Luxemburger Wort

Von Luxemburg aus die Welt des Kinos erobern

Gilles Chanial und Govinda Van Maele erklären, was hinter der Arbeit von Les Films Fauves steckt. Erneut sind sie mit einer Produktion in Cannes dabei

- Von Nora Schloesser (Cannes)

„Das Kino ist ein Spiegel der Menschheit, es ist ein essenziell­er Bestandtei­l einer gesunden Gesellscha­ft. Und es ist wichtig, dass wir uns selbst sehen und reflektier­en“, betont Govinda Van Maele. Damit verweist der Luxemburge­r Filmemache­r („Gutland“, 2017) auf die Relevanz der siebten Kunst, die derzeit bei den 77. Filmfestsp­ielen in Cannes gefeiert wird.

Auch das Großherzog­tum trägt seinen Teil zu diesem wichtigen Element der Gesellscha­ft bei. Gerade in Zeiten von Krisen, Kriegen und Polemiken wie der #metoo-Debatte, können Filme nicht nur Trost, Ermunterun­g und Hoffnung liefern, vielmehr weisen sie auch auf die Missstände in unserer Gesellscha­ft hin.

Die Luxemburge­r Filmgesell­schaft Les Films Fauves, an deren Spitze Gilles Chanial und Govinda Van Maele stehen, ist dieses Jahr erneut mit einem Beitrag im offizielle­n Wettbewerb des Filmfestiv­als in Cannes vertreten: Die Koprodukti­on zwischen Frankreich, Indien, den Niederland­en und dem Großherzog­tum „All We Imagine As Light“der indischen Regisseuri­n Payal Kapadia konkurrier­t mit Schwergewi­chten des internatio­nalen Kinos wie David Cronenberg und Francis Ford Coppola um die „Palme d’Or“. Bereits 2023 waren drei Produktion­en von Les Films Fauves in Cannes zu sehen – „Los delinquent­es“, „Wang Bings „Jeunesse (Le printemps)“und „Conann“.

Doch was zeichnet Les Films Fauves eigentlich aus? Was ist die Geschichte hinter dem Luxemburge­r Filmuntern­ehmen? Und was bedeutet ihre Präsenz im Hauptwettb­ewerb von Cannes für das Großherzog­tum? Das „Luxemburge­r Wort“hat mit den Produzente­n Gilles Chanial und Govinda Van Maele über ihre Arbeit gesprochen.

Luxemburgs Verknüpfun­g mit dem Ausland

Natürlich mache es sie als Produzente­n sehr stolz, dass sich eine ihrer Koprodukti­onen im diesjährig­en Hauptwettb­ewerb befindet. Dennoch präzisiert Govinda Van Maele, dass es insbesonde­re für Indien und das indische Kino von hoher Wichtigkei­t ist, wieder im Rennen um die Goldene Palme sein.

„Für Indien ist es das erste Mal seit 30 Jahren, dass das Land mit einem Film im Wettbewerb in Cannes vertreten ist“, so der Produzent und Regisseur. „Und wir hoffen, dass durch die Produktion solcher Filme die Luxemburge­r Filmkunst bereichert wird. Für mich als Regisseur ist es sehr inspiriere­nd, an einem solchen Film beteiligt zu sein. Indisches Kino ist ganz anders als das luxemburgi­sche. Generell ist es wichtig, dass Luxemburge­r Filmemache­r sich internatio­nal verknüpfen. Denn wenn wir nur in Luxemburg arbeiten würden, würden wir als Filmemache­r innerhalb einer Blase leben.“

Deswegen sind Treffen mit der internatio­nalen Filmbranch­e eben so bedeutend: Auf Festivals wie derzeit in Cannes werden neue Projekte in die Wege geleitet und es entstehen neue Zusammenar­beiten.

Unterstütz­ung junger und einzigarti­ger Stimmen

Daher basiert die Wahl der Filme, die von Les Films Fauves produziert werden, einerseits auf Begegnunge­n mit anderen Filmschaff­enden, anderersei­ts ist es aber auch eine Entscheidu­ng, die auf dem persönlich­en Geschmack der Produzente­n fußt. „Wir möchten uns nicht auf ein bestimmtes Genre beschränke­n. Gleichzeit­ig suchen wir nach einzigarti­gen Stimmen der Filmwelt. Wir wollen auf keinen Fall von einer redaktione­llen Linie ausgehen, die auf kommerziel­ler Identifika­tion basiert“, erklärt Gilles Chanial. „Wir wählen die Projekte aus, an die wir glauben“, ergänzt Govinda Van Maele.

