Handelskammer fordert von Brüssel Bürokratieabbau
Um Unternehmen zu stärken, muss laut Carlo Thelen ein Umdenken stattfinden, wie Richtlinien verabschiedet werden
Im Juni sind die EU-Bürger aufgerufen, ihre Stimmen abzugeben. Das Resultat der Europawahlen wird auch richtungsentscheidend für die Luxemburger Wirtschaft.
Die Handelskammer Luxemburg unterstreicht in einer Stellungnahme am Dienstag die Notwendigkeit, die Unternehmen zu stärken, um ihre Wettbewerbsfähigkeit über die Grenzen hinweg zu erhalten. Ein Hauptanliegen ist allerdings: Bürokratie abbauen und nicht über die Köpfe hinweg zu entscheiden.
Bürokratie abbauen
Manch ein Unternehmen sagt im Gespräch: „Mir steht es bis hier“angesichts der vielen Vorschriften, die stets aufs neue aus Brüssel kommen. Die Handelskammer drückt es in ihrem Plädoyer für die diesjährigen Europawahlen etwas diplomatischer aus: „Die Unternehmen erreichen den Sättigungspunkt bei den Rechtsvorschriften.“Im EU-Gesetzgebungsprozess müsse der Schwerpunkt auf Kohärenz, Verhältnismäßigkeit und der Berücksichtigung der Auswirkungen auf kleine und mittelgroße Unternehmen gelegt werden.
„Jede geplante Neuregelung sollte im Vorfeld einer Folgenabschätzung unterzogen werden“, fordert deswegen die Handelskammer. Verwaltungsaufwand und die Kosten für die Einhaltung von Vorschriften für Unternehmen müssten reduziert werden, wobei die Unternehmensvertreter an das Ziel Brüssels erinnern, den Verwaltungsaufwand um 25 Prozent zu reduzieren.
Binnenmarkt ausbauen
Die Handelskammer empfiehlt, den Zugang von KMU zu europäischen Finanzinstrumenten zu vereinfachen und im Insolvenzrecht den Gläubigerschutz EU-weit zu harmonisieren.
Der Binnenmarkt als „Europas wichtigster Trumpf für integratives Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen“ist noch nicht vollendet. Unterschiedliche nationale Vorschriften für Dienstleistungen gehören nach wie vor zu den größten Hindernissen für Unternehmen. „Bestehende Hindernisse beeinträchtigen die Fähigkeit der Unternehmen, von Europa aus zu expandieren“, stellt die Handelskammer fest und rügt dabei nationale Versuche, den freien Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen zwischen den Mitgliedstaaten zu behindern. Die EU müsse territoriale Lieferbeschränkungen verbieten, indem sie den Einzelhändlern die Freiheit einräumen, Produkte in den EU-Ländern ihrer Wahl zu beziehen.
Maximale Harmonisierung statt Hindernisse, die den Handel mit Dienstleistungen behindern, wird gefordert. „Das volle Potenzial des Binnenmarktes freizusetzen“, sagt Handelskammer-Generaldirektor Carlo Thelen, „ist der effektivste und kosteneffizienteste Weg, um kollektive Gewinne zu erzielen, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und die soziale Eingliederung zu fördern.“
Die Wirtschaft erwarte von der EU, dass sie den Freihandel einheitlich und stark verteidige und eine dominierende strategische Rolle in den globalen Handelsverhandlungen beibehalte. Das Plädoyer der Handelskammer fordert dabei die Auswei
tung des Netzwerks von EU-Handelsabkommen und die Förderung einer stärkeren Digitalisierung des Handels. Dazu gehöre auch die Interoperabilität digitaler Handelsdokumente.
Klima und Energie
Wenn es um Nachhaltigkeitspolitik geht, so müssen laut Handelskammer die Initiativen der EU „verfeinert und neu bewertet werden, damit Unternehmen aller Größenordnungen durch den grünen Wandel navigieren können.“Von entscheidender
Bedeutung sei, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht nur erhalten, sondern auch gestärkt werde. „Um dies zu erreichen, muss der Schwerpunkt auf die Förderung einer größeren technologischen Souveränität gelegt werden, um den doppelten grünen und digitalen Wandel zu katalysieren und zu beschleunigen.“
Unternehmen bräuchten Planungssicherheit – „häufig wechselnde Klimaziele sind für die Planungs- und Investitionssicherheit nicht förderlich.“Auf die Ankündigung ehrgeiziger Klimaziele müssten ebenso ehrgeizige politische Instrumente folgen, um sie effektiv umzusetzen, ohne langfristig auf kompensierende Subventionen angewiesen zu sein. Die EU muss dazu auch die ständige Verfügbarkeit nachhaltiger Energie zu wettbewerbsfähigen und stabilen Preisen gewährleisten.
Auch den Fachkräftemangel muss die EU nach Willen der Handelskammer angehen und dabei auch auf eine möglichst weitgehende gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen hinarbeiten und Verfahren für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen aus Drittländern vereinfachen.
Das volle Potenzial des Binnenmarktes freizusetzen ist der effektivste Weg, um die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Carlo Thelen, Handelskammer Generaldirektor