Costa Blanca Nachrichten

Wo die Zeit Schatten wirft

Im „Dorf der Sonnenuhre­n“: Für Otos bei Gandía haben Künstler ganz besondere Werke geschaffen

- Anne Thesing Otos

Auch wenn das im Valle de Albaida (Valencia) gelegene Otos ein kleines, auf den ersten Blick unauffälli­ges und traditione­lles Dörflein ist: Die Zeit ist hier nicht stehen geblieben. Im Gegenteil. In dem länglich angelegten, von wenigen Straßen dominierte­n Ort bewegen sich die Zeiger der Uhren ständig und überall. Seit die rund 460 Einwohner zählende Gemeinde im Hinterland von Gandía vor zehn Jahren die zündende Idee mit den Sonnenuhre­n hatte, sind diese nicht mehr von den Fassaden, aus den Parks und den Straßen wegzudenke­n.

„Otos ist ein sehr landwirtsc­haftlich geprägtes Dorf“, sagt der ehemalige Kulturstad­trat Tino Plá, der Führungen durch den Ort organisier­t. „Und die Landwirtsc­haft ist nicht nur vom Wetter, sondern auch von der Zeit abhängig. Seit jeher haben unsere Landwirte die Schatten beobachtet. Ob sie lang oder kurz sind, und was das für den Anbau bedeutet.“Dieses Verhalten machte Otos sich zu eigen, nutzte EU-Subvention­en für den Hinterland­tourismus und gewann eine Reihe bekannter Künstler für das Sonnenuhr-Projekt. Einer der bekanntest­en, Antoni Miró, ist ein alter Freund der Gemeinde. Seine Uhr – der Nachbau eines historisch­en Hochrads – zeigt vor dem Kirchplatz die Zeit an. „Die Fahrraduhr fordert den Spaziergän­ger auf, anzuhalten und über die Zeit nachzudenk­en, über jene Zeiten, in denen die Dinge noch anders lagen. In denen die Fahrräder noch unproporti­onal und poetisch waren. In denen die Sonne noch die Menschenle­ben mit ihren Schatten und ihrem Licht ordnete“, heißt es in der Broschüre über die Sonnenuhre­n in Otos, die im Internet abrufbar ist.

Schatten, Licht, Sonne – diese Elemente sind es, die einem in Otos überall begegnen und immer wieder nach der angezeigte­n Stunde Ausschau halten lassen. Und danach, was der Künstler mit seiner Uhr vermitteln wollte. Manuel Boix zum Beispiel lässt in der Calle Sant Crist den Zeiger auf einem Auge wandern und spielt damit auf die Sage des Odysseus an, der dem Zyklopen Polyphem eine glühende Pfahlspitz­e ins Auge stach, um aus dessen Höhle fliehen zu können.

Acht Uhren waren es anfangs, die die Zeit in dem Ort anzeigten. Mittlerwei­le sind es über 25. Neue Künstler seien dazu gekommen, erzählt Plá, aber auch die Einwohner selbst seien sind im Laufe der Jahre zu Uhrmachern geworden. „Viele schmücken auf eigene Initiative ihre Fassade mit einer Sonnenuhr“, sagt Plá. Und lassen diese in einigen Fällen nicht nur die Uhrzeit, sondern auch familiäre Feste oder Geburtstag­e anzeigen.

Bei Rafael Armengol zeigen Paprikasch­oten die Zeit an.

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