Luxemburger Wort

Kevin Costner lässt Western-Fans auf ihre Kosten kommen

„Horizon – An American Saga“gilt als das bisher opulentest­e Werk des US-Regisseurs. Der Film soll im Sommer in den Kinos starten

- Von Nora Schloesser (Cannes)

Ein leichter Wind lässt die wenigen Grashalme hin und her schwingen, während sich vor einem allmählich die amerikanis­che Steppe auftut. Dann schwenkt die Kamera zu einem Mann auf seinem Ross – viel mehr als seine Konturen sind nicht erkennbar. Es sind phänomenal­e Landschaft­sbilder der Prärie, beinahe wie Gemälde des Realismus, mit denen Kevin Costner seine Zuschauer derzeit in den Bann zieht.

Der zweifache Oscargewin­ner, der mit „Dances with Wolves“(1990) Kinogeschi­chte schrieb, feiert sein großes Regie-Comeback. Nach etwas mehr als 20 Jahren nach seinem letzten Western „Open Range“(2003) liefert Costner nun den ersten Teil seines monumental­en Filmprojek­ts „Horizon – An American Saga“. Der Film, der grundsätzl­ich dem Muster des klassische­n Western folgt, feierte am Sonntag Weltpremie­re bei den 77. Filmfestsp­ielen von Cannes.

Rund drei Stunden dauert das erste Kapitel von Costners Werk, das er dpaBericht­en zufolge seit 30 Jahren zu finanziere­n versucht. Und obwohl die Handlung in diesen 180 Minuten langsam voranschre­itet, bleibt der Span

nungsbogen bis zur letzten Sekunde recht hoch. Der Fokus von „Horizon“liegt nämlich zweifelsfr­ei auf langen, epischen Szenen, die zwar gelegentli­ch etwas zu theatralis­ch daherkomme­n, im Großen und Ganzen doch mit ergreifend­en Momenten beeindruck­en.

Bereits eine der Anfangspas­sagen ist nichts anderes als ein lang andauernde­r Kampfakt, der dank reichlich Perspektiv­en- und Kulissenwe­chseln dynamisch bleibt. Dabei erzählt Costner, der in seinem Film als Hayes Ellison ebenfalls vor der Kamera steht, eine lineare Geschichte, springt allerdings zwischen unterschie­dlichen Handlungss­trängen hin und her und führt damit einen breit gefächerte­n Figurenkat­alog ein.

Epik und Ästhetik vor Storytelli­ng

Doch worum geht es im Film eigentlich konkret? Diese Frage stellt man sich in den drei Stunden gleich mehrmals. Grob zusammenge­fasst erzählt „Horizon“die Geschichte unterschie­dlicher Bevölkerun­gsgruppen – weiße Siedler und Indigene –, die sich ein Zuhause aufbauen und ihr Land verteidige­n möchten. Doch Costner lässt sich reichlich Zeit beim Ausbau seiner Story und setzt in erster Linie auf Epik, Ästhetik und dramatisch­e Filmmusik. Das Storytelli­ng ist hier zweitrangi­g.

Ebenso im Hintergrun­d steht eine ausgefeilt­e Figurenzei­chnung. Da allerdings noch drei weitere Teile von „Horizon“zu erwarten sind – der zweite soll noch dieses Jahr erscheinen –, in denen die unterschie­dlichen Charaktere noch weiter ausgebaut werden können, darf Costner sich hier solche Mängel erlauben. Als alleinsteh­endes Werk kann der Film so allerdings nicht funktionie­ren.

Irgendwie wirkt Costners Western, der in den 1860-Jahren spielt, etwas aus der Zeit gefallen. Denn im Gegensatz zu etwa Viggo Mortensens „The Dead Don‘t Hurt“mit Vicky Krieps in der Hauptrolle, ist „Horizon“vor allem eins: viele alte (und junge) weiße Männer auf Pferden, die sich gegen die indigenen Bevölkerun­gsgruppen durchsetze­n möchten. Frauenfigu­ren gibt es einige, doch wird deren Perspektiv­e eher selten eingenomme­n.

Dennoch entführt der erste Teil dieser „American Saga“uns in eine fremde Welt und weiß insbesonde­re durch seine Monumental­ität zu überzeugen. Ende Juni soll der Film in den USA starten, sodass man auch in Luxemburg noch im Sommer mit Kevin Costners „Horizon“rechnen kann. Western-Fans, seid gespannt!

Costner lässt sich reichlich Zeit beim Ausbau seiner Story und setzt in erster Linie auf Epik, Ästhetik und dramatisch­e Filmmusik. Das Storytelli­ng ist hier zweitrangi­g.

 ?? Foto: New Line Cinema ?? Kevin Costner ist nicht nur der Regisseur von „Horizon – An American Saga“, sondern übernimmt hier auch eine der vielen Hauptrolle­n.
Foto: New Line Cinema Kevin Costner ist nicht nur der Regisseur von „Horizon – An American Saga“, sondern übernimmt hier auch eine der vielen Hauptrolle­n.
 ?? ?? Sienna Miller spielt Frances Kittredge. Ihr Mann und ihr Sohn werden bei einem Angriff auf ihre Siedlung getötet. Nur ihre Tochter befindet sich noch an ihrer Seite.
Sienna Miller spielt Frances Kittredge. Ihr Mann und ihr Sohn werden bei einem Angriff auf ihre Siedlung getötet. Nur ihre Tochter befindet sich noch an ihrer Seite.

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