Echt bayerische Stylingprobleme
„O’zapft is!“– die Phrase, die es in den Top Ten des WiesnPR-Jargons ganz nach oben geschafft hat, löst bei einigen Redakteuren der CBN seit mehreren Wochen ein nervöses Augenzucken, zumindest aber kurzzeitige Flachatmigkeit aus.
Das Calper Oktoberfest geht los. Ein Event, von dem gestandene Bierfreunde nur in Superlativen sprechen. „Das Beste in ganz Spanien!“, heißt es dann. „Nichts kommt an dieses Fest ran!“Wochenlang haben wir an der Bierzeitung gearbeitet, uns mit dem OktoberfestKnigge auseinandergesetzt und besprochen, wie ein richtiges Dirndl auszusehen hat. Wie war das noch einmal mit der Schleife der Schürze? Links, rechts – was passiert, wenn ich sie falsch binde?
Der Druck steigt, gerade bei den Redakteurinnen. Schließlich wollen wir uns auf diesem deutschesten aller Feste nicht blamieren und – irgendwie – „echt bayerisch“aussehen. Bei einer Redaktionskonferenz wenige Wochen vor Festbeginn liegen die Nerven blank. „Ich habe keine Schürze! Wo soll ich die bitte jetzt noch herbekommen – in Spanien!“, jammert eine der anwesenden Damen. „Du hast wenigstens ein Dirndl! Ich habe gar nichts! Nicht mal ein Holzfäller-Hemd!“, lamentiert darauf die andere.
Dann ist es tatsächlich soweit. Als Norddeutsche gehöre auch ich zu den bedauernswerten Dirndllosen und habe mir in letzter Verzweiflung das einzige T-Shirt übergeworfen, das einigermaßen Chancen hat, von jemandem nach ein, zwei Maß als Tracht wahrgenommen zu werden. Seit Tagen habe ich versucht, mir mit Hilfe von YouTube-Tutorials beizubringen, wie man einen anständigen Haarkranz flechtet. Das Ergebnis sieht jedoch eher nach Vogelnest, als nach Haarkunst aus. „Du siehst komisch aus“, sagt meine siebenjährige Nachbarin, als ich sie am Morgen im Hausflur treffe.
Schnell zusle ich mir die Zöpfe wieder auf und mache mich gesenkten Hauptes auf den Weg zur Arbeit. „Irgendwie bayerisch“sehe ich nicht aus. Doch kaum komme ich in der Redaktion an, da hellt sich meine Stimmung auf: Der spanische Fotograf verteilt fränkischen Pflaumenlikör und unsere aus Sachsen stammende Redakteurin posiert in voller Dirndl-Montur vor der jubelnden Redaktion. Ich versuche mich in Pseudo-Bayerisch: „Ja Himmel Herrgott, wos is denn hier los?“Und uns wird allen klar: Ob mit oder ohne Schürze, perfekt geflochtenem Haar oder Pferdeschwanz – das Oktoberfest wird mit diesem Team so oder so „a Mordsgaudi“!