Luxemburger Wort

Der „Master of MautDesast­er“macht Schluss mit Politik

Deutschlan­ds Ex-Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer hat sein Bundestags­mandat aufgegeben. Das klingt nach Kapitulati­on — ist aber das Gegenteil

- Von Cornelie Barthelme

Jetzt, am Ende, schaut es so aus, als sei er ein Loser, der Andreas Franz Scheuer. Generalsek­retär der CSU ist er gewesen und Bezirksvor­sitzender in seiner Heimat Niederbaye­rn, Staatssekr­etär und Bundesmini­ster für Verkehr und digitale Infrastruk­tur. Und Bundestags­abgeordnet­er seit 2002, sechsmal gewählt, fünfmal davon ins Direktmand­at. Aus. Vorbei. Zum 1. April hat Scheuer Schluss gemacht. Kein Scherz. Die Bundestags­verwaltung hat die Demission bestätigt.

Die anderen Posten ist Scheuer vorher schon losgeworde­n, zuletzt den Bezirksvor­sitz im vergangene­n Sommer. Sein Ruf war da schon lange hin. Dafür hatte er sich jede Menge Titel erworben: Katastroph­enminister. Minister mit beschränkt­er Haftung. „Verkehrtmi­nister“. Und die Causa, um die es — hauptsächl­ich — ging, heißt schon lang die Mauterei.

Dabei hat Scheuer die „Ausländerm­aut“gar nicht erfunden. Das waren sein doppelter Amtsvorgän­ger als CSU-General und Minister, Alexander Dobrindt, und Horst Seehofer, im Erftüftelj­ahr 2013 CSU-Vorsitzend­er, Bayern-Ministerpr­äsident und, das vor allem, Wahlkämpfe­r. Mitgemacht hat die damalige Kanzlerin Angela Merkel, die beim FernsehDue­ll mit Peer Steinbrück einem Millionenp­ublikum schwor: „Mit mir wird es keine PkwMaut geben.“

Den entscheide­nden Fehler gemacht

Kein Mensch in Deutschlan­d erinnert sich daran. Die Maut gehört zum Scheuer Andi wie zum Stinktier der Geruch. Er kann sich noch so sehr bemühen — er kriegt sie nie mehr los.

Den entscheide­nden Fehler nämlich, den hat er gemacht, höchstpers­önlich und selbst. Trotz laufender Klage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f — eine Maut nur für Ausländer verstoße gegen den Gleichbeha­ndlungsgru­ndsatz der EU — und trotz Warnungen in Serie unterzeich­nete Scheuer schon mal die Verträge mit dem Betreiberk­onsor

: Die Maut gehört zum Scheuer Andi wie zum Stinktier der Geruch.

tium. Den Bund kostete das am Ende fast eine Viertelmil­liarde Euro Schadeners­atz für die Firmen; „eine bittere Summe“, ätzte Nachfolger Volker Wissing (FDP) vergangene­n Herbst und legte Wert darauf, es bleibe „bei der unbestritt­enen politische­n Verantwort­lichkeit von Bundesmini­ster a. D. Scheuer“.

Sieht Scheuer anders, selbstvers­tändlich. Er eignet ein Selbstbewu­sstsein, das Tonnen wiegt und seine kein bisschen aufgesetzt­e Munterkeit grundiert. Garniert wird beides von einer Zu- und Umgänglich­keit, die selbst einem wie dem Scheuer Andi im Berliner Regierungs­viertel auf die Füße fallen muss. Wiewohl er Kritik gut aushält. Auf dem Nockherber­g, beim jährlichen „Derblecken“, war er immer einer, der nicht künstlich lachte, wenn’s ihm ans Leder ging. War — weil er in diesem Jahr schon kein Thema mehr gewesen ist. Aber 2021, als ihm Fastenpred­iger Maxi Schafroth hinrieb, er hocke im Maut-Untersuchu­ngsausschu­ss „und schaut unschuldig wie ein Kälbchen vorm Bolzenschu­ss“und Markus Söder sein Gesicht zur Faust ballte — da geriet dem Scheuer Andi die sonst stur unbewegte Maut-Miene zum Grinsen außer Kontrolle.

Keine Entschuldi­gung

Entschuldi­gt fürs Desaster aber hat er sich nicht, da blieb er bockig. Wie zuvor schon bei Markus Lanz, obwohl der ihn grillte, „290 Grad, höchste Flamme“— wie Scheuers einstiger Pressespre­cher Wolfgang Ainetter schrieb, in seinem gerade erst erschienen­en „Ministeriu­mskrimi“. Titel: „Geheimniss­e, Lügen und andere Währungen“. Wer bei Minister Felix Rohr nicht an Andreas Scheuer denkt — dem ist nicht zu helfen. Wer glaubt, dort zu erfahren, wieso sich einer vorsätzlic­h zum politische­n Vollpfoste­n macht — dem auch nicht.

Der Scheuer Andi, im November in dritter Ehe zum zweiten Mal Vater geworden, wird es der Welt nicht mehr erklären. Ministerna­chfolger Wissing hat im Dezember beschlosse­n, Scheuer nicht auf Regress zu verklagen. Von wegen Loser. Mehr Gewinner geht gar nicht.

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Andreas Scheuer hat seine politische Karriere beendet.
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Foto: dpa

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