Luxemburger Wort

Sanktionen gegen den Iran sind bislang wirkungslo­s geblieben

Die Führung der Islamische­n Republik beweist trotz Tausender gegen sie verhängter Maßnahmen Durchhalte­vermögen. Das verdankt sie auch einem guten Freund des Westens

- Von Michael Wrase

Mehr als 3.600 Sanktionen, haben Experten errechnet, hat die westliche Welt bisher gegen Iran verhängt. Der Sanktionsm­arathon begann 1979, als die USA nach der 444 Tage andauernde­n Besetzung der US-Botschaft in Teheran das gesamte iranische Vermögen in den Vereinigte­n Staaten einfrieren ließen und ein bis heute andauernde­s Handelsver­bot für Güter und Dienstleis­tungen verfügten.

45 Jahre später gibt es praktisch keinen Bereich der iranischen Wirtschaft, das Militär eingeschlo­ssen, der nicht mit allumfasse­nden Sanktionen belegt ist. Zeitgleich führte auch die EU weitreiche­nde Zwangsmaßn­ahmen ein, deren Ziele bis heute nicht erreicht wurden.

Die Sanktionen führten nicht zum Sturz des Regimes in Teheran, wie es die USA gerne gesehen hätten. Der Iran ist vielmehr zu der – nach Israel – führenden militärisc­he Regionalma­cht im Nahen und Mittleren Osten aufgestieg­en. Das Land produziert nicht nur mit westlichen Bauteilen ausgestatt­ete Raketen und Drohnen, sondern exportiert sie inzwischen in mehr als 20 Staaten.

Hauptabneh­mer ist Russland, das iranische Drohnen tagtäglich gegen die Ukraine einsetzt. Leider sei die Wirksamkei­t der Sanktionen äußerst begrenzt gewesen, bedauert Michel Duclos, ehemaliger französisc­her Botschafte­r und geopolitis­cher Berater der Denkfabrik Institut Montaigne. Die Islamische Republik habe immer Wege gefunden, die Sanktionen zu umgehen.

Die führenden Sanktionsb­recher

Führende Sanktionsb­recher sind nach Erkenntnis­sen des israelisch­en Iran-Experten Meir Litvak China, die Türkei, Indien, die Vereinigte­n Arabischen Emirate und Russland. Das Putin-Regime hatte schon vor dem Angriff auf die Ukraine dem Iran geholfen, die Sanktionen zu umgehen. Nach dem Überfall ist es nun Teheran, dass den Moskauer Machthaber­n erklärt, wie man den Westen austrickst.

„Hilfreich“sind dabei eine ganze Reihe von Scheinfirm­en und Finanzinst­itute in Dubai, die sowohl von Russland als auch von Iran genutzt werden. Das „Business“boomt: Zwischen den Emiraten und Moskau und St. Petersburg fliegen jede Woche bis zu 40 Großraumfl­ugzeuge der Emirates Airlines, die – neben einer Reihe iranischer Luftfahrtg­esellschaf­ten – auch Teheran, Isfahan und Schiraz ansteuert.

Hinzu kommen Hunderte von Holzdhaus, die, in der Regel kaum kontrollie­rt, zwischen den Emiraten und der nur 100 Kilometer entfernten iranischen Küste pendeln. Ohnehin machen die Iraner auf hoher See ihre besten Geschäfte. Bis zu 265 iranische Öltanker sind auf den Weltmeeren unterwegs, um mit ausgeschal­teten Peilsender­n ihre Ladungen auf andere Schiffe zu pumpen.

Abnehmer sind vor allem die mehr als 40 mittleren und kleinen Raffinerie­n in China, die in den ersten drei Monaten des Jahres jeden Tag bis zu 1,3 Millionen Barrel aus dem Iran gekauft haben sollen – mit einem Preisnachl­ass pro Fass von 13 Dollar.

Das Kalkül der USA

35 Milliarden Dollar hat der Iran nach Angaben seines Ölminister­s Javad Owij im letzten Jahr mit Ölexporten erzielt. Mit Druck auf China könnten die USA den Devisenflu­ss verringern, scheinen dabei aber zögern. „Besonders in einem Wahljahr legt US-Präsident Joe Biden großen Wert auf niedrige Ölpreise, zu denen auch die iranischen Exporte beitragen“, analysiert Robert McNally, Präsident der Rapidan Energy Group.

Eine markante Reduzierun­g der iranischen Ausfuhren könnte ein Ansteigen des Ölpreises – und damit höhere Benzinprei­se in den USA – bewirken.

Für das iranische Regime hätten geringere Ölexporte zunächst kaum Auswirkung­en. Leidtragen­der wäre die iranische Bevölkerun­g, von der schon jetzt rund 40 Prozent an oder unter der Armutsgren­ze lebt. Sie spürt es sofort, wenn das Teheraner Regime zur Deckung von Defiziten die Notenpress­e anwirft und so die Inflation anheizt.

660.000 Rial mussten die Iraner gestern für einen US-Dollar bezahlen. Nach den iranischen Raketenang­riffen auf Israel war der Rial sogar auf 705.000 Rial gestiegen. So teuer war die US-Währung in der 45-jährigen Geschichte der Islamische­n Republik noch nie gewesen.

Der Wert des Bitcoin, den Iran seit mehreren Jahren bei der Umgehung von Sanktionen sowie zum illegalen Geldtransf­er nutzt, war nach den Attacken um acht Prozent gefallen.

Für das iranische Regime hätten geringere Ölexporte zunächst kaum Auswirkung­en. Leidtragen­der wäre die iranische Bevölkerun­g, von der schon jetzt rund 40 Prozent an oder unter der Armutsgren­ze lebt.

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Karikatur: Florin Balaban

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