Luxemburger Wort

„Ich finde es toll, wenn sich Comedy etwas traut“

Die deutsche Sängerin und Moderatori­n Ina Müller spricht über ihre Teilnahme an „LOL: Last One Laughing“, ihre Begeisteru­ng für Felix Lobrecht und die Zukunft von „Inas Nacht“

- Interview: André Wesche

Ina Müller, bewirbt man sich um einen Platz im „LOL“-Ensemble oder wird man angefragt?

Vielleicht bewerben sich andere, aber ich hätte das nie gemacht. Im Gegenteil, es war lustigerwe­ise so, dass Bully bei „Inas Nacht“zu Gast war und wir kurz überlegten, wie es wohl wäre, wenn ich bei „LOL“zu Gast wäre. Wir haben uns beide angeschaut und uns beömmelt, weil wir dachten, das wäre doch eine richtig schön blöde Idee, weil ich sicher viel zu schnell anfange zu lachen. Dann kam trotzdem die Anfrage und ich dachte: Okay, lasst mich eure Fehlbesetz­ung sein. Elyas M‘Barek ist auch dabei, auch kein klassische­r „LOL“Teilnehmer, würde ich sagen. Aber vielleicht wundert man sich am Schluss.

Welche Für und Wider haben Sie vor Ihrer Zustimmung abgewogen?

Ich habe gar nicht lange überlegt. Ich dachte: Was wäre das Peinlichst­e? Das Peinlichst­e wäre, wenn du direkt am Anfang rausfliegs­t. Aber ist das wirklich peinlich? Peinlich ist doch eigentlich nur, wenn man aus einer Quizshow sofort rausfliegt, weil man eine Antwort nicht weiß, die alle schreiend vorm Fernseher gewusst hätten. Dann heißt es: Ist die denn dumm? Quizshows mache ich ungern. Hier war aber klar, dass es egal ist, ob ich gewinne oder als Erste gehe. Ich kann trotzdem morgen ohne Angst zum Bäcker gehen.

Haben Sie sich auf den Dreh vorbereite­t oder einfach alles auf sich zukommen lassen?

Ich habe mit der Besten geübt: Anke Engelke. Sie ist wirklich die Härteste, weil sie gar keine Grimasse schneiden muss, um ernst zu bleiben. Die anderen drücken sich den Zeigefinge­r in die Wange oder machen einen spitzen Mund. Anke macht das gar nicht. Ich glaube, sie gibt sich selbst die Regieanwei­sung: Anke, deine Rolle ist es jetzt, sechs Stunden lang nicht zu lachen. Das habe ich mir abgeschaut und nachgemach­t. Es war echt schwer, es waren die härtesten sechs Stunden meines Lebens. (lacht)

Haben Sie ein privates und ein profession­elles Lachen?

Nein, ich glaube nicht. Wenn ich manchmal in meine eigene Sendung reinschaue, denke ich eher: Lachst du denn so? Ich merke, dass ich schnell amüsierbar bin. Ich wäre gerne nicht so schnell amüsierbar. Ich hätte gerne manchmal mehr Pokerface und wäre gerne cooler. Dieses schnelle Lachen und immer zu laut, das hat man halt nicht im Griff. Ich glaube, immer wenn etwas direkt ins Humorzentr­um trifft, kann ich das nicht steuern.

Sie sind keine hauptamtli­che Komikerin. Hat das Ihre Aufgabe leichter oder schwerer gemacht?

Ich glaube schwerer. Komik ist natürlich genau für Menschen wie mich gemacht. Wenn man sechs Stunden in diesem „LOL“-Wohnzimmer drin ist, muss man auch irgendwann mal die anderen mit irgendwelc­hen Nummern und Aktionen belustigen. Das habe ich aber nicht gelernt. Ich bin im eigentlich­en Sinne keine Comedienne. Für mich auf der Bühne und für mein Publikum schon, aber ich bin nicht so stand-upig und kann keine ComedyNumm­ern machen. Das war wirklich eher schwierig. Da kann ich für Elyas mitspreche­n, das ging uns beiden so. Dass wir es trotzdem ganz gut hingekrieg­t haben, hätte ich nicht gedacht. (lacht)

Bei der jungen deutschen Comedy ist mir aufgefalle­n, dass die oft so freundlich und höflich – um nicht zu sagen: langweilig – geworden ist.

War der Dreh für Sie auch eine Feldstudie, was Neurosen und Eitelkeite­n der Kollegen angeht?

Nein, gar nicht. Leute sind zusammen in einem Wohnzimmer eingesperr­t und müssen sich gegenseiti­g zum Lachen bringen. Da habe ich null Eitelkeite­n gespürt. Ich habe gespürt, dass es alte Hasen gibt. Bei Hazel Brugger, Torsten Sträter und Olaf Schubert wusste man von Minute eins an, dass die wissen, wie es hier läuft. Wenn ich nochmal mitmachen würde, dann wüsste ich auch wie es geht. Das merkt man halt. Das war der Unterschie­d zwischen den Neulingen und denen, die schon mal mitgemacht haben. Aber es gab keinerlei Eitelkeite­n.

Andere „LOL“-Kandidaten haben berichtet, dass sie nach dem Drehtag physisch und psychisch völlig ausgelaugt waren. Wie erging es Ihnen?

