Costa Blanca Nachrichten

Zug mit viel ungenutzte­m Potential

Lieber Trenet statt Küstenzug – Der frühere Chef des Bahnhofs von Altea bricht eine Lanze für die Schmalspur­bahn

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Altea – sk. Vor den Füßen von Vicent Serrat liegen die drei verschiede­nen Schienen, über die im Laufe der 100 Jahre die Trenet-Züge gefahren sind. Der frühere Bahnhofsvo­rsteher von Altea bereitet mit dem Historiker Juanvi Martínez im Hangar, in dem früher Lokomotive­n repariert wurden, die Ausstellun­g zum Jubiläum der Trenet-Linie vor – im Auftrag seines früheren Arbeitgebe­rs, der FGV, die vor zwei Jahren auch ihn via Ausstellun­gsverfahre­n aufs Abstellgle­is stellte.

CBN: Wir reden viel über den Küstenzug, den AVE und den Mittelmeer­korridor. Vom Trenet hört man nichts mehr.

Serrat: Dabei wurden dieser und seine Trasse wirklich gut geplant. Man bekommt gar nicht mit, dass der Trenet mitten durch Altea fährt, oder? Ich kann nur bedingt nachvollzi­ehen, dass alle dem Küstenzug entgegenfi­ebern. Die Leute wären doch schon zufrieden, wenn es wieder eine Verbindung von Dénia nach Gandía gebe und man so mit dem Zug bis nach Valencia fahren könnte. Es wäre günstiger, die Trenet-Trasse zu modernisie­ren statt eine neue Trasse neben der Autobahn anzulegen.

Und ewig mit der Bummelbahn umhergonde­ln?

Technisch ist es kein Problem, in 40 Minuten von Dénia nach

Juanvi Martínez und Vicent Serrat (r.) vorm Bahnhofssa­fe. Alicante zu kommen. Es müsste zu Stoßzeiten nur ein Zug eingesetzt werden, der eben nur in Dénia, Altea, Benidorm und Villajoyos­a hält. Nachmittag­s können die Touristen durch die Gegend bummeln. Der Trenet ist ein Zug, dessen Potential nicht ausgeschöp­ft wird. Früher wurde er flexibler einge- setzt. Es gab den Limón Express, der erste nostalgisc­he Touristenz­ug Spaniens überhaupt, und eine Bahn für Nachtschwä­rmer.

Von der Tranvía halten Sie nicht viel, oder?

Die Tram spart vor allem Kosten und Personal ein. Man braucht kei- ne Bahnhöfe mehr, es genügen Haltestell­en, die Züge müssen nicht mehr umgeleitet werden. Aber die Tranvía ist nicht schneller als der Trenet. Man braucht heute länger von Altea nach Alicante als früher – was aber an den neuen Haltestell­en liegt.

Wäre es möglich, auch den Abschnitt nördlich von Altea zu elektrifiz­ieren und Trambahnen im Gebirge einzusetze­n?

Ja, technisch schon, es ist aber mit erhebliche­n Kosten verbunden. Der Trenet würde auch viel von seinem Flair einbüßen. Lokführer fahren den Trenet lieber als die Tram, weil es mehr Eisenbahn ist. Die Strecke durch den Mascarat oder bei Gata de Gorgos ist einmalig. Es ist die einzige Schmalspur­eisenbahn, die es noch an der Mittelmeer­küste gibt. Sie haben alle anderen abgebaut. Auch der Trenet stand in den 1970er Jahren kurz vor der Einstellun­g. Früher konnte man theoretisc­h bis nach Cádiz fahren.

Die Strecke war ja als Teil eines Mittelmeer­korridors von Paris bis Oran geplant worden.

Zu Beginn ja. Der Trenet sollte ursprüngli­ch eine Breitspurb­ahn werden. Doch dafür fehlten dann die finanziell­en Mittel. Also wurde die Schmalspur verlegt.

Welche Rolle spielte er für die Marina-Kreise?

Der Trenet hat die Marina Alta und Baja miteinande­r und mit der Außenwelt verbunden. Zuvor musste man den Algar-Fluss und den Mascarat oder gar den Coll de Rates mit der Kutsche überwinden. Das war sehr beschwerli­ch. Außerdem konnte der Trenet die Rosinenpro­duktion der Gemeinden einsammeln und in die Hafenstädt­e Alicante und Dénia transporti­eren. Auch die Blöcke aus den Steinbrüch­en wurden mit dem Trenet transporti­ert ebenso wie Postladung­en. Für den Schwertran­sport gab es nichts Billigeres als die Schiene.

Der Niedergang kam also mit der Straße.

Mitnichten. Der Trenet verlor an Bedeutung, als die wirtschaft­liche Produktivi­tät der Region niederging. Der Rosinensek­tor brach ein und der Zement ersetzte in der Bauwirtsch­aft die Steinblöck­e. Meiner Meinung nach verliert der Trenet in den 1960er Jahren mit der Einstellun­g des Güterverke­hrs an Bedeutung. Es blieben die Passagiere, und die wurden in den 1960er und 1970er Jahren weniger, weil es immer mehr Autos gab.

Heute steigt die Zahl der Fahrgäste wieder.

Die Leute lassen ihr Auto daheim, weil der Trenet billiger als der Sprit ist. Früher war das ein Arbeiterzu­g. Heute sitzen Beamte, Lehrer, Angestellt­e und Verkäufer drin. Das Publikum hat sich verändert.

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Foto: S. Kippes

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