen Sinn“.
Wenn jemand einen anderen angreifen will, muss er wissen, dass er dabei gefilmt wird. Yuriko Backes (DP), Ministerin für Mobilität und öffentliche Bauten
„Als Ministerin arbeite ich daran, die Sicherheit zu verbessern“, betont Backes. Es gäbe aber noch andere Dinge, die zur Verbesserung der gefühlten Sicherheit beitragen könnten. Als Beispiel nannte sie den Bahnhof von Esch/Alzette, dessen dunkelste Ecken inzwischen beleuchtet sind.
Als Sofortmaßnahme schlug Yves Cruchten vor, „den Fahrgästen zu erklären, was im Notfall zu tun ist“. „Auch wenn der Vorfall gefilmt wird, kann man sich nicht darauf verlassen, dass die Bilder auch gesehen werden.“
Wer auf dem Gelände der CFL angegriffen werde, sollte die Notrufsäulen benutzen oder noch besser sofort die Polizei oder den Notdienst verständigen. „Die Bahnbenutzer sollten Bescheid wissen“, so Cruchten.