Luxemburger Wort

Was das Klima-Urteil gegen die Schweiz für Luxemburg bedeutet

Ein Urteil zwingt die Schweiz dazu, mehr für den Klimaschut­z zu machen. Minister Wilmes reagiert auf die Frage, ob das Urteil hierzuland­e Folgen hat

- Von Florian Javel

Tut ein Staat zu wenig, um seine Bürger vor den Folgen des Klimawande­ls zu schützen, verstößt er gegen die Menschenre­chte. Das hat erstmals der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) am Dienstag in einem Urteil entschiede­n. Damit gab er dem Verein „Klimasenio­rinnen Schweiz“recht und fordert die Schweiz dazu auf, Klimamaßna­hmen umzusetzen, die es dem Land ermögliche­n sollen, das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen.

Der Seniorinne­nverein, der aus mehr als 2.000 Frauen im Alter von durchschni­ttlich 73 Jahren besteht und von Greenpeace unterstütz­t wurde, hat damit einen Präzedenzf­all geschaffen. Keine Selbstvers­tändlichke­it, kommentier­t Martina Holbach von Greenpeace Luxemburg das Urteil dem „Luxemburge­r Wort“gegenüber: „Die Klimasenio­rinnen sind in der Schweiz jahrelang vor den Behörden und Gerichten gescheiter­t, weil sie ihr persönlich­es Interesse nicht glaubhaft darstellen konnten.“

Das sei bei Klimaklage­n oft der Fall. Kläger würden selten ein Opferstatu­s erhalten. Hier habe aber der EGMR anders entschiede­n: Die Frauen seien in ihrem Recht auf Privat- und Familienle­ben und in ihrem Recht auf ein faires Verfahren berührt worden.

Historisch sei das Urteil ebenso aus dem Grund, weil darin Klimaschut­z als Menschenre­cht angesehen wird. Staaten, die die Menschenre­chtskonven­tion unterschri­eben haben, sind demnach verpflicht­et, alles zu unternehme­n, um ihre Bürger vor den Folgen des Klimawande­ls zu schützen. „Es gibt eine staatliche Schutzpfli­cht“, erklärt Holbach.

Das Urteil ist für die Schweiz demnach bindend. Das Land wird dazu gezwungen, mehr Maßnahmen zu ergreifen, um seine Emissionsw­erte zu reduzieren und seine Reduzierun­gsziele für 2030 zu überarbeit­en.

Minister Wilmes reagiert auf Urteil

Doch was bedeutet das Urteil für andere Staaten, die das Pariser Klimaabkom­men unterschri­eben haben und sich nicht an das 1,5 Grad-Ziel halten können – allen voran Luxemburg? „Für uns stellt sich noch die Frage, wie Luxemburg konkret auf das Urteil reagieren möchte“, sagt Holbach. Eine mögliche Folge könnte die Überarbeit­ung des Integriert­en Nationalen Energie- und Klimaplans (PNEC) sein, der „verschärft“werden könnte. „Oder Luxemburg belässt es einfach dabei.“

Auf Nachfrage des „Luxemburge­r Wort“reagiert Klima- und Umweltmini­ster Serge Wilmes (CSV) auf das Urteil des EGMR: „Wir nehmen das Urteil zur Kenntnis und werden es – sowie mögliche Auswirkung­en auf die luxemburgi­sche Klimapolit­ik – sorgfältig analysiere­n.“Ob und wie sich das Urteil auf die Politik in Luxemburg niederschl­agen könnte, lasse sich „zu diesem frühen Zeitpunkt nicht eindeutig sagen“, so Wilmes. „Fest steht, dass ich mich weiter für eine ambitiöse und sozial gerechte und pragmatisc­he Klimapolit­ik einsetzen werde.“

Ob es nun auch in Luxemburg zu einer vergleichb­aren Klage kommen könnte, wird sich zwar noch zeigen, aber „der Weg der Klimasenio­rinnen war ein langer Weg, der 2016 begonnen hat“, erinnert Holbach. „Wenn es in der Schweiz geklappt hat, warum nicht in Luxemburg?“

Wir nehmen das Urteil zur Kenntnis und werden es – sowie mögliche Auswirkung­en auf die luxemburgi­sche Klimapolit­ik – sorgfältig analysiere­n. Serge Wilmes (CSV), Klima- und Umweltmini­ster

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Foto: Florence Menage /Greenpeace Auch in Luxemburg gibt es die sogenannte­n Klimasenio­rinnen unter dem Namen „Seniors For Climate Luxembourg“.

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