Luxemburger Wort

In Gaza öffnet sich ein Zeitfenste­r für Verhandlun­gen

- Kontakt: steve.bissen@wort.lu

Mehr als sechs Monate nach Beginn des Gaza-Kriegs ist es nun höchste Zeit, dem Sterben ein Ende zu setzen. Eine Verhandlun­gslösung zwischen Israel und der radikalisl­amischen Hamas ist dringend notwendig, damit die Geiseln endlich nach Israel zurückkehr­en können, und das Leid der darbenden Bevölkerun­g in Gaza nicht noch größer wird. Ob der Abzug israelisch­er Truppen aus dem Süden des Gazastreif­ens jedoch tatsächlic­h eine Wende hin zu einem möglichen Waffenstil­lstand bedeutet, bleibt abzuwarten.

Eins ist aber klar: Die Kämpfe können so nicht weitergehe­n. Die humanitäre Situation ist katastroph­al. Und noch immer befinden sich Geiseln in der Gewalt der Hamas, deren Schlächter diesen Krieg mit einem blutigen Massaker am 7. Oktober auslösten. Mehr als 33.000 Menschen im Gazastreif­en wurden laut der Hamas seitdem getötet, die Mehrheit Frauen und Kinder. Und Hunderttau­senden droht eine Hungersnot, da Lebensmitt­el- und Treibstoff­vorräte zur Neige gehen. Der Überfall zwang Tel Aviv damals zu einer entschloss­enen Reaktion. Inzwischen hat Premiermin­ister Benjamin Netanjahu jedoch alle Grenzen des legitimen Rechts auf Selbstvert­eidigung überschrit­ten.

Und in Israel dämmert es wohl auch, dass dieser Krieg nicht rein militärisc­h auf dem Schlachtfe­ld zu gewinnen ist. Der innen- und außenpolit­ische Druck auf Netanjahu ist in den vergangene­n Wochen weiter gestiegen, insofern kann der Teilabzug der israelisch­en Armee auch als Reaktion darauf gewertet werden. Das Fass zum Überlaufen brachte aber wohl der Tod von sieben Mitarbeite­rn der Hilfsorgan­isation

World Central Kitchen (WCK). Der Vorfall hat weltweit eine Welle der Empörung ausgelöst und den einst treuen Verbündete­n in Washington brüskiert. Und auch in der israelisch­en Bevölkerun­g wächst die Kritik an der Regierung: Zehntausen­de gehen gegen den Kurs von Netanjahu auf die Straße. „Bibi“droht sich innen- sowie außenpolit­isch weiter zu isolieren.

Die gute Nachricht: Das dürfte jedoch den Druck erhöhen, die stockenden diplomatis­chen Verhandlun­gen zu einem erfolgreic­hen Ende zu führen. Ein erster Schritt könnten ein Waffenstil­lstand und die Freilassun­g weiterer Geiseln sein. Und falls sich Israel und die Hamas dann weigern, mitzuspiel­en, sollte die internatio­nale Gemeinscha­ft unter Führung der USA eine Resolution im UN-Sicherheit­srat aushandeln, wie sie bereits einmal 2006 den Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah beendete. Es wäre nur ein erster Schritt, aber immerhin. Langfristi­g bleibt eine Zweistaate­nlösung aber die einzige realistisc­he Möglichkei­t für ein friedliche­s Zusammenle­ben im Nahen Osten.

Inzwischen hat Netanjahu alle Grenzen des legitimen Rechts auf Selbstvert­eidigung überschrit­ten.

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Steve Bissen

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