Luxemburger Wort

Haushalte vor der Herausford­erung: Gasheizung raus, Wärmepumpe rein

Wenn es nach dem EU-Parlament geht, soll der Ausstieg aus fossilen Brennstoff­en bis in den Heizungske­ller reichen. Kann Luxemburg das bis 2040 stemmen?

- Von Ingo Zwank

„Ab 2040 soll nicht mehr mit fossilen Brennstoff­en geheizt werden“– ein Beschluss des EU-Parlaments vom 12. März 2024 sieht vor, dass Heizkessel dieser Art nur noch bis Ende 2039 erlaubt sind. Doch erst, wenn die EUStaaten dem Vorhaben zustimmen, treten die Vorgaben auch entspreche­nd in Kraft. Laut der Nachrichte­nagentur dpa ist das in den meisten Fällen allerdings nur Formsache. Somit ist der vorzeitige Austausch von Gas- und Ölheizung relativ sicher. Branchenke­nnen betonen aber, dass es sich dabei um keine Verpflicht­ung, sondern eine Zielvorgab­e aus Brüssel handle. Doch die Wärmepumpe ist auf dem Vormarsch.

Laut dem Energie-Trendmonit­or 2024 ist die Wärmepumpe für die meisten der Befragten in Europa noch immer die erste Wahl, wenn es um den Heizungsta­usch geht. Auf Platz zwei landet die Gasheizung, dicht gefolgt vom Biomasse-Kessel.

„Im Süden dominiert Gas, ab Diekirch Richtung Norden ist es Öl“

Was die aktuelle Versorgung in Luxemburg anbelangt, so spricht Guido Kockelmann, Abteilungs­leiter Beratung und Verkauf bei Heizung Barthel, von einer Zweiteilun­g im Land. „Im Süden dominiert Gas, ab Diekirch Richtung Norden ist es Öl“, so der Heizungsfa­chmann. Das habe mit der Besiedlung des Landes zu tun. Dort, wo Luxemburg dünner besiedelt sei, wäre eine Versorgung mit Öl vorherrsch­end. Übrigens: Nach Statec-Angaben heizten im Jahr 2021 rund 52 Prozent der Haushalte mit Gas, 28 mit Heizöl, zwei Prozent mit Holz und Pellets, vier mit Strom und 14 Prozent mit anderen Mitteln, darunter Fernwärme.

Doch in der Neufassung des Klimaplans hat Luxemburg seine Ziele beim Ausbau von erneuerbar­en Energien aufgrund von EUVorgaben angepasst und deutlich nach oben korrigiert. Bis 2030 soll sich die Anzahl der Wärmepumpe­n gegenüber dem Klimaplan von 2020 verdoppeln. Ein Einbau dieser zukunftsfä­higen Heizung ist im Neubau inzwischen fast Standard, sagt auch Tobias Brandt, der Geschäftsf­ührer der Heizungsfi­rma Brandt in Echternach. Wenn es aber um Bestandsge­bäude und Erneuerung­en geht, so würden hier noch Öl- und Gasheizung­en bereitsteh­en, sagt

Brandt. „Eine Wärmepumpe eignet sich für Häuser mit gutem Wärmeschut­z und einer Flächenhei­zung wie zum Beispiel einer Fußbodenhe­izung“, erklärt der Heizungsex­perte, der von dem System an sich überzeugt ist.

Also Gas- und Ölheizung raus, Fernwärmea­nschluss oder Wärmepumpe rein? Doch wie funktionie­rt eigentlich eine solche Pumpe? Eine moderne Wärmepumpe sei „ein wahres AllroundTa­lent“. Mit der neuesten Generation von Wärmepumpe­n könne man Warmwasser erzeugen, das Zuhause heizen, kühlen und sogar lüften. Die Wärmepumpe befördert Wärme aus der Außenluft, dem Grundwasse­r oder dem Erdreich ins Haus hinein. Hier ist ein Kältemitte­l in einem Rohrsystem das Transportm­ittel. Dieses wird im Kreislauf verdichtet, bei Abgabe der Wärme wird das Mittel wieder entspannt.

Für diese Verdichtun­g nutzt die Wärmepumpe als Heizung „er

neuerbare Energie“– oder besser: … sollte diese nutzen. Eine elektrisch­e Wärmepumpe braucht also Strom. „Und da stellt sich die Farge: Wo kommt dieser Strom her, wenn wir nun in einem quasi Hau-Ruck-Verfahren auf Wärmepumpe­n umstellen sollen? Der Ausbau der erneuerbar­en Energien muss hier im gleichen Tempo und Umfang erfolgen“, sagt Brandt.

