Keine „Bagatelle“mehr – weitere Boutique in der Stadt Luxemburg verschwindet
Geschäftsfrau Angélique Bartolini muss nach sechs Jahren ihren Laden räumen. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren nicht mehr zu überwinden
Für Angélique Bartolini war es „eine schwere Entscheidung“. Monatelang hatte sie mit dem Gedanken gespielt. Am Ende musste sich die Geschäftsführerin der von ihr 2018 gegründeten Damenbekleidungsboutique Bagatelle dann doch zu diesem harten Schritt durchringen. Am Mittwoch, dem 27. März, hat sie vor Gericht Insolvenz angemeldet. An diesem Donnerstag wurde das nun im Handelsund Gesellschaftsregister veröffentlicht.
„Ich bin zum Wirtschaftsministerium gegangen, zum House of Entrepreneurship, ich habe mich überall beraten lassen, um zu erfahren, ob es überhaupt Hilfen gibt.“Die französische Unternehmerin aus Thionville versuchte, sich mit Second-Hand-Waren neu zu erfinden. Doch das reichte nicht. „Mit minus 30 Prozent Umsatz im vergangenen Jahr kommt man nicht über die Runden. Das habe ich nicht geschafft.“
Wie der Betreiber der Metzgerei EmoGare, die Ende Mai schließen wird, verweist sie auf die steigenden Kosten wie Miete oder auch indexierte Löhne. Zusammen mit dem Coffeeshop Knopes, mit dem sie sich die Räumlichkeiten teilt, sah sie sich mit Nebenkosten konfrontiert, die seit 2021 um 300 Prozent gestiegen sind.
„Wir haben weniger Kunden und machen weniger Gewinn. Am Ende hatte ich die gleichen Verlustzahlen, wie in Thionville, als es dort nicht mehr ging“, bedauert Angélique Bartolini.
Schwierigkeiten reihen sich aneinander
Wie erklärt sie sich die vielen Geschäftsschließungen im Bahnhofsviertel, wo sich
ein Leerstand an den anderen reiht? Die Einwohnerin aus Bonneweg, die im vergangenen Dezember für die CSV in den Gemeinderat der Hauptstadt nachrückte, zählt mehrere Gründe für den Leerstand auf: „Wir werden von der Fast Fashion aufgefressen. Aber es gibt auch das Wohnungsproblem, das Leben in Luxemburg ist zu teuer, die Zinsen sind explodiert, und die Leute haben kein Geld mehr. Wir leiden seit zwei Jahren und haben es nicht geschafft, diese Schwierigkeiten zu überwinden“.
Die Betreiberin des Ladens an der Rue Dicks berichtet von vielen Hindernissen, die sie überwinden musste. Angefangen bei den Bauarbeiten für die Straßenbahn, von denen viele Geschäftsleute betroffen waren. „Mein Geschäft liegt nicht an der Avenue de la Liberté, deshalb wurde ich nicht von der Stadt entschädigt“, unterstreicht sie. „Und dann war da noch der Brand im Parkhaus Rousegäertchen im September 2019, wo viele meiner Kundinnen parkten. Für sie war es einfacher, von dort aus zu mir zu kommen, um mit ihren Kindern einzukaufen.“
„Während der Pandemie ist es mir gelungen, den Kurs und die Zahlen beizubehalten, obwohl ich für ein so qualitativ hochwertiges Geschäft mit einem wirklich innovativen Konzept nie richtig durchstarten konnte. Die Eröffnung der Galerien [Anm.d.Red: Galeries Lafayette] war der erste Schlag, der mir die französischen Marken, die ich nach Luxemburg gebracht hatte, weggenommen hat“. Auch die Inflation der vergangenen beiden Jahre habe das Geschäft nicht gerade verbessert.
„Normalerweise sind der März und der April die besten Monate des Jahres. Aber der letzte Monat war auch nicht gut, und damit ist jetzt das Geschäftsjahr schon gelaufen“, erklärt sie.
Ein Dominoeffekt im Bahnhofsviertel
Die Ankündigung der endgültigen Schließung von Bagatelle hat in den sozialen Netzwerken zahlreiche Reaktionen hervorgerufen. Der Erste Schöffe der Hauptstadt, Maurice Bauer (CSV), der auch für den Handel zuständig ist, hinterließ ihr eine Nachricht auf Facebook: „Wir sind in dieser schwierigen Zeit bei dir, aber dein kämpferischer Charakter und deine Energie werden es dir ermöglichen, die Herausforderung anzunehmen und gestärkt für ein neues Abenteuer zurückzukehren“.
Wie sieht sie die Zukunft? „Ich will keinen Einzelhandel mehr betreiben, ich bin angewidert“, sagt Angélique Bartolini. Die Unternehmerin will ihr Mandat als Stadträtin nutzen, um die Gewerbetreibenden zu unterstützen. „Eine Stadt ohne Handel ist eine sterbende Stadt. Wir befinden uns in einem Dominoeffekt, der gestoppt werden muss. Den Händlern und dem Bahnhofsviertel muss geholfen werden. Ich denke, dass wir dieses Thema bald im Stadtrat ansprechen werden“.
Die Französin machte ihre ersten Schritte in der Politik Anfang vergangenen Jahres, als sie sich der CSV-Liste unter der Führung von Serge Wilmes, dem ehemaligen Ersten Schöffen der Hauptstadt, für die Kommunalwahlen anschloss.
Seit Anfang des Jahres haben mehrere Geschäfte im Bahnhofsviertel ihre Schließung angekündigt. Unter anderem die Metzgerei Emo, der Supermarkt Alima, das Bekleidungsgeschäft Akabobuttek oder das Restaurant Egg in der Rue de Strasbourg.
Die Stadt arbeitet Konzept aus
Am Freitagmorgen räumte Maurice Bauer gegenüber RTL radio ein, dass die Situation für Einzelhändler am Bahnhof nicht einfach war. „Aber es haben auch viele neue Geschäfte eröffnet. Es ist ein Viertel, das sich stark verändert. Mit seinen 586 Geschäften ist es ein wichtiger Teil des Geschäftslebens in der Hauptstadt“.
Laut Bauer liegt die Leerstandsquote hier bei „13,10 Prozent, während sie landesweit bei zwölf Prozent liegt“. Maurice Bauer betont: „Das ist überdurchschnittlich hoch, aber wir arbeiten proaktiv daran. Mit einer internen Arbeitsgruppe prüfen wir, wie wir mehr Leben in den Stadtteil bringen können, um die Einzelhändler zu unterstützen.“Außerdem wurde ein externes Unternehmen beauftragt, ein Konzept für diese Entwicklung zu erstellen.