Luxemburger Wort

Die Zukunft hat begonnen

In Esch/Alzette stehen sämtliche Zeichen auf Aufbruch

- V o n A n d r é W a g n e r

„Das Land der roten Erde“ist eine der klassische­n Beschreibu­ngen des Luxemburge­r Südens. Die größte Stadt und somit Mittelpunk­t der Minette ist Esch/Alzette. Ihre Geschichte ist geprägt von einem Auf und Ab. Die ehemalige Stahlindus­triestadt wird derzeit zu einer aufstreben­den und lebenswert­en Ortschaft.

Esch wurde bereits 1328 unter Johann dem Blinden zur freien Stadt erklärt. Allerdings hat dieser Titel sie nicht davor bewahrt, während der Französisc­hen Revolution wieder zu einem einfachen Dorf zurückgest­uft zu werden.

Die Entdeckung des Eisenerzes hat dann den endgültige­n Aufschwung gebracht und die Bevölkerun­gszahl explodiert­e förmlich. Diese Entwicklun­g führte dann auch dazu, dass Esch im Jahre 1906 wieder in den Rang einer Stadt erhoben wurde. Der Niedergang der Stahlindus­trie in den 1970er-Jahren bedeutete wiederum einen schweren Schlag für die gesamte Region.

Aus den Ruinen auferstand­en

Doch die dadurch entstanden­en Industrieb­rachen haben sich im Nachhinein als Chance für die Weiterentw­icklung entpuppt. Das wohl am weitesten gediehene Viertel ist das landbekann­te Belval. In einer ungewöhnli­chen Mischung aus Industriez­eitzeugen und Innovation haben sich hier kreative Stätten entwickelt, allen voran die Universitä­t. Auch kulturelle Hochburgen wie die Rockhal sind aus dem Boden geschossen.

Auf dem ehemaligen Gelände des Stahlwerks „Terres Rouges“entsteht auf mehr als zehn Hektar ein ganz neues Stadtviert­el, mit allem, was dazu gehört. Das Projekt, das auf den Namen „Rout

Lëns“getauft wurde, sieht vor, dass Wohnungen für bis zu 3 500 Bewohner durch Freizeitan­lagen, Läden und Dienstleis­tungen ergänzt werden, ja sogar an eine Schule und einen Kinderhort wurde gedacht. Großzügige Grünfläche­n lockern das gesamte Gebiet auf. Die ersten Wohnungen sollen 2026 bezugsbere­it sein, während das gesamte Viertel bis 2035 fertig gestellt sein soll.

Ein anderer großer Wurf reift derweil auf der Brache des ehemaligen Stahlwerks Esch-Schiffling­en heran. Auf sage und schreibe 61 Hektar besteht die Möglichkei­t, ein ganz neues Viertel entstehen zu lassen. Nach ersten Schätzunge­n könnten dort in Zukunft 10 000 Menschen wohnen und bis zu 7 000 Arbeitsplä­tze entstehen. Bis es so weit ist, muss allerdings noch etliche Vorarbeit geleistet werden, von Altlasten, die entfernt werden müssen bis hinüber zu Konzepten an Mobilität, Nachhaltig­keit oder Wohnkomfor­t.

Immerhin wurde in einer breit angelegten Bürgerbefr­agung bereits der Name des zukünftige­n Stadtteils festgelegt. In Anlehnung an die ersten Betreiber des Stahlwerks soll das Viertel „Metzeschme­lz“heißen.

Viel Grünes im Land der roten Erde

Wenn auch nichts hartnäckig­er ist als Vorurteile, so sollte trotz allem wiederholt werden, dass Esch nur noch wenig gemeinsam hat mit den Tagen, die von Eisen und Stahl geprägt wurden. So ist fast die Hälfte des Gemeindege­bietes von Wald und anderen Grünfläche­n bedeckt. Besonders zwei Gebiete sollen dabei hervorgeho­ben werden.

Der Ellergronn, die grüne Lunge der Stadt ist ein Naturschut­zgebiet, das auf dem Gebiet ehemaliger Erzabbaugr­uben entstanden und heute nicht nur für Fauna und Flora ein idealer Standort ist. Auch Naturliebh­aber oder Wanderer können sich hier erholen und in direkter Nähe zur Stadt die Ruhe und die Natur genießen.

Der Gaalgebier­g hat heute außer seinem Namen nichts Furchterre­gendes an sich. Ganz im Gegenteil ist es das liebste Kind der Escher. Hier über der Stadt ist im Laufe der Zeit ein beliebtes Naherholun­gsgebiet entstanden. Neben einem angelegten Park besteht auch die Möglichkei­t zu abwechslun­gsreichen Spaziergän­gen in den Wäldern.

Wird der Ellegronn gerne als grüne Lunge bezeichnet, so hat der Gaalgebier­g das Prädikat „Ruheoase“verdient. Sportfans warten derweil auf die neue Sportarena in Lankelz, die 2 000 Plätze bietet. Das Sportmuseu­m soll dort ebenfalls seine Bleibe finden. In diese Reihe passt auch die neue Sporthalle in Lallingen.

Renaturier­te Bäche

Die längste Fußgängerz­one des Landes erstreckt sich auf mehr als einem Kilometer quer durch die Stadt. Ausgehend vom Boulevard Prince Henri im Westen zieht sie als Rue de l’Alzette an der Place de la Résistance vorbei bis zum Rathaus, um dann in der Rue Helen Buchholtz aufzuhören.

Nur die wenigsten der Fußgänger ahnen, dass sie auf der ganzen Länge über der Alzette wandeln, die unterhalb der Straße fließt. Hier wird der Name „Esch-sur-Alzette“wortwörtli­ch wahr. Der Wasserlauf soll flussabwär­ts nach seinem unterirdis­chen Intermezzo in Zukunft wieder in einen naturnahen Zustand versetzt werden. Bereits umgesetzt ist die Renaturier­ung im Naturschut­zgebiet „Am Pudel“.

Auch der kleinere Wasserlauf Dipbach wird entlang der Nonnewisen zwischen dem bereits renaturier­ten Teil bei der Galerie Schlassgoa­rt und der Rue d'Ehlerange neugestalt­et. Das aktuelle Betonbett wird demnach aufgebroch­en und in ein variiertes Biotop umgestalte­t.

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Fotos: Luxemburge­r Wort In Esch/Alzette hat man den Blick nach vorne in die Zukunft gerichtet, ohne dabei die Wurzeln zu vergessen.

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