Schön schmalzig: Anne Hathaway und die Rückkehr der romantischen Komödie
An der Seite von Nicholas Galitzine trumpt die Schauspielerin voller Selbstbewusstsein auf
Das viel zitierte Comeback der romantischen Komödie, das spätestens seit dem Überraschungserfolg von „Wo die Lüge hinfällt“Anfang des Jahres immer wieder heraufbeschworen wird, ist bei genauem Hinsehen längst im Gange. Nur eben nicht im Kino, sondern bei den Streamingdiensten, wo in schöner Regelmäßigkeit neue Liebesgeschichten produziert werden.
Oft liegt der Fokus auf Teenagern oder dem Weihnachts-Setting, und leider ist die Umsetzung meist meilenweit entfernt selbst von dem, was in den 1990er-Jahren noch Kino-B-Ware gewesen wäre (siehe aktuell etwa: die Netflix-Produktion „Mother of the Bride“). Doch hin und wieder gibt es positive Überraschungen wie „Als du mich sahst“(zu sehen bei Prime Video), der sich sogar auf der Leinwand gut gemacht hätte.
Solène (Anne Hathaway) nähert sich ihrem 40. Geburtstag, und ganz zaghaft klopft eine Midlife-Krise an. Töchterchen Izzy (Ella Rubin) ist zwar wohlgeraten und mehr oder weniger aus dem Gröbsten raus, und auch die eigene Galerie in L.A.s hippstem Stadtteil Silver Lake läuft gut.
Aber dass der Ex-Gatte nun mit seiner Affäre glücklich und sie selbst Single ist, nagt ein klein wenig an ihr, deswegen soll ein Camping-Wander-Wochenende ganz alleine sie auf andere Gedanken bringen. Doch stattdessen findet sich Solène unverhofft mit Izzy und deren besten Freundinnen und Freunde beim Coachella-Festival wieder, für ein arrangiertes Fan-Treffen mit deren einstmals heiß verehrter Lieblings-Boyband August Moon.
Inspiriert von Harry Styles, oder?
Unverhofft erweist sich der Ausflug folgenreicher für die Mutter als für die Tochter, denn bei einer Zufallsbegegnung mit dem deutlich jüngeren August Moon-Sänger Hayes (Nicholas Galitzine) sprühen die Funken. Wenig später steht der weltweit gefeierte Popstar plötzlich in der Galerie auf der Matte, mit jeder Menge Paparazzi im Schlepptau, und es dauert nicht lange, bis sich zwischen dem ungleichen Paar tatsächlich eine heimliche Sommerromanze entspinnt.
Doch über kurz oder lang stehen die beiden zwischen Europa-Tour, eifersüchtigen Fans und reißerischem Online-Tratsch auf der einen und bodenständigem Alltag sowie pragmatischer Lebenserfahrung auf der anderen Seite vor schwer überwindbaren Hürden.
Was angeblich als Fan-Fiction über Harry Styles begann und für Schauspielerin Robinne Lee 2017 zum Bestseller-Romandebüt wurde, entpuppt sich als idealer Stoff für Michael Showalter, der schon mit Filmen wie „The Big Sick“oder „Spoiler Alarm“bewiesen hat, dass er emotionsreiche Geschichten inszenieren kann, ohne sich von Gefühlsduseligkeit übermannen zu lassen oder in plumpe Künstlichkeit abzugleiten.
„Als du mich sahst“ist nun deutlich mehr Rom als Com: die Humor-Dosis hätte höher ausfallen dürfen und pointierte Dialoge in Nora Ephron-Manier bleiben die Ausnahme. Doch der aktuell omnipräsente Galitzine („Mary & George“) und vor allem Hathaway in einer vor selbstbewusstem Charisma nur so strotzenden Performance machen den Film zu einem Vergnügen.
Nicht nur bringen sie – für dieses Genre ungewohnt – echten SexAppeal mit, sondern machen auch die Zweidimensionalität ihrer Figur fast vergessen und verleihen deren Beziehung und der federleichten Geschichte mit ihrer spürbaren Chemie beinahe Glaubwürdigkeit.