Die beiden Produzente­n haben Les Films Fauves 2014 gemeinsam mit Jean-Louis Schuller gegründet. Die drei kannten sich allerdings bereits mehrere Jahre vor der Gründung ihrer Filmgesell­schaft und haben sich bei verschiede­nen Filmdrehs besser kennengele­rnt, etwa bei Govinda Van

Maeles Doku über Luxemburge­r (Rock-) Musik „We might as well fail“(2010).

„Eigentlich hat alles mit Pol Cruchten (Pol Cruchten starb 2019, Anm. d. Red.) und seiner Filmgesell­schaft Red Lion angefangen“, so Gilles Chanial. „Und von da aus wollten wir die Idee weiter ausbauen, junge Filmschaff­ende wie Govinda oder Pasha Rafiy zu unterstütz­en.“Pasha Rafiys erster Film, „Foreign Affairs“(2015) wurde von Les Films Fauves produziert.

Kino in all seinen Aspekten präsentier­en

Und was zeichnet die Produktion­en von Les Films Fauves aus? „Wir lieben das Kino mit all seinen Facetten und sind offen für die unterschie­dlichsten Arten von Filmen – vom Genrefilm, über Arthouse-Filme und bis hin zu experiment­ellen Filmen wie beispielsw­eise Pasha Rafiys ,Foreign Affairs‘“, erläutert Govinda Van Maele.

In den zehn Jahren, in denen er und Gilles Chanial nun mit ihrer Filmgesell­schaft unermüdlic­h das Luxemburge­r Kino und die Luxemburge­r Filmbranch­e profiliere­n, haben sich die beiden Produzente­n bereits an ganz unterschie­dliche Orte für Dreharbeit­en begeben. Ein Ort, der für sie jedoch eine ganz besondere Bedeutung hat, ist das Arbed-Gelände in Esch-Schiffling­en.

„Das ist ein Ort, mit dem wir uns sehr identifizi­eren und der uns besonders inspiriert. Auch für ,Mammal‘ haben wir einige Szenen dort gedreht. Gleichzeit­ig ist die Luxemburge­r Industrieg­eschichte dort sehr stark verankert. Es ist vielleicht nicht der außergewöh­nlichste Ort, aber ein sehr emblematis­cher für uns“, betont Gilles Chanial.

Wo es die Produzente­n von Les Films Fauves als Nächstes hinführt, werden wir sicherlich demnächst erfahren. Erst einmal steht noch das Filmfestiv­al in Cannes an. Und ob die Luxemburge­r Koprodukti­on „All We Imagine As Light“mit der „Palme d’Or“oder einem anderen Preis ausgezeich­net wird, wird am Samstag, dem 25. Mai, bekannt gegeben.

 ?? ??
 ?? Foto: Petit Chaos / Les Films Fauves ?? „All We Imagine As Light“ist eine Koprodukti­on zwischen Frankreich, Indien, den Niederland­en und dem Großherzog­tum. Der Film von Payal Kapadia ist der erste Spielfilm der indischen Regisseuri­n. Sie ist eine von vier Frauen, deren Arbeit um die Goldene Palme kämpft.
Foto: Petit Chaos / Les Films Fauves „All We Imagine As Light“ist eine Koprodukti­on zwischen Frankreich, Indien, den Niederland­en und dem Großherzog­tum. Der Film von Payal Kapadia ist der erste Spielfilm der indischen Regisseuri­n. Sie ist eine von vier Frauen, deren Arbeit um die Goldene Palme kämpft.
 ?? Foto: Alle Rechte vorbehalte­n ?? Gilles Chanial (l.) und Govinda Van Maele haben 2014 gemeinsam mit Jean-Louis Schuller ihre eigene Filmfirma gegründet: Les Films Fauves.
Foto: Alle Rechte vorbehalte­n Gilles Chanial (l.) und Govinda Van Maele haben 2014 gemeinsam mit Jean-Louis Schuller ihre eigene Filmfirma gegründet: Les Films Fauves.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg