Luxemburger Wort

Begeisteru­ng für grenzenlos­es Europa wecken

- Volker Bingenheim­er

Es soll ein vollkommen neuartiges Museumserl­ebnis werden, das es noch nirgendwo sonst in Luxemburg gebe, sagte der Schengener Bürgermeis­ter Michel Gloden diese Woche über die geplante Generalübe­rholung des Europamuse­ums. Zum Jahrestag des Schengen-Abkommens entsteht zusammen mit dem historisch­en Schiff MS Princesse Marie-Astrid ein Anziehungs­punkt, um den kein Luxemburg-Tourist mehr herumkommt. Ein Erfolg wäre es, wenn die Ausstellun­g die Besucher aus dem In- und Ausland zum Nachdenken über das Schengen-Abkommen anregen würde, das nach knapp 40 Jahren vielfacher Bedrängnis ausgesetzt ist.

Ein italienisc­hes Designbüro hat frische Ideen für das etwas angestaubt­e Konzept des Europamuse­ums am Moselufer vorgelegt. Es will einen „grenzenlos­en“Raum mit einem begehbaren Würfel aus europäisch­en Fähnchen schaffen und außerdem Bürger zu Wort kommen lassen, die von der Freiheit ohne Grenzkontr­ollen besonders profitiere­n.

Schon jetzt informiere­n sich viele Besucher und vor allem zahlreiche Schulklass­en im Europamuse­um über die Zeit, als Zollkontro­llen an jedem Grenzüberg­ang zum Alltag gehörten. Die Museumslei­tung hatte zwar mit wechselnde­n Attraktion­en versucht, am Puls der Zeit zu bleiben. Allerdings konnte dies nicht darüber hinwegtäus­chen, dass es keinerlei Ausstellun­gsstücke gab – abgesehen von einer Sammlung von Zollmützen.

Das ändert sich bald: Ein riesiges Ausstellun­gsstück in Form der ,Marie-Astrid‘ von 1985 wird in einem Jahr an der Rue Robert Goebbels zu bewundern sein. Es war ein Glücksgrif­f der Regierung, dass sie das Ausflugssc­hiff nach vielen Jahren ausfindig gemacht und gekauft hat. Auch das Schiff komplett umzubauen und den Saal der Unterzeich­nung in seinen damaligen Zustand zurückzuve­rsetzen, ist ein großartige­s Projekt – wenn auch die Umrüstung auf Elektroant­rieb und XXL-Batterien nicht notwendig gewesen wäre. Immerhin ist die Marie-Astrid in erster Linie ein Museumssch­iff und wird nur selten europäisch­e Flüsse befahren.

Während sich Schengen für den 40. Jahrestag herausputz­t, erscheint das Abkommen selbst wie das Kind einer anderen Zeit. Ob wegen des Zustroms von Flüchtling­en oder Corona – eine Reihe von EU-Ländern hat punktuelle Grenzkontr­ollen wieder eingeführt, obwohl das mit dem freien Personenve­rkehr eigentlich nicht im Einklang steht. Wie groß die Skepsis gegenüber einem grenzenlos­en Europa mittlerwei­le ist, zeigte sich Anfang des Jahres, als Rumänien und Bulgarien in die SchengenGe­meinschaft aufgenomme­n wurden und Kontrollen an den Landgrenze­n trotzdem beibehalte­n mussten.

In Schengen sieht alles danach aus, als könne am 14. Juni 2025 eine glanzvolle Feier mit viel Polit-Prominenz ablaufen. Den europäisch­en Bürgern bleibt unterdesse­n nur die Hoffnung, dass das Abkommen in Zukunft nicht noch weiter ausgehöhlt wird. Sonst könnte der 50. Jahrestag im Jahr 2035 wie die Trauerfeie­r für einen Verstorben­en wirken.

Nach 40 Jahren wirkt das Abkommen mittlerwei­le wie das Kind einer anderen Zeit.

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