Mutmaßlicher Steuerbetrug über 60 Millionen Euro aufgedeckt
Die Europäische Staatsanwaltschaft EPPO nennt Luxemburg als eines der Zielländer für unrechtmäßig erlangte Mehrwertsteuererstattungen
EU-Staatsanwälte beschlagnahmten in dieser Woche Vermögenswerte und Bankkonten in vier europäischen Ländern, darunter auch Luxemburg, im Rahmen einer Untersuchung eines mutmaßlichen Mehrwertsteuerbetrugs in Höhe von 60 Millionen Euro. Das gibt die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) am Freitag in einer Pressemitteilung bekannt.
Mehr als 12,5 Millionen Euro an Vermögenswerten, Bankkonten und Finanzinstrumenten sowie Dokumente, Daten und Datenträger wurden am Dienstag in Luxemburg, Frankreich, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich beschlagnahmt.
Gefälschte Dokumente und Erklärungen
Die EPPO hat ihren Sitz im Großherzogtum und untersucht Betrug zulasten des EU-Haushalts. Sie beschäftigt derzeit 233 Mitarbeiter. Im Jahr 2022 – dem letzten Jahr, für das Daten veröffentlicht wurden – liefen mehr als 1.100 aktive Ermittlungen mit einem geschätzten Betrugsvolumen von über 14 Milliarden Euro zulasten des EU-Haushalts. Diese Woche unternahm die Staatsanwaltschaft Durchsuchungen und verhaftete vier Verdächtige in Westfrankreich im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Mehrwertsteuerbetrug in Höhe von rund 60 Millionen Euro.
„Es wird vermutet, dass die Verdächtigen einen Mehrwertsteuerbetrug bei der Ausfuhr von Waren aus Frankreich in Länder außerhalb der EU begingen. Die Verdächtigen erstellten vermutlich falsche Dokumente und Erklärungen im Namen von Briefkastenfirmen, die sie nur zu dem Zweck gründeten, um in den Genuss von Mehrwertsteuerrückerstattungen zu kommen“, heißt es in der Mitteilung.
„Den Beweisen zufolge wurden die gefälschten Dokumente verwendet, um den Anschein zu erwecken, dass Waren exportiert wurden, ohne dass tatsächlich eine Transaktion stattgefunden hat. Um die Rückerstattung der Mehrwertsteuer zu erhalten, kümmerte sich ein Dienstleister um den Papierkram und die tatsächliche Überweisung des Geldes“, so die EPPO.
Sobald die Verdächtigen die Erstattungszahlungen erhalten hatten, überwiesen sie die Gelder auf Konten im Ausland, die „vermutlich unter falschen, von den Verdächtigen geschaffenen Identitäten und im Namen fiktiver, von ihnen gegründeter Unternehmen eingerichtet wurden“, resümiert die Staatsanwaltschaft. Dennoch gilt für alle betroffenen
Personen die Unschuldsvermutung, bis ihre Schuld vor einem französischen Gericht bewiesen ist.
Die mutmaßlichen kriminellen Aktivitäten begannen 2020
Die EPPO-Untersuchung stützt sich auf einen Bericht der französischen Generaldirektion für Zölle und Verbrauchsteuern (Direction Générale des Douanes et Droits Indirects, DGDDI), in dem verdächtige Transaktionen eines in Westfrankreich ansässigen Unternehmens gemeldet wurden.
Die Aufdeckung des mutmaßlichen französischen Mehrwertsteuerbetrugs ist der zweite große Coup der EU-Staatsanwälte, nachdem sie letzte Woche einen mutmaßlichen Betrug in Höhe von 600 Millionen Euro in Italien im Zusammenhang mit Pandemie-Hilfen aufgedeckt haben.
Eine Woche zuvor hatte die EPPO einen sizilianischen Bäcker wegen angeblichen Missbrauchs von EU-Mitteln in Höhe von 320.000 Euro auffliegen lassen. Dem Mann wird vorgeworfen, das Geld für den Online-Handel verwendet zu haben, anstatt, wie von ihm behauptet, mit alten sizilianischen Getreidesorten zu backen.
Der Artikel erschien zuerst bei Luxembourg Times. Übersetzung und Bearbeitung: Melanie Ptok.