Lewis Hamilton und Mercedes befinden sich im „Niemandsland“
Der siebenfache Weltmeister fährt mit den Silberpfeilen derzeit den Erwartungen hinterher. Seine Hoffnungen auf einen weiteren Titel ruhen ab nächster Saison auf Ferrari
Es hatte sich noch kein Rad in der neuen Saison gedreht, als sich die Nachricht wie ein Lauffeuer in der Formel 1 verbreitete. Lewis Hamilton wird 2025 für Ferrari an den Start gehen. Erste Gerüchte über einen möglichen Wechsel waren bereits im Laufe der vergangenen Saison aufgetaucht. Der siebenfache Weltmeister setzte diesen im August ein Ende und erklärte, dass er seinen bestehenden Vertrag mit Mercedes um weitere zwei Jahre verlängert habe.
Umso überraschender waren der Sinneswandel sowie Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wechsels. So wollen gut unterrichtete Kreise wissen, dass die Entscheidung, Carlos Sainz durch Hamilton zu ersetzen, bereits zum Ende des vergangenen Sommers gefallen sei. Dieser Entschluss lässt auch das mitreißende Duell zwischen Sainz und seinem Teamkollegen Charles Leclerc in Monza in einem anderen Licht erscheinen.
Seit 2013 fährt Hamilton für Mercedes. Wie die ehemaligen Weltmeister Fernando Alonso und Sebastian Vettel, will sich der mittlerweile 39-jährige Brite den Traum erfüllen, Fahrer für Ferrari zu sein und den roten Overall mit dem gelben Wappen und dem springenden schwarzen Pferd zu tragen. Der Wechsel eines solch erfolgreichen Piloten, der zudem noch eine der schillerndsten Persönlichkeiten in der Formel 1 ist, wirft seine Schatten voraus. Für den 103-fachen Grand-Prix-Gewinner ist es eine seltsame Situation, 2025 beim direk
ten Gegner anzutreten und nicht mehr in einem Silberpfeil.
Spätestens nach der Sommerpause beginnen die Planungen für das neue Jahr. In diese wird Hamilton nicht mehr mit einbezogen, denn irgendwann wird er die Gespräche mit Ferrari aufnehmen müssen. Wann und wie das passieren wird, weiß er noch nicht. „Ich denke, es wird mit einem Gespräch mit Toto Wolff beginnen, weil ich nicht weiß, wie ich das steuern soll“, meinte Hamilton, der in seiner ganzen Formel-1-Laufbahn bislang erst einmal (von McLaren zu Mercedes) das Team gewechselt hat.
Zunächst richtet Hamilton den Fokus jedoch auf die laufende Saison. „Ich möchte es hier erst einmal auf einem Hoch zu Ende bringen. Natürlich freue ich mich auf die Zukunft, aber derzeit stecken wir in einer schwierigen Situation. Wir müssen herausfinden, wie wir wieder an die Spitze kommen können.“
In der Tat ist Mercedes aktuell ein großes Stück davon entfernt, wieder um Siege mitfahren zu können, geschweige denn Hamilton überhaupt die Möglichkeit zu bieten, um den ersehnten achten WM-Titel kämpfen zu können. „Wir haben ein schwieriges Auto und bereits kleine Änderungen führen dazu, dass es aus dem Arbeitsfenster fällt. Es gibt keine einfache Lösung, da es sich um ein komplexes Zusammenspiel wichtiger Teile am Auto handelt“, gibt Hamilton zu bedenken.
In den ersten vier Rennen der Saison blieb Mercedes ohne einen einzigen Podiumsplatz. Das gab es seit 2011 nicht mehr. Damals schaffte man während der ganzen Saison kein einziges Mal den Sprung aufs Treppchen. Der letzte Sieg liegt ebenfalls eine gefühlte Ewigkeit zurück. George Russell gewann 2022 in Brasilien.
„Wenn die Erwartung darin besteht, endlich um Siege und Meisterschaften zu kämpfen, dann kann man sagen, dass wir uns in einem Niemandsland befinden“, brachte Teamchef Toto Wolff die aktuelle Lage auf den Punkt. „Wir versuchen, das Beste aus dieser Realität zu machen. Das ist, unsere direkten Konkurrenten zu schlagen, während wir anerkennen, dass jemand einfach einen besseren Job macht“, dämpft der Österreicher alle möglichen Erwartungen im Vorfeld des Grand Prix von China (Start am Sonntag um 9 Uhr Luxemburger Zeit, Sprint am morgigen Samstag um 5 Uhr).
Angesichts der aktuellen Situation dürfte Hamiltons letzter WM-Zug mit Mercedes abgefahren sein. Die Hoffnungen auf die Krönung einer mehr als eindrucksvollen Karriere durch einen achten Titel ruhen demnach auf seinem neuen Arbeitgeber. Denn hinter den überlegenen Red Bull stand bei allen bisherigen vier Rennen 2024 immer ein Ferrari-Pilot auf dem Podium.
Wir müssen herausfinden, wie wir wieder an die Spitze kommen können. Lewis Hamilton über Mercedes