Luxemburger Wort

EU-Parlament stimmt für schärfere Regeln

Jahrelang war die Asylreform der Zankapfel in der EU. Nun wurde die Abstimmung in Brüssel noch einmal zur Zitterpart­ie

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Leichtere Abschiebun­gen und mehr Grenzschut­z: Nach jahrelange­n Diskussion­en stimmten die Abgeordnet­en des Europäisch­en Parlaments gestern in Brüssel für eine Verschärfu­ng des EU-Asylrechts. Mit der Reform sollen die Mitgliedst­aaten zu einheitlic­hen Verfahren an den Außengrenz­en verpflicht­et werden, damit rasch festgestel­lt wird, ob Asylanträg­e unbegründe­t sind und die Geflüchtet­en dann schneller und direkt von der Außengrenz­e abgeschobe­n werden können.

Viele Abgeordnet­e waren allerdings unzufriede­n mit dem im Dezember ausgehande­lten Kompromiss. Daher war bis zum Schluss offen, ob das Plenum zustimmen wird. Protest wurde auch während der laufenden Abstimmung sichtbar, als Aktivisten von der Besuchertr­ibüne aus riefen „Dieser Pakt tötet – stimmt dagegen“und Papierflug­zeuge in das Plenum warfen. Die unerwartet­e Aktion sorgte für gemischte Reaktionen unter den Abgeordnet­en: Einige standen auf und applaudier­ten, während andere den Protest kritisiert­en.

Restriktiv­ere Kriterien bei Einstufung

An einer Reform wird bereits seit 2015 und 2016 intensiv gearbeitet. Damals waren Länder im Süden Europas wie Griechenla­nd mit einer Vielzahl von Menschen aus Ländern wie Syrien überforder­t. Hunderttau­sende kamen unregistri­ert in andere EUStaaten. Dies hätte eigentlich nicht passieren dürfen, denn nach der sogenannte­n Dublin-Verordnung sollen Asylbewerb­er da registrier­t werden, wo sie die Europäisch­e Union zuerst betreten haben.

Die Reform bedeutet insbesonde­re einen deutlich härteren Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Ein Drittstaat darf nur dann als sicher eingestuft werden, wenn eine strikte Liste von Kriterien erfüllt ist. So müssen zum Beispiel das Leben und die Freiheit des Antragstel­lers garantiert werden.

Ankommende Menschen aus jenen als sicher geltenden Ländern sollen künftig nach dem Grenzübert­ritt unter haftähnlic­hen Bedingunge­n in streng kontrollie­rte Aufnahmeei­nrichtunge­n kommen können. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragstel­ler Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgesc­hickt werden. Personen, die aus einem Land mit einer Anerkennun­gsquote von unter 20 Prozent kommen, sowie Menschen, die als Gefahr für die öffentlich­e Sicherheit gelten, müssten künftig verpflicht­end in ein solches Grenzverfa­hren.

Auch die Verteilung der Schutzsuch­enden auf die EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem „Solidaritä­tsmechanis­mus“neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtling­e aufnehmen wollen, müssen sie Unterstütz­ung leisten, zum Beispiel in Form von Geldzahlun­gen.

EU-Staaten müssen noch zustimmen

Die Reform muss noch von den EU-Staaten bestätigt werden. Das ist normalerwe­i

se eine Formalität. Dann haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, um die Vorgaben umzusetzen. Das soll den Staaten an den Außengrenz­en genügend Zeit geben, entspreche­nde Einrichtun­gen zur Unterbring­ung von Menschen aus Staaten mit einer Anerkennun­gsquote von weniger als 20 Prozent zu schaffen.

Zuvor hatte es massive Kritik an der Reform gegeben, unter anderem, weil auch Familien mit Kindern in die streng kontrollie­rten Auffanglag­er kommen könnten. Das

Europaparl­ament hatte versucht, dies zu verhindern, scheiterte­n in den Schlussver­handlungen allerdings am Widerstand von Ländern wie Italien.

Für Kritik sorgte auch, dass abgelehnte Asylbewerb­er künftig leichter in sichere Drittstaat­en abgeschobe­n werden können. Denn mit der Einigung können jetzt mehr Drittstaat­en als sicher eingestuft werden, dies gilt auch für bloße Teilgebiet­e von Staaten. Grundlage dafür können auch nationale Einschätzu­ngen sein. dpa

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Foto: dpa Das EU-Parlament hat die umstritten­e EU-Asylreform final gebilligt.

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