Luxemburger Notare und Makler entlassen Mitarbeiter
Angestellte in der Immobilienbranche verlieren ihre Jobs, denn die Nachfrage auf dem Markt ist trotz sinkender Preise gering. Maßnahmen der Regierung scheinen aber eine Trendwende einzuleiten
Ohne ihren Stempel wird keine Immobilientransaktion abgewickelt. Als der luxemburgische Immobilienmarkt boomte, lief das Geschäft für die Notare des Landes ebenso gut. Da jedoch weniger Immobilien verkauft werden und die Preise sinken, sind einige Notare in den Sog der Immobilienkrise geraten.
„Besonders betroffen sind Firmen, die mit Bauträgern zusammenarbeiten“, sagt Martine Schaeffer, die ihr eigenes Notariat betreibt. Sie könne jedoch nicht genau sagen, wie viele Menschen in diesem Sektor entlassen wurden. Sie selbst habe von sechs bis acht Mitarbeitern gehört.
Fest steht, dass keines der 36 luxemburgischen Notariate habe schließen müssen, da sie sich nicht ausschließlich auf Immobilientransaktionen konzentrierten, sagt Schaeffer. Dennoch haben Notare im vergangenen Jahr 30 Prozent weniger Aufträge unterzeichnet als im Jahr zuvor, ergänzt sie.
Immobilienpreise sinken stark
Nur 749 neue oder bestehende Wohnungen wurden im letzten Quartal 2023 verkauft, ein Rückgang von 42 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2022, so Statec und das Housing Observatory in ihrer neuesten Analyse „Le Logement en chiffres“. Dies ist die niedrigste Verkaufszahl, die in einem Quartal seit der Einrichtung des Grundbuchs im Jahr 2007 verzeichnet wurde.
Im vierten Quartal des vergangenen Jahres wurden Immobilien im Wert von rund 435 Millionen Euro verkauft, was einem Rückgang von 48,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Die durchschnittlichen Preise für ein Haus oder eine Wohnung sind im letzten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 14,4 Prozent gesunken. Im gesamten Jahr 2023 sanken die Wohnungspreise um 9,1 Prozent, nachdem sie 2022 noch um 9,6 Prozent gestiegen waren, so die Analyse des Statistikamtes.
„Seit Januar hat die Aktivität wieder zugenommen, allerdings nur bei den bereits gebauten Wohngebäuden. Im Moment haben wir aber noch genug zu tun. Nach Covid wollten viele Leute ihre Nachfolge und ihren letzten Willen regeln“, sagt Notarin Schaeffer. Das konnte den Ausfall im Immobiliengeschäft jedoch nicht komplett ausgleichen.
Regierung will Bausektor unterstützen
Notare berechnen einem neuen Eigentümer etwa einen Prozent des Transaktionspreises. Darüber hinaus erhebt die Regierung eine Eintragungssteuer (droit d’enregistrement) von sechs Prozent auf den Verkauf. Erstkäufer profitieren von „De Bëllegen Akt“, einer Steuergutschrift zur Deckung dieser Kosten, die in diesem Jahr um 10.000 Euro auf 40.000 Euro pro Person erhöht wird und rückwirkend ab dem 1. Januar 2024 gilt.
Um den Bausektor zu stützen, investiert die Regierung Millionen von Steuergeldern in den Kauf unverkaufter Wohnungen und schafft Anreize für private Käufer. Dazu gehört auch die Senkung der Kapitalertragssteuer auf Immobilienverkäufe um die Hälfte auf etwa zehn Prozent, was sich bereits auswirkt, so Schaeffer. „Diejenigen, die wegen einer Scheidung oder eines fälligen Überbrückungskredits verkaufen müssen oder weil ihre neue Immobilie fertig ist, tun das jetzt, weil die Kapitalertragssteuer gesenkt wird“, beschreibt sie.
Immobilienmakler in der Flaute
Während der Bausektor von staatlicher Hilfe profitiert, wurden die Immobilienmakler des Landes von der Unterstützung ausgeschlossen. Zuvor hat die Regierung einen Antrag auf Teilarbeitslosenunterstützung für Makler abgelehnt, die nicht genug zu tun hatten. Die Folge: Agenturen haben damit begonnen, Freiberufler zu entlassen; 200 Makler sind derzeit bei der Arbeitsagentur Adem registriert, sagt Jean-Paul Scheuren, der Leiter der Immobilienkammer Chambre immobilière.
Als der Immobilienmarkt boomte, konnten nach Angaben des Finanzamtes etwa 2.000 Maklerbüros, darunter auch „Ein-Personen-Firmen“, ein zweistelliges jährliches Wachstum verzeichnen. Aber die Aktivität auf dem Sekundärmarkt – bestehend aus Agenturen, die sich auf bereits gebaute Immobilien spezialisiert haben – ist seither im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent zurückgegangen, so Scheuren.
Die Zahl der Personen, die sich um eine Maklererlaubnis bemühen, hat sich zwischen 2022 und dem letzten Jahr halbiert. Insgesamt rechnet Scheuren mit etwa 400 Entlassungen in der Branche, erwartet aber nicht, dass die Unternehmen ganz schließen.
Er hofft, dass sich der Sektor noch weiter erholt, wenn die Zinssätze sinken und die Banken diese an die Kunden weitergeben. Der Chef der Lobbygruppe beschreibt: „Wir sehen, dass die Zahl der Transaktionen zunimmt – dennoch müssen einige Preisanpassungen von den Verkäufern akzeptiert werden“, sagte er.
Staatskassen leeren sich
Der Immobilienabschwung ist auch für die Staatskassen kostspielig. Die Regie
rung steckt nicht nur Millionen in die Unterstützung des Bausektors, auch die Summe aus Immobilientransaktionen ist gesunken. Laut dem Jahresbericht des Finanzamts haben sich die Einnahmen aus den „droits d’enregistrement“zwischen 2022 und 2023 mehr als halbiert und liegen bei 232 Millionen Euro. So niedrig waren sie zuletzt 2015, als die Immobilienpreise um rund 30 Prozent sanken.
Für dieses Jahr rechnet Finanzminister Gilles Roth mit Einnahmen von nur 220 Millionen Euro, wie aus dem im März vorgestellten Haushaltsbericht hervorgeht. Diese Steuereinnahmen werden nach den Prognosen bis 2027 in keinem Jahr das Niveau von 2022 erreichen. Auch die erzielte Summe durch die Mehrwertsteuer im Zusammenhang mit dem Immobiliensektor ist im vergangenen Jahr um 17,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 16 Millionen Euro gesunken, so der Bericht des Finanzamts.
Während die Maßnahmen der Regierung darauf abzielen, den Sektor zu stützen, könnten die Haushalte am Ende die Leidtragenden sein. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte letzte Woche davor, dass Maßnahmen zur Ankurbelung der Immobiliennachfrage Folgen haben könnten. In seiner jährlichen Bewertung erklärt der IWF: „Diese Maßnahmen könnten dazu beitragen, das Vertrauen wiederherzustellen, und den Druck auf den Bausektor zu mindern. Angesichts der Angebotsbeschränkungen dürfte der Nachfrageschub jedoch zu einer weiteren Verschlechterung der Verschuldung privater Haushalte führen.“
Die Regierung beruft im April Gemeinderäte und Wirtschaftsvertreter ein, um Maßnahmen zu erörtern, mit denen strukturelle Probleme angegangen werden könnten, die derzeit den Bau von mehr Wohnungen verhindern. Laut der letzten landesweiten Politmonitor-Umfrage ist erschwinglicher Wohnraum für die luxemburgischen Wähler nach wie vor das wichtigste Anliegen.