Differdingens schwieriger Weg zur Klimaneutralität
Der Erste Schöffe Tom Ulveling (CSV) meint, dass die Ziele der Gemeinde zum Teil kaum zu erreichen sind
Die Gemeinde Differdingen will bis 2030 klimaneutral sein und hat sich aus diesem Grund „ehrgeizige Ziele“gesetzt, wie der Erste Schöffe Tom Ulveling (CSV) im Gespräch mit dem „Luxemburger Wort“sagt. Die Gemeinde suche nun nach Wegen, um diese zu erreichen. Ulveling gibt zu, dass das schwierig wird, auch mithilfe des Net0Cities-Programms. Der Verbund von 100 europäischen Städten vereinfacht den Dialog untereinander und bietet gratis Zugang zu Forschungsinstituten.
Die Frage, was eine NetZero City ist, wird auf der Webseite des Projekts so erklärt: „Ziel ist es, CO2-neutral zu werden, d. h. unsere Emissionen zu reduzieren und dafür zu sorgen, dass wir sie selbst kompensieren.“Im vergangenen Jahr unterzeichnete die Gemeinde dazu den „Climate City Contract“.
Das vielleicht wichtigste, aber auch schwierigste Ziel ist es, „50 Prozent von unseren alten Gebäuden zu renovieren, um diese energietechnisch wieder in Form zu bringen“, wie Tom Ulveling erklärt. Wie sieht es im Moment prozentual aus, wie viel fehlt noch? 50 Prozent seien bis 2030 unmöglich zu erreichen, gibt er zu. „Ich war nicht dabei, als das ausgehandelt wurde, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass dies in solch kurzer Zeit zu erreichen ist.“
Ulveling gibt jedoch zu bedenken: „Man muss sich ein hohes Ziel setzen, um überhaupt in der Mitte anzukommen.“Es gehe für ihn hauptsächlich um Gebäude, die sich im Besitz der Gemeinde befinden. Letztere wolle schließlich Vorreiter sein und könne nicht „etwas predigen, das wir selbst nicht machen“.
Auf die Frage, ob Differdingen bis 2030 klimaneutral werden kann, zögert Ulveling einen Moment und sagt dann: „Offen gestanden, denke ich, dass das utopisch ist.“Er sei jedoch davon überzeugt, dass die Gemeinde große Fortschritte machen könne. Das Ziel dient also eher dazu, die Sache ans Rollen zu bekommen. Der Erste Schöffe führt weiter aus, man müsse realistisch bleiben: „Wenn auf einmal jeder im Land entscheiden würde, sein Dach zu renovieren und neue Fenster zu installieren, so viele Betriebe haben wir nicht hierzulande, die all diese Aufträge ausführen könnten.“
Zwei der fünf gesteckten Ziele hält Ulveling für machbar, wenn man die Menschen dazu motiviert bekomme: den privaten Autoverkehr um 20 Prozent zu verringern und die Recyclingquote auf 65 Prozent zu steigern, um dadurch 40 Prozent weniger Abfall zu produzieren. Das Fahrrad zu nehmen und das Auto stehenzulassen koste nichts.
Ein weiteres Ziel sind hundert Prozent erneuerbare Energien durch Selbstversorgung mithilfe von Fotovoltaik und Windkraftanlagen. Das könne nur erreicht werden, wenn auch der Staat mitspiele. Tom Ulveling gibt ein Beispiel: Vor einem guten Dutzend Jahren habe die Gemeinde ein Projekt gestartet, um Windkraftanlagen zu errichten. Bis heute gebe es keine Genehmigung vom Umweltministerium. Ulveling sieht die Verantwortung bei grünen Umweltministern, die viele Projekte abgelehnt hätten.
Häuserrenovierung „mit angezogener Handbremse“
Zurück zu den Renovierungen. In der aktuellen Ausgabe des „Diffmag“, dem Gemeindeblatt der Stadt, ist zu lesen: „Bei elf Teilnehmern laufen die Renovierungsarbeiten gerade an und bei sechs Teilnehmern sind sie bereits abgeschlossen.“Darauf angesprochen, dass diese Zahlen ziemlich niedrig sind, antwortet Tom Ulveling: „Ich kenne diese Zahlen nicht genau, weiß aber, dass relativ viele Menschen Interesse zeigen.“Viele haben bei der Klima-Agence um eine Beratung gebeten, jedoch wegen der finanziellen Kosten bei der Umsetzung gezögert.
Das Projekt der Viertelrenovierung habe die Gemeinde bereits vor der Teilnahme am Net0Cities-Programm gestartet, erklärt Ulveling. Das Umweltbüro habe festgestellt, dass es viele Viertel gebe, in denen die Häuser sich ähneln würden. „Die Idee ist aufgekommen, die Häuser Straße für Straße zu renovieren“, blickt er zurück. Das werde billiger für die Hausbesitzer.
Funktioniert das? „Es klappt mit angezogener Handbremse.“Die Hürde: „Ich war bei Umweltminister Serge Wilmes (CSV) und habe ihm gesagt, er müsse seine Subventionspolitik eventuell überdenken.“Viele Menschen können nicht Geldsummen von mehreren Tausend Euro vorstrecken, der Staat solle die Zuschüsse sofort an die Firmen auszahlen.