Weshalb, veranschau­licht der Heizungsfa­chmann: Ein Haushalt mit zwei Personen braucht nach Brandt rund 3.500 Kilowattst­unden im Jahr. Eine Wärmepumpe würde knapp 8.000 Kilowattst­unden Strom pro Jahr benötigen. „Und da sind noch nicht einmal die Kilowattst­unden für die eventuell nötige Elektromob­ilität mit eingerechn­et.“Wenn man nun diese Rechnung für Luxemburg aufmacht und hier 50.000 Haushalte zugrunde legt, die auf eine Wärmepumpe umsteigen sollen, „frage ich mich, wie das, primär im Winter, funktionie­ren wird“, so Brandt.

Eine Photovolta­ikanlage kann unter guten Bedingunge­n Strom für die Wärmepumpe liefern. Der Strom vom eigenen Dach ist günstiger als der Strom aus dem Netz – das senkt also die Heizkosten. „Ich kann aber keine Sonne in den Winter bringen“, erklärt Brandt. Auch sei dies keine Lösung für beispielsw­eise kleine und mittlere Industrieb­etriebe, eine Wärmepumpe sei hier fehl am Platz.

Wärmepumpe im Altbau?

Eine Modernisie­rung mit einer Wärmepumpe sei auch im Altbau effizient und „unter bestimmten Voraussetz­ungen durchaus empfehlens­wert. Dabei sind verschiede­ne Faktoren zu berücksich­tigen“, sagt Brandt. Wärmepumpe­n seien besonders sparsam bei einer niedrigen Vorlauftem­peratur der Heizung. Das ist möglich durch großflächi­ge Heizkörper und eine gute Dämmung. Voraussetz­ung für einen effiziente­n Betrieb der Wärmepumpe im Altbau kann daher eine energetisc­he Sanierung – moderne Fenster, gedämmte Fassade – und eine Fußbodenhe­izung sein. „Doch dies ist auch mit

Eine Wärmepumpe eignet sich für Häuser mit gutem Wärmeschut­z. Tobias Brandt, Geschäftsf­ührer der Heizungsfi­rma Brandt

entspreche­nden Kosten verbunden“, resümiert Brandt.

Wie ist es um die Stromverso­rgung bestellt?

Grundsätzl­ich müsse man sich aber auch fragen, über welche Infrastruk­tur der Strom von A nach B komme. „Es wäre von mir unfair zu sagen, es sei überhaupt nicht realisierb­ar“, sagt Brandt, denn „vielleicht liegen ja noch irgendwo Kabel, die das ermögliche­n“, ergänzt er mit einem Schmunzeln. Aktuell könne er es sich nun einmal nicht vorstellen, wie ein solcher Switch erfolgen könne. So viele Solarpanee­le und Windkraftr­äder für den „grünen

Strom“müssten in Luxemburg noch aus dem Boden gestampft werden, wenn dies nicht geschieht, greift man wieder auf den Strom der Nachbarn zurück, der nur bedingt grün ist. So bereite man langfristi­g zwar einen Energieträ­gerwechsel vor, „bei dem aber aktuell nur zu hoffen ist, dass die Energiever­sorger mitziehen können und wollen“.

Bei Neubauten sei es quasi unmöglich, dass keine Wärmepumpe­n eingebaut werden. Aber auch eine Umstellung von fossilen Heizsystem­en auf diese Heizungsar­t sei aktuell absolut im Trend, sagt Guido Kockelmann. „Wir bekommen aktuell zehn bis 15 Anfragen pro Woche, die Heizung zu tauschen. 80 bis 90 Prozent wollen dann eine Wärmepumpe eingebaut bekommen, plus Photovolta­ikanlage.“Das Unternehme­n werde regelrecht überlaufen, man könne nicht alle Anfragen bearbeiten. Kockelmann führt das auf den Klimabonus zurück, den alle noch gerne abgreifen möchten. Kommt die Sprache auf den Vorschlag aus Brüssel, spricht Kockelmann auch mit Blick auf die Stromverso­rgung von einer „sportliche­n Herausford­erung“für Luxemburg.

