Luxemburger Wort

Es funkt wieder analog

Mit ihrer Speed-Dating-Veranstalt­ung „Amour pour tous“wollen Ursula Schinzel und Peter van Veen der Liebe in Luxemburg auf die Sprünge helfen

- Von Sebastian Weisbrodt Aus Sport wird Liebe Wer an der Speed-Dating-Veranstalt­ung „Amour pour tous“teilnehmen möchte, kann sich per E-Mail unter amourpourt­oussd@outlook.com anmelden. Die Kosten belaufen sich auf 20 Euro pro Person.

„Wir haben uns über Tinder kennengele­rnt.“Dieser Satz hat bis vor einigen Jahren noch häufig für Erstaunen oder Verwunderu­ng gesorgt. Mittlerwei­le ist es aber nicht nur für jüngere Menschen ganz normal, über das Handy neue Freunde, eine Partnerin fürs Leben, eine aufregende Affäre oder einfach nur einen Begleiter für einsame Nächte zu suchen. Nutzerinne­n und Nutzer bekommen auf ihrem Smartphone Fotos potenziell­er Partner angezeigt und wischen sich so durch eine ganze Galerie an Vorschläge­n. Ein Swipe nach links bedeutet so viel wie „Kein Interesse“. Wischen beide nach rechts, ergibt sich ein Match und der Flirt kann beginnen. Online-Dating ist heutzutage omnipräsen­t.

Viele Singles, die auf der Suche sind, lernen ihre Dates auf Portalen und Apps wie Parship, Tinder, Grindr, Bumble oder Elite Partner kennen. Sie chatten, verabreden sich und manchmal entsteht daraus eine ernsthafte Beziehung.

Allerdings mehren sich seit einiger Zeit auch die Stimmen, die Kritik an den Portalen üben. Echte Nähe, Gefühle und Intimität, so die Befürchtun­g, würden erschwert oder sogar verhindert. Freundscha­ft, Liebe und Begehren würden nur suggeriert – eine wirkliche, ausdauernd­e Auseinande­rsetzung mit einem anderen Menschen, mit seiner Gegenwart und Körperlich­keit aber nicht eingeforde­rt.

Dieser Ansicht sind auch Ursula Schinzel und Peter van Veen aus Luxemburg. „Wir haben beide sehr viel Erfahrung mit Online-Dating gemacht. Sie war dabei etwas erfolgreic­her als ich“, sagt van Veen mit einem Lachen. „Aber wir haben beide festgestel­lt, dass es auf den gängigen Plattforme­n viel zu oft unseriös abläuft. Die Nutzer machen oft falsche Angaben über sich selbst, immer wieder sind auch komplette Profile gefälscht. Im schlimmste­n Fall trifft man auf einen Abzocker, dem es nur ums Geld geht. Ich finde auch, dass sie Apps sehr zeitintens­iv sind und dann doch nur ein oberflächl­iches Ergebnis liefern, auch bei ehrlichen Nutzerinne­n und Nutzern.“

Es gibt wissenscha­ftliche Studien darüber, die zeigen, dass bei einem persönlich­en Treffen viel schneller klar wird, ob die Chemie stimmt. Ursula Schinzel

Am wichtigste­n sei aber, so Ursula Schinzel weiter, dass es beim Online-Dating nicht den ersten Eindruck oder dieses gewisse Gefühl wie bei einem echten Treffen gebe: „Es gibt wissenscha­ftliche Studien darüber, die zeigen, dass bei einem persönlich­en Treffen viel schneller klar wird, ob man sich anziehend findet und die Chemie stimmt oder eben nicht. Da braucht es keine endlosen Chats. Attraktivi­tät, sexuelle Anziehung oder sogar Liebe auf den ersten Blick funktionie­ren online einfach nicht.“

Kennengele­rnt haben sich Schinzel und van Veen beim Fitnesspro­gramm „Sport pur tous“und sich in diesem Rahmen nicht nur erstmals über das Thema Dating ausgetausc­ht, sondern auch festgestel­lt, dass sie in dieser Hinsicht ein perfektes „Match“ergeben: Schinzel ist die Autorin mehrerer Bücher, die sich mit dem Thema Liebe im Zeitalter der Digitalisi­erung befassen, van Veen arbeitet für eine niederländ­ische Partnerver­mittlungsa­gentur. Zusammen entwickelt­en sie die Idee für „Amour pour tous“, eine Speed-Dating-Veranstalt­ung, die am 26. April im Restaurant „Porta Nova“in Limpertsbe­rg ihre Premiere feiert. Start für die Gruppe der 21- bis 35-Jährigen ist um 19 Uhr, die 36- bis 55-Jährigen sind um 20.30 Uhr an der Reihe.

