Eine Hundertjährige, der das Lachen nicht vergangen ist
Maria Ginter-Bonichaux feierte am Mittwoch Jubiläum. Ihr Leben widmete sie der Anerkennung der luxemburgischen Frauen im Reichsarbeitsdienst
Wie stellt man sich eine Frau vor, die gerade 100 Jahre alt geworden ist? Wackelig auf den Beinen, womöglich schon im Rollstuhl, Probleme beim Sprechen, Schmerzen in den Gelenken, vielleicht auch schon längst lebensmüde?
Max Hahn kann an diesem Mittwoch jedenfalls kein Geburtstagskind entdecken, als er die Wohnung in Petingen betritt, in die Maria Ginter-Bonichaux eingeladen hatte. „Nanu? Ich sehe keine Hundertjährige, ich muss hier wohl falsch sein“, witzelt der Familienminister (DP), der einen großen Präsentkorb in den Händen hält.
Das mag daran liegen, dass die Jubilarin, die heute zum 100. Mal ihren Ehrentag feiert, nicht teilnahmslos in einer Ecke sitzt. Immer wieder geht sie von Gast zu Gast, „darf’s noch etwas zu Trinken sein?“, in der linken Hand trägt sie ein Silbertablett mit aufgeschnittener Rieslingspastete, in der rechten ein Glas Schampus. „Normalerweise trinke ich keinen Alkohol, aber heute mache ich eine Ausnahme“, sagt sie.
Familie und Freunde haben sich eingefunden, Bürgermeister Jean-Marie Halsdorf (CSV), eine Vertreterin der Croix-Rouge und schließlich, es ist 16 Uhr durch, der Familienminister: „Es tut mir leid, dass ich zehn Minuten zu spät gekommen bin, aber Sie haben das ganze Leben auf mich gewartet, da kommt es auf diese paar Minuten jetzt auch nicht mehr an.“
Als er Maria, die von allen „Maisy“genannt wird, den Geschenkkorb „mit ganz flotten luxemburgischen Produkten“überreichen will, zeigt sie auf den Tisch hinter ihm: „Den können Sie zu den anderen Geschenkkörben stellen.“GinterBonichaux hat ihren Humor nicht verloren und bringt auch im hohen Alter die Umstehenden noch zum Lachen. Dabei war ihr Leben alles andere als einfach.
Von den Nazis zum Reichsarbeitsdienst gezwungen
Maria Ginter-Bonichaux wurde am 17. April 1924 in Niederkorn geboren und
wuchs in Rodange auf. Nach der Schule arbeitete sie bei der Stadtkasse der Gemeinde Luxemburg, doch dann kam der Zweite Weltkrieg. Im Alter von 19 Jahren wurde sie zum Reichsarbeitsdienst eingezogen und musste ins deutsche Thüringen. Erst nach Kriegsende 1945 kehrte sie nach Luxemburg zurück.
Ginter-Bonichaux kämpfte viele Jahre für die Anerkennung der Leiden der Frauen und Mütter im Zweiten Weltkrieg. Am nationalen Gedenktag enthüllte sie gemeinsam mit Großherzog Henri eine Gedenktafel zu Ehren der zwangsrekrutierten Mädchen und Frauen. 7.969 Luxemburgerinnen wurden zum Reichsarbeitsdienst (RAD) oder Kriegshilfsdienst (KHD) gezwungen. Bis heute ist sie im Comité du Souvenir aktiv.
1988 starb ihr Mann im Alter von 64 Jahren, ihre älteste Tochter Mady erlag mit 52 Jahren einem Gehirntumor. Maria Ginter-Bonichaux verließ ihr Haus in Rodange und zog in eine kleine Wohnung in Petingen, wo sie heute ihre Gäste empfängt: Dazu gehören ihre zweite Tochter Annita (66) sowie die Urenkel Martin (7) und Robin (10).
Wie schafft man es, so alt zu werden und mit 100 Jahren noch so fit zu sein? „Ich habe nie geraucht, nie Alkohol getrunken, habe mich nicht geschminkt, normal gegessen und war viel zu Fuß unterwegs“, antwortet Maria Ginter-Bonichaux. Außerdem engagiere sie sich viel im sozialen Bereich. „Ich koche noch selbst, ich bügele und ich gehe alleine einkaufen.“Am liebste lese sie Krimis. „Da kann ich viel nachdenken und rätseln, wer denn nun der Mörder ist.“