Es funkt wieder analog
Mit ihrer Speed-Dating-Veranstaltung „Amour pour tous“wollen Ursula Schinzel und Peter van Veen der Liebe in Luxemburg auf die Sprünge helfen
„Wir haben uns über Tinder kennengelernt.“Dieser Satz hat bis vor einigen Jahren noch häufig für Erstaunen oder Verwunderung gesorgt. Mittlerweile ist es aber nicht nur für jüngere Menschen ganz normal, über das Handy neue Freunde, eine Partnerin fürs Leben, eine aufregende Affäre oder einfach nur einen Begleiter für einsame Nächte zu suchen. Nutzerinnen und Nutzer bekommen auf ihrem Smartphone Fotos potenzieller Partner angezeigt und wischen sich so durch eine ganze Galerie an Vorschlägen. Ein Swipe nach links bedeutet so viel wie „Kein Interesse“. Wischen beide nach rechts, ergibt sich ein Match und der Flirt kann beginnen. Online-Dating ist heutzutage omnipräsent.
Viele Singles, die auf der Suche sind, lernen ihre Dates auf Portalen und Apps wie Parship, Tinder, Grindr, Bumble oder Elite Partner kennen. Sie chatten, verabreden sich und manchmal entsteht daraus eine ernsthafte Beziehung.
Allerdings mehren sich seit einiger Zeit auch die Stimmen, die Kritik an den Portalen üben. Echte Nähe, Gefühle und Intimität, so die Befürchtung, würden erschwert oder sogar verhindert. Freundschaft, Liebe und Begehren würden nur suggeriert – eine wirkliche, ausdauernde Auseinandersetzung mit einem anderen Menschen, mit seiner Gegenwart und Körperlichkeit aber nicht eingefordert.
Dieser Ansicht sind auch Ursula Schinzel und Peter van Veen aus Luxemburg. „Wir haben beide sehr viel Erfahrung mit Online-Dating gemacht. Sie war dabei etwas erfolgreicher als ich“, sagt van Veen mit einem Lachen. „Aber wir haben beide festgestellt, dass es auf den gängigen Plattformen viel zu oft unseriös abläuft. Die Nutzer machen oft falsche Angaben über sich selbst, immer wieder sind auch komplette Profile gefälscht. Im schlimmsten Fall trifft man auf einen Abzocker, dem es nur ums Geld geht. Ich finde auch, dass sie Apps sehr zeitintensiv sind und dann doch nur ein oberflächliches Ergebnis liefern, auch bei ehrlichen Nutzerinnen und Nutzern.“
Es gibt wissenschaftliche Studien darüber, die zeigen, dass bei einem persönlichen Treffen viel schneller klar wird, ob die Chemie stimmt. Ursula Schinzel
Am wichtigsten sei aber, so Ursula Schinzel weiter, dass es beim Online-Dating nicht den ersten Eindruck oder dieses gewisse Gefühl wie bei einem echten Treffen gebe: „Es gibt wissenschaftliche Studien darüber, die zeigen, dass bei einem persönlichen Treffen viel schneller klar wird, ob man sich anziehend findet und die Chemie stimmt oder eben nicht. Da braucht es keine endlosen Chats. Attraktivität, sexuelle Anziehung oder sogar Liebe auf den ersten Blick funktionieren online einfach nicht.“
Kennengelernt haben sich Schinzel und van Veen beim Fitnessprogramm „Sport pur tous“und sich in diesem Rahmen nicht nur erstmals über das Thema Dating ausgetauscht, sondern auch festgestellt, dass sie in dieser Hinsicht ein perfektes „Match“ergeben: Schinzel ist die Autorin mehrerer Bücher, die sich mit dem Thema Liebe im Zeitalter der Digitalisierung befassen, van Veen arbeitet für eine niederländische Partnervermittlungsagentur. Zusammen entwickelten sie die Idee für „Amour pour tous“, eine Speed-Dating-Veranstaltung, die am 26. April im Restaurant „Porta Nova“in Limpertsberg ihre Premiere feiert. Start für die Gruppe der 21- bis 35-Jährigen ist um 19 Uhr, die 36- bis 55-Jährigen sind um 20.30 Uhr an der Reihe.
