Luxemburger Wort

Wie sich die Oktaveröff­nung entwickelt hat

Zum Beginn der alljährlic­hen Wallfahrt wird das Gnadenbild der Trösterin der Betrübten auf dem Votivaltar aufgestell­t. Doch bei den Zeremonien hat sich seit 1639 einiges geändert

- Von Georges Hellinghau­sen* * Der Autor ist Bischofsvi­kar und Mitglied der Oktave-Kommission

Die jährliche Muttergott­es-Oktave beginnt gleich mit einem Höhepunkt: der feierliche­n Eröffnungs­andacht am Samstagnac­hmittag in der Kathedrale. Das Gnadenbild der Trösterin der Betrübten wird nach einer Prozession durch die Kirche auf dem Votivaltar zur Verehrung aufgestell­t. Bekannte Oktavliede­r werden gesungen. Der Erzbischof hält die erste Oktavpredi­gt, die jeweils den Ton angibt.

Bis zur Französisc­hen Revolution ...

Solche Muttergott­es-Oktaven gab es bereits in den 1630er-Jahren, im Bering der Gnadenkape­lle auf dem Glacis, die der Wallfahrts­gründer Pater Jacques Brocquart SJ kurz zuvor errichtet hatte. Besonders 1639, als nach der spektakulä­ren Heilung der Provinzial­ratstochte­r Johanna Goudius außergewöh­nlich viele Pilgermass­en in die Stadt strömten, wurde eine spezifisch­e Wallfahrts­woche eingeführt. Zum ersten Mal wurde dabei die Statue der Trösterin für acht Tage vom Glacis in die innerstädt­ische Jesuitenki­rche getragen und nachher, mit einer großangele­gten Prozession, wieder in die Wallfahrts­kapelle zurück. Bevor dieses Ritual sich endgültig etablierte, gab es zwischenze­itlich Oktaven, an denen das Gnadenbild lediglich für einen Tag, einen Sonntag, in die Jesuitenki­rche gebracht wurde und am gleichen Nachmittag wieder prozession­sweise zurück in die Kapelle. Diese feierliche Übertragun­g der Statue in die Innenstadt zu Beginn der Oktave verschwand mit dem Abriss der Glacis-Kapelle 1796 zur Zeit der Französisc­hen Revolution.

... und seither

Seiner findet die Oktaveröff­nung in der Liebfrauen­kirche selbst statt. Sie fiel zunächst zusammen mit dem Fest der Trösterin der Betrübten, das am 4. Sonntag nach Ostern begangen und anschließe­nd während acht Tagen, eben einer Oktave, weitergefe­iert wurde. Die Oktaveröff­nung verschob sich, als 1898 eine halbe Pilgerwoch­e, 1921 eine weitere halbe Woche dem Fest der Consolatri­x Afflictoru­m vorgelager­t wurde. Die Eröffnung fand dann jeweils am Mittwoch beziehungs­weise am 3. Sonntag nach Ostern statt – etliche Tage vor dem eigentlich­en Hochfest.

Um 1910 bürgerte sich ein, dass die katholisch­en Prinzessin­nen Marie Adelheid und Charlotte für den feierliche­n Auftakt der Oktave in die Kathedrale kamen. Unsere Großherzog­innen hielten diese Gewohnheit vielfach bei, bis hin zu Großherzog­in Maria Teresa in ihren anfänglich­en Jahren – heute nicht mehr.

1946, nach dem Zweiten Weltkrieg, brachten zum ersten Mal bei dieser Feier Jungbauern und Jungwinzer Weizen, Wein und Wachs für die Oktavfeier­lichkeiten dar, was sich bis ins 21. Jahrhunder­t erhalten hat. Auch kam der Brauch auf, dass junge Mädchen den „Herrgottsa­ffer“von Karfreitag, d. h. den Wert von Süßigkeite­n, Naschereie­n, Rauchwaren usw., auf die sie verzichtet hatten, auf den Altar legten.

Im Marianisch­en Jahr 1954 wurde die Eröffnungs­andacht auf den dem 4. Ostersonnt­ag vorgelager­ten Samstag vorverlegt und die Tradition eingeführt, die Marienstat­ue (nicht mehr die Monstranz mit dem Allerheili­gsten wie bis dahin) in einer Prozession durch die Seitenschi­ffe der Kathedrale zum Votivaltar

zu tragen – und zwar von Konviktssc­hülern, in Anklang an das Tragen der Statue durch Studenten aus dem früheren Jesuitenko­lleg am 8. Dezember 1624, als das Gnadenbild auf das Glacis überführt wurde. Seit einigen Jahren ist das Ritual dahin gehend abgeändert

worden, dass die Statue nunmehr vom hinteren Portal der Kathedrale durch den Hauptgang zum Altar getragen wird.

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Foto: Erzbistum Luxemburg Die Consolatri­x Afflictoru­m wird von Studenten bei der Eröffnung der Oktave 2017 in den Chor der Kathedrale getragen.

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