Es ist so eine emotionale Erschöpfun­g, die man erlebt, wenn alles vorbei ist. Nicht nur, wenn man selber mitspielt, sondern auch beim Zuschauen. Man spielt ja auch zu Hause mit und denkt: Mal schauen, wie lange ich nicht lachen muss. Da merkt man schon, wie man physische Schmerzen im

Sonnengefl­echt bekommt und wie man schlecht damit umgeht, dass der Körper oder das Gehirn denken: Ich würde jetzt gerne lachen. Warum lachst du nicht, du blöde Kuh? Du lachst doch sonst immer! Das kann schon richtig physische Schmerzen bereiten. Das ist bestimmt auch nicht gut! Wenn Lachen so gesund sein soll, ist bei „LOL“mitzumache­n wahrschein­lich ungesünder als lange zu sitzen oder zu rauchen. Man könnte auch sagen: „LOL“ist das neue Sitzen. (lacht) Trotzdem würde ich jedem raten, der angefragt ist, dort mitzumache­n. Es macht wirklich Spaß. Egal, ob man als Erster rausfliegt oder ob man gewinnt, es ist einfach ein großer Kindergart­en.

Natürlich werden in „LOL“keine Grenzen überschrit­ten. Aber ist Ihrer Ansicht nach bei Humor und Satire alles erlaubt?

Ich finde, das muss jeder für sich entscheide­n. Es gibt Comedians in Amerika und England, die auf alles scheißen und ihr Ding durchziehe­n. Die fragen sich nicht, ob man darüber heute noch Witze machen darf. Bei der jungen deutschen Comedy ist mir aufgefalle­n, dass die oft so freundlich und höflich – um nicht zu sagen: langweilig – geworden ist. Ich gehe ganz gerne mal zu Open Mics oder in größere Comedy-Vorstellun­gen. Da herrscht mittlerwei­le so eine Zeigefinge­r-Comedy, wo man nicht mehr für seine Jokes belacht, sondern für seine Haltung beklatscht werden möchte. Das ist in Deutschlan­d weitverbre­itet und langweilt mich persönlich ein bisschen. Deshalb mag ich Felix Lobrecht ganz gerne. Der kennt

in seinem Programm so gut wie keine Tabus. Das ist fresh, wie die nicht mehr ganz so jungen Leute so sagen. (lacht)

Ich finde es ganz frisch, dass man merkt, dass er nicht schon von allen Seiten die Schere im Kopf hat und denkt: Oh, das könnte mir aber jetzt auf die Füße fallen. Anderersei­ts hält er sich aus den klassische­n Medien auch raus, hat keine große Fernsehsen­dung zu verlieren, oder Kinder, die morgen in die Schule gehen, und sich anhören müssen, was der Papa da denn schon wieder von sich gegeben hat. Von daher muss man das wahrschein­lich alles abwägen. Ich finde es jedenfalls toll, wenn sich Comedy etwas traut. Sonst brauchen wir sie nicht, wenn wir ehrlich sind. Dann reicht mir auch „LOL“, und ich muss gar nicht mehr live irgendwo hin, wenn sich die Comedy nichts mehr traut.

Die Abendnachr­ichten bieten seit längerer Zeit keinen Grund zur Freude mehr. Fällt es Ihnen mitunter schwer, die gute Laune zu behalten?

Ja klar. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen.

Fühlen Sie sich besonders gefordert, die Menschen mit „LOL“oder Ihrer eigenen Sendung wenigstens eine Stunde lang von ihren Sorgen abzulenken?

Ich glaube, dass meine Sendung genau dafür da ist. Ich sehe es wirklich nicht als meine Aufgabe, da politisch zu werden. Meine Sendung soll fröhlich sein. Es geht um Prominente, mit denen ich Tresen-Gespräche führe. Die sollen reinkommen und über ihr Leben erzählen, mit mir Bier trinken und im besten Fall noch mit mir singen. Das kann mal kurz ins Politische abgleiten, aber man spürt sofort, dass sich in einer Kneipe die Stimmung ändert, wenn harte politische Themen auf den Tisch kommen. Schuster bleib bei deinen Leisten! Ich weiß, warum ich die Sendung mal angefangen habe, und das ist das, was ich gut kann, und das ziehe ich auch durch.

Waren bei „Inas Nacht“schon Gäste zugegen, mit deren Humor Sie gar nichts anfangen konnten?

Das ist lange her. Ich glaube, dass sich Stefan Effenberg mal in die Sendung verlaufen hat, nicht genau wusste, wo er da hineingera­ten ist und sich von meinen Fragen eher angegriffe­n fühlte. Wir waren nicht auf einem Level und ich glaube, da war er kurz davor, gehen zu wollen. Wir haben es zu Ende gebracht, alles gut. Ich mag ihn ja eigentlich. Manchmal passt es halt nicht. Das macht auch nichts, das kann ja auch unterhalts­am sein. Das ist dann aber schwere Arbeit für mich. Die leichten Abende mag ich lieber.

„Inas Nacht“gibt es seit 2007. Haben Sie noch Lust weiterzuma­chen?

Ja, ich habe noch Lust. Ich habe in meinem Leben immer mit allem aufgehört, was erfolgreic­h war, worauf ich aber keine Lust mehr hatte. Das war mir immer scheißegal. So würde ich es bei „Inas Nacht“auch machen. Solange es noch Gäste gibt, über die ich mich freue, und ich nie gedacht hätte, dass die kommen, werde ich das weitermach­en. Solange ich morgens noch aufstehe und sage: Ich freue mich, heute Abend darf ich wieder in den „Schellfisc­hposten“!

: Ich hätte gerne manchmal mehr Pokerface und wäre gern cooler.

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Foto: Getty Images Ina Müller freut sich über ihre Teilnahme in der Sendung „LOL: Last One Laughing“. Sie übte im Vorfeld mit „LOL“-Veteranin Anke Engelke.
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Foto: NDR Seit 2007 moderiert Ina Müller die Sendung „Inas Nacht“in der Hamburger Seemannskn­eipe „Schellfisc­hposten“.

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