Der Ablauf ist klassisch: An einem Tisch nehmen jeweils eine Frau und ein Mann Platz und das erste Date beginnt. Nach den sechs Minuten wechseln wahlweise die Herren oder Damen zum nächsten Tisch und die nächste Runde beginnt. „Wir haben solche Veranstaltungen in Luxemburg einfach vermisst. Da gab es eine echte Lücke und ich glaube, dass die Szene insgesamt auch ein Comeback vor sich hat. 40 Leute haben sich schon bei uns angemeldet. Wir achten dabei darauf, dass sich das Verhältnis zwischen Männern und Frauen die Waage hält“, sagt van Veen.
Nach Ansicht der beiden Matchmaker aus dem Großherzogtum geht es beim Speed-Dating vor allem darum, sich Zeit für sein Gegenüber zu nehmen und ihm mit Respekt und Empathie zu begegnen. Auch wenn man schon zu Beginn eines Dates dazu neige, dem Gegenüber eine Absage zu erteilen, solle man nicht vorschnell damit herausplatzen: „Dann ist es das Beste, das Gespräch trotzdem zu führen und freundlich zu bleiben. Dann gibt man seinem Date auch kein ungutes Gefühl“, erklärt Schinzel. Außerdem könne der erste Eindruck auch täuschen.
Unter den Luxemburgern und Luxemburgerinnen glaubt der professionelle Partnervermittler van Veen, der aus den Niederlanden stammt, aber bereits etliche Jahre im Großherzogtum lebt, ein paar FlirtEigenheiten ausgemacht zu haben. Er beschreibt: „Bei den Luxemburgerinnen und Luxemburgern ist der Wunsch nach Sicherheit besonders hoch – auch was das Finanzielle angeht. Da wird schon viel auf den Job und die Gehälter geschaut, besonders wenn ein Teil Kinder hat.“Des Weiteren
In Luxemburg überschneiden sich Freundeskreise häufiger als anderswo. Dementsprechend ist es hierzulande wichtiger, dass es auch in diesem Punkt passt. Peter van Veen, Partnervermittler
spiele in einem Land mit überschaubarer Größe auch das soziale Umfeld eine große Rolle: „In Luxemburg überschneiden sich Freundeskreise häufiger als anderswo. Dementsprechend ist es hierzulande wichtiger, dass es auch in diesem Punkt passt.“
Hobbys ja, Krankheiten nein
Um eine erfolgreiche Speed-Dating-Serie zu erleben, sei ein lockerer, humorvoller Auftritt ratsam. Es sollten keine ersten Themen besprochen werden. „Gut ist es, über Hobbys zu sprechen, vielleicht auch über Filme oder Musik. Das kann schon vieles über den anderen verraten. Und ein gepflegtes Auftreten versteht sich von selbst, es sollte nicht allzu gezwungen, aber auch nicht zu leger sein. Smart Casual ist ideal“, empfiehlt Ursula Schinzel.
Und welche Gesprächsthemen sollte man beim Speed-Dating tunlichst vermeiden? „Über Krankheiten und Arztbesuche zu sprechen, ist wirklich keine gute Idee. Die Arbeit und die Ex sollte man auch nicht erwähnen. Man sollte einfach positiv bleiben und Negatives vor der Tür lassen. Das wirkt einfach nicht attraktiv“, sagt van Veen, ohne lange überlegen zu müssen.
Wird die erste Veranstaltung in direkter Nachbarschaft zum Glacis ein Erfolg, wollen Ursula Schinzel und Peter van Veen ihre „Amour pour tous“häufiger anbieten. „Das nächste Speed-Dating bieten wir für die Gruppe der über-55-Jährigen an. Es findet am 24. Mai statt. Danach hoffen wir, das Ganze einmal im Monat anbieten zu können, aber das hängt natürlich immer von der Zahl der Anmeldungen ab und ob wir die richtige Balance zwischen Männern und Frauen finden“, sagt Pater van Veen.