Luxemburger Wort

„Der politische Urlaub ist ein Witz“

Die Garnicher Bürgermeis­terin Sonia Fischer-Fantini erläutert ihre politische­n Prioritäte­n und erklärt, warum die Gemeinde eine Zentralsch­ule benötigt

- Von Luc Ewen

Auf die Frage nach der politische­n „Mehrheit“reagiert Sonia Fischer-Fantini etwas unwirsch. Sie mag diesen Begriff nicht besonders. Es sei denn, es geht darum, dass in Garnich der Gemeindera­t mehrheitli­ch aus Frauen besteht. In der Majorzgeme­inde waren bei den Kommunalwa­hlen zwei Listen angetreten. Die Liste der neuen Bürgermeis­terin gewann einen Sitz mehr als die andere.

Dies und die Tatsache, dass mit Sonia Fischer-Fantini die Drittplatz­ierte Bürgermeis­terin werden sollte, hatte zunächst für Irritation­en gesorgt. Am Ende einigte man sich. Der Meistgewäh­lte Lou Dondlinger, der auf der zweitgewäh­lten Liste angetreten war, wurde Erster Schöffe. Seither vermeidet man den Ausdruck „Mehrheit“im Rathaus. Man betont das „Zusammen“. Die Listen sind Vergangenh­eit.

Auf die Frage nach den Prioritäte­n des neuen Schöffenra­tes verweist die Bürgermeis­terin auf das Wachstum. Die Möglichkei­ten, die der Flächennut­zungsplan bietet, stellen die ländliche Gemeinde vor Herausford­erungen.

In zehn Jahren, so schätzt Fischer-Fantini, könnte die Bevölkerun­g von 2.300 auf rund 2.450 Einwohner angewachse­n sein. Der Umbau und die Neuorganis­ation der Schule, die derzeit von 235 Schülerinn­en und Schüler besucht wird, hat daher Priorität. Ein externes Planungsbü­ro wurde mit der Erstellung eines Masterplan­s beauftragt.

Derzeit sind die meisten Klassen sowie die Maison relais in Garnich untergebra­cht. Ein Teil der Précoce sowie der Cycle 1 befinden sich in Dalheim. Ziel sei eine einzige zentrale Schule in Garnich. Außerdem sollen einige der dort vorhandene­n Schulräume renoviert und an die Bedürfniss­e aller Lernenden angepasst werden. Details oder gar ein Zeitplan stehen noch aus.

Alte Projekte abschließe­n und Prioritäte­n setzen

Viele Projekte wurden im Rahmen von Leader-Bürgerbete­iligungspr­ojekten umgesetzt. Sonia Fischer-Fantini erinnert an die Umgestaltu­ng der Ortsmitte in Kahler, das Kinoler, die Renovierun­g der Schule in Hivingen, den neuen Saal in Dalheim und nicht zuletzt an das Vereinshau­s in Garnich. Bürgerbete­iligung soll auch in Zukunft eine Rolle spielen.

Doch wenn Sonia Fischer-Fantini über das Vereinshau­s spricht, ist ihr die Erleichter­ung anzumerken, dass dieses Projekt kurz vor dem Abschluss steht. Am 10. Mai dieses Jahres soll es eingeweiht werden. „Das ist eine sehr große Baustelle, die ich geerbt habe“, wiederholt sie mehrmals. Andere Dinge seien liegen geblieben.

Sie betont die Bedeutung des sozialen Lebens und hebt hervor, dass nicht nur die rund 20 örtlichen Vereine und die Musikschul­e von dem Neubau profitiere­n werden. Auch eine Brasserie mit Kegelbahn ist geplant. „Ursprüngli­ch sollte

: Wir sind dabei, die Fußgängerü­berwege sicherer zu gestalten. Sonia Fischer-Fantini, Bürgermeis­terin von Garnich

nur der Eingangsbe­reich neu gestaltet werden“, erinnert sie sich. Nach und nach kamen weitere Wünsche hinzu. Am Ende wird das Projekt die Gemeindeka­sse mit rund 11 Millionen Euro belasten.

Dennoch sind weitere Investitio­nen notwendig – zum Beispiel im Straßenbau. „Wir sind dabei, die Fußgängerü­berwege sicherer zu gestalten“, sagt sie. Bei den Kanalarbei­ten wird demnächst die Rue des sacrifiés saniert. Auch hier wird versucht, den Verkehr zu beruhigen.

Aber auch an anderer Stelle sieht Fischer-Fantini Nachholbed­arf. Zwar gehe man in Garnich, wie eingangs erwähnt, die Probleme nun gemeinsam an, aber der politische Urlaub reiche nicht aus. Dies gelte besonders in einer Gemeinde mit nur zehn Mitarbeite­rn.

Die dreifache Mutter und selbststän­dige medizinisc­he Fußpfleger­in übt ihr Amt wie alle Schöffen und Gemeinderä­te ehrenamtli­ch aus. Das erfordere viel Engagement und Idealismus. „Der politische Urlaub ist ein Witz. Mit der Gewerkscha­ftsarbeit komme ich auf 14 Stunden pro Woche. Wenn ich Ihnen sage, wie viele Stunden ich im Rathaus und zu Hause am Telefon und am Computer verbringe, ist das nicht zu zählen.“

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Die Gemeinde beschäftig­t zehn Mitarbeite­r. Viel Arbeit bleibe beim Schöffenra­t hängen. 14 Stunden „congé politique“pro Woche für den Bürgermeis­ter bezeichnet Fischer-Fantini als „Witz“.
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Fotos: Chris Karaba Die Schule zu erweitern und neu zu organisier­en, sei derzeit die wichtigste Priorität in Garnich, so Sonia Fischer-Fantini.
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