Luxemburger Wort

„ADR ist in Teilen rechtsextr­em“

Die CSV stellt ihr EU-Wahlprogra­mm vor, nimmt Stellung zur Reform des Asylrechts und zur ADR

- Von Michèle Gantenbein

Die CSV möchte bei den diesjährig­en Europawahl­en ihr Ergebnis im Vergleich zu 2019 verbessern. Damals verlor die CSV einen Sitz, büßte 16,55 Prozentpun­kte ein und fiel von 37,65 auf 21,1 Prozent.

Im Juni will sie den dritten Sitz zurückerob­ern und rechnet sich mit ihrer Mannschaft rund um die EU-Abgeordnet­en Isabel Wiseler und Martine Kemp sowie den früheren EU-Abgeordnet­en Christophe Hansen gute Chancen aus. Weitgehend unbekannt sind die anderen drei Kandidaten Mélanie Grün, Gemeindera­tsmitglied in Kayl-Téiteng, CSJ-Präsident Metty Steinmetz und Guy Breden, Gemeindera­t aus Kehlen. Am Dienstag stellten die Christlich-Sozialen ihr Wahlprogra­mm für die EU-Wahlen vor. Es umfasst zwölf Prioritäte­n, darunter mit Blick auf den Ukraine-Krieg die Verteidigu­ngsfähigke­it Europas. „Wir brauchen eine regelrecht­e Verteidigu­ngsunion mit einem VollblutVe­rteidigung­skommissar, einen starken EUPfeiler innerhalb der NATO und eine starke europäisch­e Rüstungsin­dustrie“, sagte Christophe Hansen.

Aufhebung des Einstimmig­keitsprinz­ips in außenpolit­ischen Fragen

Außenpolit­isch müsse die EU schneller werden. Die Position des EU-Außenbeauf­tragten müsse aufgewerte­t und das Einstimmig­keitsprinz­ip bei außenpolit­ischen Fragen aufgehoben werden, „damit wichtige Entscheidu­ngen nicht von einzelnen Ländern blockiert werden“. Bürokratie­abbau ist ein zweites wichtiges Stichwort, ganz besonders in der Wirtschaft. In Anlehnung an das EVP-Wahlprogra­mm drängt die CSV auf einen Abbau von administra­tiven Hürden um 25 Prozent. Weitere Themen sind die Stärkung des europäisch­en Sozialmode­lls sowie die Beschleuni­gung der digitalen, der energetisc­hen und ökologisch­en Wende.

Die CSV sieht überdies den Rechtsstaa­t in Europa in Gefahr – Stichwort Ungarn, das sich laut Isabel Wiseler „von der Demokratie wegbewegt hat“– und sorgt sich um den Rechtsruck in Europa. In diesem Zusammenha­ng spiele Desinforma­tion seitens Russland und seitens Rechtsextr­emer eine wesentlich­e Rolle, sagte die EU-Parlamenta­rierin. Ihr Ziel sei es, durch das Verbreiten von Falschinfo­rmationen die Demokratie zu unterhöhle­n.

Aus diesem Grund schließt die CSV Bündnisse mit rechtsextr­emen Parteien aus. „Bündnisse sind nur mit Parteien der Mitte möglich“, sagte Wiseler. Zu den im EU-Parlament vertretene­n rechtsextr­emen Parteien zählt sie die Identität und Demokratie Partei (IDP) sowie die Europäisch­en Konservati­ven und Reformer (EKR).

In Teilen sei auch die ADR rechtsextr­em, finden Isabel Wiseler und Christophe Hansen. „Wir sehen, dass die ADR sich radikalisi­ert hat. Sie bringt für verschiede­nen Positionen Russlands Verständni­s auf. Wir finden das sehr bedenklich“, sagte Wiseler. Auch Christophe Hansen sieht Parallelen zwischen der ADR und rechtsextr­emen Parteien in anderen Ländern: „Die ADR ist vielleicht nicht in allen Punkten so weit nach rechts gerutscht, in außenpolit­ischen Fragen wie jetzt bei der Ukraine aber ganz klar.“Diese Parteien spielten mit den Ängsten der Menschen – Stichwort Migrations­politik.

Die kürzlich vom EU-Parlament verabschie­dete Reform des Asylrechts sei eine Antwort auf die Ängste der Menschen. „Wir sehen die Probleme und verstehen die Ängste der Menschen und bieten konkrete Lösungen an“, so Christophe Hansen.

Der Migrations­pakt sieht verschärft­e Asylregeln und eine Entlastung der Hauptankun­ftsländer Italien und Griechenla­nd vor. Asylverfah­ren sollen künftig an den EU-Außengrenz­en durchgefüh­rt werden. Dort sollen Asylzentre­n entstehen, um die Identität der Flüchtling­e zu prüfen und zu verhindern, dass Flüchtling­e, die kaum Aussicht auf das Flüchtling­sstatut haben, in die EU einreisen. Die CSV steht voll und ganz hinter dem Migrations­pakt. „Wir brauchen starke Grenzen, aber auch offene Türen“, sagte Isabel Wiseler. Wege also, „die es Menschen erlauben, in die EU zu gelangen, ohne auf kriminelle Banden zurückgrei­fen zu müssen und ihr Leben aufs Spiel zu setzen“, so Hansen.

„Wir stehen zum europäisch­en Migrations­pakt“

Das Ruanda-Modell – die von der britischen Regierung geplante Abschiebun­g von Asylbewerb­ern und Auslagerun­g von Asylverfah­ren nach Ruanda wurde im November 2023 vom Supreme Court verworfen – lehnt die CSV kategorisc­h ab. Es sei nicht vereinbar mit den Grundwerte­n der EU, sagte Hansen.

„Wenn Menschen an die Tür der EU klopfen, müssen wir prüfen, ob sie ein Bleiberech­t haben oder nicht“, sagte Wiseler. Außenstell­en zu schaffen, um dort Asylverfah­ren durchzufüh­ren, komme für die CSV nicht infrage. „Wir denken, dass dies rechtlich gar nicht möglich ist“, meinte Isabel Wiseler. Wichtig sei, dass Flüchtende so wenig wie möglich in Gefahr geraten sollten. „Deshalb ist es am besten, wenn die Prozeduren auf EU-Boden durchgefüh­rt werden“, so Christophe Hansen.

Wiseler erinnerte daran, dass die Rechtsextr­emen sowie die Linksextre­men und die Grünen gegen den Pakt gestimmt haben. „Die einen wollen niemanden hier haben, die anderen wollen die Türen weit aufmachen. Weder das eine, noch das andere geht.“

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Foto: Chris Karaba Der frühere EU-Abgeordnet­e Christophe Hansen (Bildmitte), die beiden aktuellen EU-Abgeordnet­en Isabel Wiseler (r.) und Martine Kemp (l.) sowie Metty Steinmetz (r.) und Guy Breden (l.) rechnen sich gute Chancen aus.

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