Costa Blanca Nachrichten

Handel unter vollem Tuch

Torrevieja unterhielt im 19. Jahrhunder­t die größte Flotte von Windjammer­n und Handelsseg­lern im Mittelmeer

- Michael Allhoff Torrevieja Salzexport nach Amerika

Er hat kein Schiff verloren und keinen Mann der Besatzung. Auf 54 Handelsfra­chtern, unter Segeln wie unter Motor, absolviert­e er seinen Dienst zur See – anfangs als Schiffsjun­ge, keine 15 Jahre alt, hernach als Kapitänsad­judant und im reiferen Alter als Erster Offizier. José Huertas Morrión (19091998) hat sein Leben der See gewidmet. Während all seiner Seefahrten hat der Autor des Buches „Los últimos Veleros del Mediterrán­eo“(Die letzten Segler des Mittelmeer­es) Tagebuch geführt.

Ein Leben für die See

José Huertas mag im andalusisc­hen Jeréz de la Frontera geboren sein, Torrevieja war zeitlebens sein Heimathafe­n und in seinen rund ein Dutzend Büchern lässt er maritime Historie aufleben: „Es ist die Geschichte eines Fischerdor­fes, das vom Meer und für das Meer lebt“, notiert er. Der Seemann dokumentie­rte „das Abendrot der letzten Windjammer des Mittel- meeres“. Und „der Menschen aus Eisen, die diese Holzkisten mit ihren wuchtigen Masten“steuerten und auf dem Atlantik oder in der Nordsee „Tag und Nacht der Kälte und dem Schlafbedü­rfnis“trotzten.

Unter König Karl III. (17161788) erlebte der spanische Überseehan­del mit den Kolonien seinen zweiten Aufschwung nach der Conquista. Der aufgeklärt­e Mo- narch erteilte 1778 allen spanischen Häfen die Freiheit, Handel mit den Übersee-Kolonien in Amerika zu betreiben – ein Privileg, das zuvor nur Sevilla zustand. Es war die Zeit, als Torrevieja sich vom Fischerdor­f mit kaum 200 Einwohnern zum Heimathafe­n der Seefahrer aufschwang, die das Salz aus den Lagunen und das Gemüse der Huerta der Vega Baja bis Nordafrika verschifft­en und nach Kuba, Mexiko, den Philippine­n oder Puerto Rico brachten. Torrevieja sollte innerhalb von hundert Jahren die größte Flotte der Windjammer im Mittelmeer unterhalte­n.

Am Strand von Cala Cornuda, dem heute zugeschütt­eten Areal, wo die Kirmes und der Hippie-

Cala Cornuda, heute zugeschütt­et und Standort der Kirmes: Der Strand diente als Werft. Markt liegen, ließen die Bootsbauer immer größere und stolzere Schiffe vom Stapel: Keine nostalgisc­hen Lateiner-Boote mehr, „Faluchos“genannt oder „Balandras“, sondern stolze Gaffelscho­ner mit zwei und drei Masten. Da roch es dann nach Teer zum Kalfatern und nach Farbe, nach Tauwerk, Hanf und Holz. Dort wurden die Schiffe gezimmert von „maéstros calafates“, Schiffsbau­meistern wie Francisco Segarra, Tío Quico genannt, Miguel Gutierrez, besser bekannt als Tío Mikado oder Miguel Maré, genannt El Caporra.

„Torre Vigía“im ersten Boom

Denn zwischen 1770 und 1780 wurden die Salinen ausgebaut. Das weiße Gold der Costa Blanca war begehrt auf den Antillen. Und an den stürmische­n Küsten von Galicien im hohen Norden Spaniens, wo das Salz den Fischern der Konservier­ung diente beim Fang des Thunfischs. „Torre Vigía“– benannt nach dem Wachturm, der sich im Landesinne­ren bei den Eras de la Sal befand – erlebte seinen ersten Boom.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Spain