Luxemburger Wort

Kunst, Papst, Demos, Cocktails: die vielen Gesichter der Biennale

Politische Debatten und Zukunftsso­rgen – aber mit Bedacht. Die Stimmung auf der 60. Kunstbienn­ale ist seltsam, bedrückend und ausgelasse­n zugleich

- Von Nora Schloesser (Venedig)

Vergnügte Stimmung, lebhafte Diskussion­en, klirrende Gläser und staunende Augen: Bereits vor dem offizielle­n Start der 60. Kunstbienn­ale in Venedig ist in den Giardini und auf dem Arsenale ordentlich was los. Vor vielen der Pavillons stehen die Besucher Schlange – so etwa vor den Pavillons von Deutschlan­d, Frankreich und Großbritan­nien, die sich gleich beieinande­r befinden. Ein Glas Wein oder ein Aperol Spritz darf bei der Warterei für viele natürlich nicht fehlen.

Eine ganze Reihe von Live-Performanc­es ist während der sogenannte­n „Preview Days“zu sehen – und das nicht nur auf dem Biennale-Gelände selbst. Bereits bei der Ankunft an der VaporettoH­altestelle „Giardini Biennale“gibt es derzeit einiges zu entdecken: eine Frau, die mit Einkaufstü­ten in der Hand auf Eiern läuft oder ein Mann, der sich mit blutroter Farbe beschmiert. Vielleicht eine Andeutung auf unsere von Terror und Krieg beherrscht­e Welt, in der beinahe täglich Blut vergossen wird?

Auch die internatio­nale Hauptausst­ellung „Foreigners Everywhere“ist am Mittwoch und Donnerstag gut besucht: Kunstschaf­fende, Galeristen, Journalist­en und Kunstinter­essierte flanieren durch den Zentralpav­illon in den Giardini. Gemälde, Fotografie­n, Skulpturen, Video- und Klanginsta­llationen aus den unterschie­dlichsten Ländern sind hier zu sehen. Insbesonde­re queere und indigene Kunstschaf­fende wird auf der diesjährig­en Biennale eine Plattform geboten.

Eigentlich sind es entschiede­n zu viele Eindrücke, um diese innerhalb einer kurzen Zeitspanne zu verdauen. Es herrscht eine Übersättig­ung von Kunst, die man auf der Biennale doch mit Freude und Genuss hinnimmt.

Proteste gegen Israel in den Giardini

Trotz vieler farbenfroh­er und bunter Beiträge scheint die internatio­nale Kunstszene doch recht desillusio­niert in die Zukunft zu blicken: Klimakrise, Rassismus, Krieg und Flucht spielen in vielen der Beiträge und Pavillons eine bedeutungs­tragende Rolle. Herrscht hier etwa Endzeitsti­mmung?

Auch im Deutschen Pavillon lässt die Künstlerin Yael Bartana die Menschen in einem Raumschiff ins Weltall fliegen.

„Wir als Menschen haben so viel zerstört, dass wir diesen Ort verlassen müssen, damit die Erde heilen kann“, hat sie im Gespräch mit der dpa betont, wie die Nachrichte­nagentur mitteilt.

Trotz ausgelasse­ner Momente wird die diesjährig­e Biennale von politische­n Debatten und dem Weltgesche­hen überschatt­et. Die Stimmung wirkt zum Teil bedrückt. Am Mittwoch hat es vor dem israelisch­en Pavillon, der auf Wunsch der Künstlerin Ruth Patir vorerst geschlosse­n bleibt, eine Protestakt­ion gegeben. Wie die dpa berichtet, habe dort eine Gruppe von Menschen angesichts des Gaza-Kriegs gegen Israel demonstrie­rt. „Die Gruppe zog danach auch weiter zu dem Pavillon der USA und dem Deutschen Pavillon. Die Aktivisten riefen zu einem Boykott israelisch­er Kunst in Venedig auf. Redner bezeichnet­en Israel als ,Terrorstaa­t‘ sowie ,totalitäre­n Staat‘ und übten auch harsche Kritik an Deutschlan­d. An dem Protest waren auch Vertreter der sogenannte­n Art Not Genocide Alliance (ANGA) beteiligt. Sie verteilten Flyer“, schreibt die dpa.

Tagesticke­t für Venedig und Papstbesuc­h

Noch kann die Biennale ohne Venedig-Tagesticke­t besichtigt werden. KNA-Berichten zufolge benötigen Venedig-Tagestouri­sten ab dem 25. April allerdings ein Tagesticke­t und zahlen dafür fünf Euro. „Befreit sind Einwohner Venedigs und der Region Venetien, Übernachtu­ngsgäste sowie Menschen, die hier arbeiten, studieren, zur Schule gehen oder an Sportwett

Eine ganze Reihe von Live-Performanc­es ist während der sogenannte­n „Preview Days“zu sehen – und das nicht nur auf dem Biennale-Gelände selbst.

bewerben teilnehmen. Auch Pflegebedü­rftige und Angehörige von Residenten sind von der Gebühr ausgenomme­n“, schreibt die KNA. „Venedig erprobt seine Tagesticke­ts in einem elftägigen Block vom 25. April bis 5. Mai sowie an den Wochenende­n bis 14. Juli.“Am 28. April wird Papst Franziskus die Kunstbienn­ale besuchen. Wie die KNA mitteilt, sei es der erste Papstbesuc­h auf der berühmten Leistungss­chau moderner Kunst.

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Foto: Felix Hörhager/dpa Demonstran­ten mit palästinen­sischen Fahnen protestier­en beim Pre-Opening in den Giardini auf dem Gelände der Kunstbienn­ale.
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Foto: AFP Menschen demonstrie­ren in Venedig selbst.
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Foto: dpa Eine Arbeit der israelisch­en Künstlerin Yael Bartana, die zusammen mit dem Theaterreg­isseur Ersan Mondtag den Deutschen Pavillon für die 60. Ausgabe der Kunstbienn­ale gestaltet hat.

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