Wilwerwiltzer Sproochenhaus soll nicht länger leer stehen
Das jahrelang verwaiste Gebäude soll für Schulprojekte genutzt werden. Die Buchbestände wurden bereits vor dem Schimmel gerettet
Der Schriftsteller Max Goergen wurde 1893 in Steinsel geboren und wohnte bis zu seinem Tod im Jahr 1978 lange Zeit in Wilwerwiltz. Später wurde hier das Sproochenhaus mit kulturellen und sprachlichen Angeboten eingerichtet. 2016 erwarb der Staat das Gebäude für einen Symbolpreis – unter der Voraussetzung, es für edukative Zwecke zu nutzen. Seitdem steht das Gebäude leer und droht langsam zu verfallen. Daran soll sich bald etwas ändern.
Das Haus ist über das Bildungsministerium dem Lycée Edward Steichen in Clerf (LESC) zugeordnet. Aber den angedachten Sinn der edukativen Nutzung erfüllt das Gebäude bislang nicht. Bürgermeister Yves Kaiser (DP*) verfolgt das Schicksal des ehemaligen Sproochenhauses in seiner Gemeinde mit. „2021 haben wir angesichts der Wohnungskrise vorgeschlagen, das Gebäude für sozialen Wohnungsbau zu nutzen, möglicherweise auch für Schüler“, sagt er und verweist auf zwei parlamentarische Anfragen des Abgeordneten André Bauler (DP) aus dem gleichen Jahr.
Die Hintergründe des Leerstandes
Schon vor gut drei Jahren stand das denkmalgeschützte Gebäude ungenutzt. In der ersten Anfrage erkundigte sich Bauler nach den Ursachen dieses Umstands, Renovierungsarbeiten und angedachten Projekten. Außerdem fragte er an, ob das Gebäude als Wohnung genutzt werden könne, falls es nicht anderweitig nutzbar sein sollte.
Die Anfrage wurde von den damaligen Ministern für öffentliche Arbeiten, François Bausch (Déi Gréng), für Finanzen, Pierre Gramegna (DP), und für Bildung, Claude Meisch (DP), sowie der damaligen
Kulturministerin Sam Tanson (Déi Gréng) gemeinsam beantwortet. Ihnen zufolge hatte das Bildungsministerium in Zusammenarbeit mit dem Clerfer Lycée Edward Steichen ein Pilotprojekt für Schüler mit sozio-emotionalen sowie schulischen Problemen geplant.
Eine Analyse der Verwaltung für öffentliche Bauten hatte jedoch ergeben, dass die Kosten des dafür notwendigen Umbaus zu hoch seien. Auch Büros dürfte der Staat gemäß dieser Analyse im Max-Goergen-Haus nicht einrichten: Die Räumlichkeiten genügen den gesetzlich vorgegebenen Sicherheitsregelungen für den öffentlichen Dienst nicht. Außerdem wiesen die Minister auf die Anforderungen des Denkmalschutzes hin, die den gesetzlichen Vorgaben für Büro-Arbeitsplätze entgegenstünden.
Die Frage nach dem Wohnraum
Außerdem könne die Möglichkeit bestehen, im Gebäude eine Wohnung einzurichten, sollte eine kulturelle oder edukative Nutzung nicht möglich sein. Es habe bereits Gespräche mit in diesem Sektor tätigen Akteuren gegeben. In einer zweiten Anfrage Ende 2021 wandte sich Bauler an den damaligen Wohnungsbauminister Henri Kox (Déi Gréng), um sich nach dem Status quo zu erkundigen.
Zudem schlug er vor, das Gebäude insbesondere jungen Leuten auf der Suche nach bezahlbarem Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die Antwort auf die Anfrage fiel eher knapp aus: „Bisher wurde der Wohnungsbauminister noch nicht mit einem Verwendungszweck beauftragt.“
Pläne des Bildungsministeriums
Inzwischen gibt es konkrete Pläne, wie eine Pressesprecherin des Bildungsministeriums erklärt. „Das Lycée Edward Steichen in Clerf und das Ministerium arbeiten zurzeit an einem Konzept, das auf dem Gelände des Sproochenhauses die dauerhafte Einrichtung von Projekten und Workshops zum Lernen im Freien beinhaltet.“
Der Innenraum könne im Rahmen des pädagogischen Konzepts als Aufenthaltsraum, etwa für Präsentationen oder Einführungen genutzt werden. Die Pläne des Bildungsministeriums dürften gute Nachrichten für den Kiischpelter Bürgermeister sein. Denn, sagt Kaiser, das Gebäude verfalle langsam und er sei froh, wenn etwas passiere.
„Das Kulturministerium, das Bildungsministerium und die Gemeinde Kiischpelt hatten sich gemeinsam darauf geeinigt, dass das Sproochenhaus dem LESC zugewiesen werden sollte, nachdem es in den Staatsbesitz übergegangen war“, so die Sprecherin weiter. Dieser Vorschlag sei auch von weiteren Akteuren, darunter das LESC und das Wiltzer Lycée du Nord, gutgeheißen worden. Die beiden in den folgenden Jahren vom LESC ausgearbeitete Konzepte wurden dann wegen der Kosten der benötigten Umbauarbeiten von der Verwaltung für öffentliche Bauten verworfen.
Bücher vor Schimmel gerettet
Während in das Gebäude selbst erst wieder Leben kommen soll, wurde die Bibliothek von Max Goergen inklusive nachträglich beigefügter Bücher vor dem Verfall gerettet. Die etwa 30.000 Werke waren in einem von Schimmel befallenen Nebengebäude untergebracht gewesen, erklärt eine Pressesprecherin des Kulturministeriums.
Literaturarchiv und Nationalbibliothek arbeiteten gemeinsam an der Evaluation der Werke und identifizierten etwa 4.500 schützenswerte Werke, die von einer spezialisierten Firma gereinigt wurden und nun zum Bestand der beiden Institutionen gehören. Ein Großteil davon sei katalogisiert und öffentlich zugänglich.