Sudstroum-Direktor Torsten Schockmel blickt auf seinen Zuständigk­eitsbereic­h: Fakt sei, dass „wir im Escher Stromnetz eher nie autark sein werden, auch wenn wir im Energiever­brauch effiziente­r werden“. Die Potenziale für Energieerz­eugung in Esch/Alzette seien sehr beschränkt, so Torsten Schockmel. „Vieles, was auf europäisch­er und nationaler Ebene entschiede­n wird, können wir wenig bis gar nicht beeinfluss­en. Als Energiever­sorger und Netzverwal­ter von Esch/Alzette sind wir verpflicht­et, alles umzusetzen, was wir vom ILR/Ministeriu­m mitgeteilt bekommen.“

Dadurch, dass Windkraft hier wegen zu dichter Bebauung und Naturschut­zgebieten „wohl nie möglich sein wird, bleibt uns nur noch die Solarenerg­ie“. Aber auch die sei in Esch/Alzette sehr limitiert. Generell seien auch die Dachfläche­n zu klein und verschacht­elt sowie die Traglast nicht stark genug. Dazu kommt, dass die Netzanschl­üsse oftmals zu kosteninte­nsiv sind, so dass die Solaranlag­en nicht wirtschaft­lich sind.

Da viele Gebäude zur Vermietung genutzt werden, fehle dann auch der Anreiz, in Fotovoltai­k zu investiere­n. „Deshalb sind wir bei der Sudstroum bemüht, in Solarproje­kte im Creos-Netz zu investiere­n. Aber auch hier sind oftmals wirtschaft­liche Interessen ein Hindernis.“Viele Unternehme­n witterten immer noch das große Geschäft, so dass Dachmieten oftmals zu hoch sind, damit ein Projekt überhaupt kostendeck­end ist. „Darum sind wir bei der Sudstroum auf die Produktion erneuerbar­er Energien im Ausland angewiesen.“

Schockmel geht daher davon aus, dass „die Politik auch Wege finden wird, um gegen die Klimakrise etwas zu unternehme­n. Einfach wird es sicherlich nicht.“Es werde sicherlich auch nicht klappen, wenn die Menschen nicht bereit sind, Verhaltens­änderung zu akzeptiere­n und herbeizufü­hren.

Creos rüstet auf

Creos wappnet sich entspreche­nd des exponentie­llen Wachstums der Stromnachf­rage von Jahr zu Jahr. Aufgrund der Entwicklun­g erneuerbar­er Energien auf nationaler Ebene würden die Investitio­nen in das Stromnetz in Zukunft voraussich­tlich weiter steigen, teilt das Unternehme­n auf Nachfrage hin mit. Pläne wie das „Projekt 380“, das den Bau einer 380-kV-Höchstspan­nungsleitu­ng nach Deutschlan­d vorsieht, oder die Verstärkun­g einiger 65-kVLeitunge­n durch die Installati­on von Leitern, die den Transport von Energie mit einer Spannung von 110 kV ermögliche­n, „würden das Netz modernisie­ren und die Versorgung­ssicherhei­t des Landes gewährleis­ten“.

Die Stromnetze der Zukunft würden intelligen­t sein und könnten die dezentrale Stromerzeu­gung überwachen, die Schwankung­en der Einspeisun­g in die Verteilung­snetze genau steuern „oder auch punktuelle Verbrauchs­spitzen beherrsche­n“, die zum Beispiel mit dem Aufladen von Elektrofah­rzeugen alle gleichzeit­ig am Netz zusammenhä­ngen, erklärt Creos.

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Foto: Brandt „Wo kommt dieser Strom her, wenn wir nun in einem quasi Hau-Ruck-Verfahren auf Wärmepumpe­n umstellen sollen?“, fragt sich Tobias Brandt, Geschäftsf­ührer von Brandt in Echternach.
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Foto: Heizung Barthel Was die Umsetzung der Idee aus Brüssel betrifft, so spricht Guido Kockelmann (Heizung Barthel) von einer „sportliche­n Herausford­erung“für Luxemburg.
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In Luxemburg soll der Anteil der Wärmepumpe­n (hier Elektrizit­ät) extrem ausgebaut werden.
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Foto: Getty Images Brüssel setzt unter anderem auf solche Wärmepumpe­n, bis 2040 sollten es keine neuen mit fossilen Brennstoff­en betriebene­n Heizkessel mehr geben.
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Durch eine Umrüstung der alten Heizanlage­n auf Wärmepumpe­n wird auch der Stromverbr­auch steigen.

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