Compromís stellt den Bürgermeister
Joan Ribó löst Rita Barberá im Rathaus von Valencia ab – Schwierige Koalitionsgespräche mit PSOE
Valencia – sk. Politisch und wohl auch in ihrer Art gleichen sie sich ungefähr so wie Jürgen Trittin und Franz Josef Strauss. Die pompöse wie charismatische Vollblutpolitikerin Rita Barberá (PP), die gerne von Balkonen oder aus Ferraris heraus der jubelnden Messe zuwinkt, muss nach 24 Jahren das Bürgermeisteramt von Valencia an Joan Ribó vom linksökologischen Parteienbündnis Compromís abgeben, – ein Intellektueller, der lieber mit dem Rad oder Bus als mit dem Dienstwagen zur Arbeit fährt.
Doch auch Ribó ist ein politisches Schwergewicht. Politisch beeinflusst haben den 67-jährigen Katalanen sowohl die Werte der francokritischen und liberalen Kirche als auch die des Sozialismus des chilenischen Präsidenten Salvador Allende, der 1973 vom späteren Diktator Augusto Pinochet gestürzt wurde. Der Umweltpolitik wandte sich Ribó erst nach der Katastrophe von Tschernobyl zu. Beide Strömungen formten einen der einflussreichsten linken Politiker der Region in den vergangenen 20 Jahren.
Compromís-Sprecher Enric Morera (2.v.l.) und Bürgermeisterkandidat Joan Ribó (3. v.l.). er erstmals für das Bündnis Compromís an.
Die folgenden drei Jahre zog er sich auch wegen der internen Krise der Vereinigten Linken aus der Politik zurück und unterrichtete an einer Gesamtschule. 2010 feierte er mit Compromís sein Comeback und kandidierte 2011 für das Bürgermeisteramt. Seine Kandidatur holte neun Prozent der Stimmen, Compromís stellte fortan drei Stadträte und war die drittstärkste Kraft im Stadtrat.
Bei der Kommunalwahl im Mai 2015 errang Ribó ein sensationelles Ergebnis: Neun Stadtratsmandate, nur eins weniger als die PP mit Rita Barberá, mit der jedoch niemand koalieren will. Mit der Unterstützung der fünf Stadträte der Sozialisten und der drei von Podemos kann Ribó eine stabile Mehrheit im Stadtrat bilden gegen die zehn der PP und die sechs von Ciudadanos (C’s).
Der Pakt zwischen Compromís und PSPV, der Joan Ribó das Bürgermeisteramt sichert, könnte sich auf die Koalitionsverhandlungen in den Kommunen, in den Provinzverwaltungen und im Landtag auswirken. Zum Einen: C’s hat alle Verhandlungen mit den Sozialisten abgebrochen und eine neue rote Linie gezogen. Keine Abkommen mehr mit der PSOE, da diese eine angeblich nationalistische und „pankatalanische“Formation wie Compromís unterstützt. Was nichts anderes heißt, C’s duldet prinzipiell kein Bündnis zwischen PSOE und Compromís gegen die PP. Paradoxerweise treibt C’s mit dieser Richtlinie die Sozialisten direkt in die Arme von Compromís. Deshalb bringt C’s eine große Koalition zwischen PP und PSOE als Bollwerk gegen Compromís ins Gespräch.
Zum anderen: Die Sozialisten haben nach der Operation Ribó darauf spekuliert, dass Compromís nicht mehr das Amt des Ministerpräsidenten für Mònica Oltra beansprucht. Fehlanzeige. Compromís hält daran fest, den Wandel in der Comunidad zu leiten. Paradoxerweise steht in dem Beschluss wortwörtlich, die Präsidentschaft sei dafür gar nicht entscheidend.
Trotzdem haben die Sozialisten am Dienstag beleidigt sämtliche Koalitionsverhandlungen abgebrochen. Beobachter hegen aber wenig Zweifel, dass Compromís und die Sozialisten doch noch zu einer Einigung kommen werden. Nicht zuletzt ob des stillen dritten Partners im Bunde – Podemos wird sich wohl kaum die Chance nehmen lassen, an der Landesregierung von Valencia mitzuwirken.