Grégoire Munster und die Rallye-Gemeinde stehen vor emotionalem Wochenende
Ein Jahr nach Craig Breens tödlichem Unfall kehrt die WRC nach Kroatien zurück. Trotz intensiver Sicherheitsdiskussionen konnte keine Lösung gefunden werden, die ein Restrisiko ausschließt
Motorsport ist gefährlich. Dieser kleine Hinweis auf den Eintrittskarten in verschiedenen Ländern soll die Zuschauer und auch die übrigen Beteiligten auf die Gefahren des Motorsports hinweisen. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr wurde der WRC-Gemeinde trotz aller intensiven Bemühungen auf tragische Weise vor Augen geführt, dass es immer ein Restrisiko gibt.
Bei privaten Testfahrten im Vorfeld der Rallye Kroatien war der irische Hyundai-Pilot Craig Breen tödlich verunglückt. Breen war in einer Rechtskurve bei sehr geringer Geschwindigkeit von der Strecke abgekommen und gegen ein Holzgeländer gerutscht. Dabei drang ein Holzpfosten auf der Fahrerseite ins Cockpit ein und verletzte den 33-Jährigen tödlich am Kopf.
Sicherheitsdebatten
Fassungslosigkeit über die Art und Weise des Unfalls machte sich breit. Wie immer bei solchen Zwischenfällen begannen Sicherheitsdiskussionen. Die Verantwortlichen gelangten aber relativ schnell zu der Feststellung, dass es keinen offensichtlichen Missstand gab, den es zu beheben gälte und ebenfalls keine technische Lösung, die ein solches Unglück sicher verhindern würde.
„Wenn du Pech hast, kann alles passieren. Du kannst vom Blitz getroffen werden oder du stirbst im Alltag, vielleicht sogar zu Hause“, meinte der achtfache Weltmeister und Toyota-Pilot Sébastien Ogier und weckt Erinnerungen an
Philippe Bugalski. Der zweifache WMLauf-Gewinner war 2012 bei der Gartenarbeit von einem Baum gestürzt und tödlich verunglückt. „Du kannst das Risiko nicht auf null drücken. Wenn du mit dem Risiko nicht umgehen kannst, dann kannst du das hier nicht machen. Aber vielleicht muss man darüber nachdenken, einige besonders gefährliche Dinge am Straßenrand abzusichern“, erklärte Jari-Matti Latvala, 18-facher Sieger und heutiger Toyota-Teamchef.
Aufgrund ihrer Bauweise gehören die Rally1-Autos mit zu den sichersten Rennautos überhaupt. Sie sind nicht klassisch auf einer Rohkarosserie aufgebaut. Als Basis dient ein Rohrrahmen-Chassis, das besser als alle bisherigen Systeme gegen Aufprallunfälle schützt.
Heftige Unfälle
Verbessert wurde im Laufe der Zeit auch der Innenraum. Die Sitzpositionen rückten mehr zur Fahrzeugmitte. Daneben wurden Crash-Strukturen und Energie absorbierende Schaumstoffe verarbeitet. Wegen der notwendigen Einstiegsmög
lichkeiten bleiben Türen und auch Fenster jedoch eine Schwachstelle. Dass diese Sicherheitsvorgaben das halten, was sie versprechen, bewiesen – wenn auch unfreiwillig – bereits einige Fahrer.
Vor vier Jahren überschlug sich Ott Tänak bei der Rallye Monte-Carlo bei hoher Geschwindigkeit mit seinem Hyundai. Das Auto kippte nach vorne, stürzte 20 Meter einen Abhang hinunter und prallte auf eine darunter liegenden Straße. Adrien Fourmaux, Ford-Teamkollege von Grégoire Munster, überschlug sich zwei Jahre später bei der gleichen Rallye ebenfalls mehrfach einen Hang hinunter.
Während die Fahrer sich quasi unverletzt befreien konnten, blieb von ihren Fahrzeugen nur noch der Rohrrahmen intakt – und daher gut erkennbar – sowie einige wenige Karosserieteile übrig. Aktuell leisten die Rally1-Autos dank der Hybridtechnik bis zu 530 PS. Unter anderem aufgrund der enormen Kosten wird diese Technik im kommenden Jahr wegfallen und die Autos werden weniger stark, zugleich aber auch wieder leichter sein.
Vergiss nicht, es zu genießen. Du sollst Spaß haben, denn das Leben ist zu kurz. Craig Breen, Tödlich verunglückter Rallyefahrer
Vom Tisch ist somit auch die Idee, die Rally1-Konstruktionen durch die wesentlich kostengünstigeren WRC2-Autos zu ersetzen. Die Rede war von einer, im Vergleich zur aktuellen, etwas aufgemotzten WRC2-Version. Allerdings wurden sich die Verantwortlichen schnell bewusst, dass diese Autos, wegen ihrer Bauweise, nicht das hohe Rally1-Sicherheitsniveau erreichen können.
Wenn Grégoire Munster und die anderen Fahrer am Freitagmorgen zur ersten Wertungsprüfung der diesjährigen Rallye Kroatien antreten, sind sie sich bewusst, dass es die 100-prozentige Sicherheit nicht gibt. Sie dürften sich aber sicherlich an Craig Breen und sein Leitmotiv erinnern. „Vergiss nicht, es zu genießen. Du sollst Spaß haben, denn das Leben ist zu kurz.“