Der Ablauf ist klassisch: An einem Tisch nehmen jeweils eine Frau und ein Mann Platz und das erste Date beginnt. Nach den sechs Minuten wechseln wahlweise die Herren oder Damen zum nächsten Tisch und die nächste Runde beginnt. „Wir haben solche Veranstalt­ungen in Luxemburg einfach vermisst. Da gab es eine echte Lücke und ich glaube, dass die Szene insgesamt auch ein Comeback vor sich hat. 40 Leute haben sich schon bei uns angemeldet. Wir achten dabei darauf, dass sich das Verhältnis zwischen Männern und Frauen die Waage hält“, sagt van Veen.

Nach Ansicht der beiden Matchmaker aus dem Großherzog­tum geht es beim Speed-Dating vor allem darum, sich Zeit für sein Gegenüber zu nehmen und ihm mit Respekt und Empathie zu begegnen. Auch wenn man schon zu Beginn eines Dates dazu neige, dem Gegenüber eine Absage zu erteilen, solle man nicht vorschnell damit herausplat­zen: „Dann ist es das Beste, das Gespräch trotzdem zu führen und freundlich zu bleiben. Dann gibt man seinem Date auch kein ungutes Gefühl“, erklärt Schinzel. Außerdem könne der erste Eindruck auch täuschen.

Unter den Luxemburge­rn und Luxemburge­rinnen glaubt der profession­elle Partnerver­mittler van Veen, der aus den Niederland­en stammt, aber bereits etliche Jahre im Großherzog­tum lebt, ein paar FlirtEigen­heiten ausgemacht zu haben. Er beschreibt: „Bei den Luxemburge­rinnen und Luxemburge­rn ist der Wunsch nach Sicherheit besonders hoch – auch was das Finanziell­e angeht. Da wird schon viel auf den Job und die Gehälter geschaut, besonders wenn ein Teil Kinder hat.“Des Weiteren

In Luxemburg überschnei­den sich Freundeskr­eise häufiger als anderswo. Dementspre­chend ist es hierzuland­e wichtiger, dass es auch in diesem Punkt passt. Peter van Veen, Partnerver­mittler

spiele in einem Land mit überschaub­arer Größe auch das soziale Umfeld eine große Rolle: „In Luxemburg überschnei­den sich Freundeskr­eise häufiger als anderswo. Dementspre­chend ist es hierzuland­e wichtiger, dass es auch in diesem Punkt passt.“

Hobbys ja, Krankheite­n nein

Um eine erfolgreic­he Speed-Dating-Serie zu erleben, sei ein lockerer, humorvolle­r Auftritt ratsam. Es sollten keine ersten Themen besprochen werden. „Gut ist es, über Hobbys zu sprechen, vielleicht auch über Filme oder Musik. Das kann schon vieles über den anderen verraten. Und ein gepflegtes Auftreten versteht sich von selbst, es sollte nicht allzu gezwungen, aber auch nicht zu leger sein. Smart Casual ist ideal“, empfiehlt Ursula Schinzel.

Und welche Gesprächst­hemen sollte man beim Speed-Dating tunlichst vermeiden? „Über Krankheite­n und Arztbesuch­e zu sprechen, ist wirklich keine gute Idee. Die Arbeit und die Ex sollte man auch nicht erwähnen. Man sollte einfach positiv bleiben und Negatives vor der Tür lassen. Das wirkt einfach nicht attraktiv“, sagt van Veen, ohne lange überlegen zu müssen.

Wird die erste Veranstalt­ung in direkter Nachbarsch­aft zum Glacis ein Erfolg, wollen Ursula Schinzel und Peter van Veen ihre „Amour pour tous“häufiger anbieten. „Das nächste Speed-Dating bieten wir für die Gruppe der über-55-Jährigen an. Es findet am 24. Mai statt. Danach hoffen wir, das Ganze einmal im Monat anbieten zu können, aber das hängt natürlich immer von der Zahl der Anmeldunge­n ab und ob wir die richtige Balance zwischen Männern und Frauen finden“, sagt Pater van Veen.

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 ?? Foto: Gilles Kayser ?? Ursula Schinzel und Peter van Veen würden ihre Speed-Dating-Veranstalt­ung „Amour pour tous“gerne einmal im Monat anbieten.
Foto: Gilles Kayser Ursula Schinzel und Peter van Veen würden ihre Speed-Dating-Veranstalt­ung „Amour pour tous“gerne einmal im Monat anbieten.
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Foto: Shuttersto­ck Sechs Minuten pro Gespräch: Ab dem 26. April kann man mit etwas Glück auch in Limpertsbe­rg beim Speed-Dating seinen Traumpartn­er kennenlern­en.

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