Luxemburger Wort

Monaco droht aus dem Formel-1-Kalender zu verschwind­en

Der Klassiker im glamouröse­n Fürstentum ist seit den 1950er-Jahren gesetzt. Das könnte sich bald ändern

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Dass nicht wenige Formel-1-Fahrer in Monaco wohnen, liegt nicht unbedingt an der besonderen Schönheit des dicht bebauten Fürstentum­s oder der besonderen Motorsport-Tradition. Sicherheit, Diskretion und Steuervort­eile sorgen dafür, dass sowohl Rekordwelt­meister Lewis Hamilton als auch der aktuelle Champion Max Verstappen, Nico Hülkenberg oder Jungstar Lando Norris im Stadtstaat an der Mittelmeer­küste einen Wohnsitz haben.

Für sie alle steht am Sonntag (15 Uhr) beim speziellst­en Grand Prix des Jahres wieder ein Heimspiel an. Doch ob es dieses auch in der Zukunft weiterhin so geben wird, scheint offen wie nie. Schon im ersten Formel-1-Jahr 1950 wurde in Monaco gefahren, seit 1955 gehört der Klassiker jährlich zum Kalender. Die Zukunft ist aber nur noch bis 2025 gesichert, die Verhandlun­gen darüber hinaus werden schwierig. Was spricht für weitere Rennen in Monaco, was dagegen?

Monaco gehört immer in den Rennkalend­er. Fernando Alonso

Die Tradition: Dass jeder Formel-1-Pilot mal in Monaco gewinnen will, liegt auch an der einzigarti­gen Historie. Der Grand Prix mit seinen großen fahrerisch­en Herausford­erungen in den engen Straßen ist eines der ältesten und traditions­reichsten Rennen im Motorsport, das zudem selbst die Menschen kennen, die ansonsten wenig mit der PS-Szene zu tun haben. Juan Manuel Fangio, Niki Lauda, Ayrton Senna, Michael Schumacher – sie alle haben schon gesiegt und so ihren Teil zum Mythos beigetrage­n.

Der Glamour: Im imposanten Hafen stehen die riesigen Jachten in dieser Woche wieder dicht an dicht, Stars von Cristiano Ronaldo über Kylie Minogue bis Brad Pitt sind Stammgäste im Fahrerlage­r. Wie besonders das Rennwochen­ende an der Côte d’Azur ist, wird so schon auf den ersten Blick klar. Kaum ein Sportevent auf der Welt steht bei den Reichen und Schönen im Frühjahr so sehr im Fokus wie dieses. Entspreche­nd große Aufmerksam­keit wird in den Tagen im Fürstentum erzeugt.

Der Fahrer ist gefordert: Die Leitplanke­n sind ganz nah, Fehler werden knallhart bestraft. Der Kurs lässt Vorjahress­ieger Verstappen und Co. keine Pause. In Monaco ist Präzision am Steuer gefordert, vor allem auf der Jagd nach der Pole-Position. „Du spürst es, dass dein Herzschlag jedes Mal etwas höher ist auf der Qualifikat­ionsrunde als auf einer anderen Strecke. Da ist

viel Adrenalin“, sagte Verstappen im Vorjahr. Die Fahrer lieben das, deswegen sagte Ex-Champion Fernando Alonso auch: „Monaco gehört immer in den Rennkalend­er.“„Es wäre sehr, sehr schade, so ein traditions­reiches Rennen mit so viel Historie zu verlieren“, findet Nico Hülkenberg. Der 36-Jährige ergänzt: „Sag niemals nie, ich kann mir alles vorstellen, aber ich will es mir nicht vorstellen.“

Der Fan-Faktor: Wer den Red Bull von Verstappen oder den Mercedes von Hamilton ganz nahe sehen will, muss dafür zwar Hunderte Euro zahlen, bekommt aber immerhin ein fast einmaliges Erlebnis. Die Zuschauer schätzen die besondere Nähe zur Strecke, es sind nur wenige Meter bis zum Asphalt. Das gibt es in dieser Form durch die Sicherheit­svorkehrun­gen auf klassische­n Pisten nirgendwo sonst. Auch ungewöhnli­ch: Die Zuschauer können die Strecke am Abend selbst ablaufen, sie bleibt nicht das ganze Wochenende gesperrt.

Die Langeweile: Das größte Problem für die Zukunft des Grand Prix in Monaco ist

die am Renntag fehlende Spannung. Auf der mit 3,337 Kilometern kürzesten Strecke der Saison ist das Überholen auf einem schmalen Asphaltban­d kaum möglich. Das liegt nicht nur an immer breiteren Autos, sondern auch am Unwillen der Veranstalt­er, etwas zu ändern. Anpassunge­n am Kurs scheinen umsetzbar. So bestünde die Möglichkei­t, im Bereich des berühmten Schwimmbad­s eine Zone zum leichteren Überholen zu konzipiere­n, doch das wurde bislang immer abgelehnt. Und so gewinnt meist der, der auf Startplatz eins steht.

Der Rennkalend­er: Die Formel 1 ist auf Expansions­kurs. Die Bewerber für neue WM-Läufe drängen mit viel Geld in den Markt, alte müssen ihren Platz verteidige­n. Monaco genoss in der Vergangenh­eit finanziell­e Vorteile, zahlte deutlich weniger Antrittsge­ld als andere Orte. „Monaco ist wegen seines Erbes und seiner Geschichte dabei. Das ist alles“, hatte Red-Bull-Teamchef Christian Horner gesagt: „Auch das Kronjuwel muss mit der Zeit gehen. Wenn man stehen bleibt, geht man rückwärts.“Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass Monaco seinen Platz im Rennkalend­er verliert, denkbar ist aber auch, dass es ab 2026 nur noch alle zwei Jahre einen Grand Prix geben könnte.

Die Hochnäsigk­eit: Das Auftreten des Automobile Club de Monaco als Veranstalt­er wird innerhalb der Formel 1 kritisch gesehen. Herausford­erungen wie wenig Platz und eine komplizier­te Logistik im 38.000-Einwohner-Ort sorgen dafür, dass viele im Umfeld für ihre Arbeit nicht gerade gerne nach Monaco kommen. Während beim ACM geglaubt wird, dass der Grand Prix die einzige perfekte Veranstalt­ung im Formel-1-Jahr ist und andere von ihnen lernen sollten, ist die Realität eine andere. Veränderun­gen bleiben schwierig, um die Veranstalt­ung fit für die Herausford­erungen der Zukunft zu machen. „Mittel- und langfristi­g muss Monaco mit Lösungen ankommen, damit wir wieder hierher zurückkomm­en wollen“, sagte Ex-HaasTeamch­ef Günther Steiner. dpa

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Foto: AFP Die Strecke im dicht bebauten Fürstentum hat es in sich.

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