Die seltsamen Wege eines Audis
Gestohlener Wagen soll in Málaga stehen, fährt in León zu schnell und bereitet Besitzer Kopfzerbrechen
Alcalalí – at. Otto Künzli aus Alcalalí weiß nicht, wo, ob und mit wem sein Auto zurzeit herumfährt. Er selbst will es gar nicht mehr haben, wird es aber nicht offiziell los. Das letzte Lebenszeichen seines Audis, der ihm mutmaßlich im Februar vergangenen Jahres von dem Holländer Adriaan Rutgers gestohlen worden war, erhielt er im September 2015 in Form eines Bußgeldbescheides für zu schnelles Fahren in León. Otto Künzli, der mehrere Operationen und einen Schlaganfall hinter sich hat, könnte aus gesundheitlichen Gründen gar nicht so weit fahren. Zudem hat der Schweizer sein Auto ja schon seit Februar letzten Jahres nicht mehr gesehen. Und eigentlich sollte es ohnehin bei der Polizei in Fuengirola (Málaga) stehen.
Aber alles der Reihe nach. Als der Holländer Adriaan Rutgers im Februar 2015 mit dem Auto von Otto Künzli, der dem Hilfsbedürftigen eine Unterkunft und einen Job als Fahrer gewährt hatte, verschwand, wollte zunächst niemand an einen Diebstahl glauben. Rutgers galt als zuverlässig. Die Nachbarin Gaby Haupt gab eine Vermisstenanzeige auf, wenig später meldete Künzli sein Auto als gestohlen.
Auto in Málaga konfisziert
Mitte Juni bekam der 80-Jährige die Mitteilung von der Polizei in Fuengirola, dass man sein Auto gefunden habe. Ende Juli wurde Gaby Haupt auf das Revier der Guardia Civil in Calp gerufen, um Rutgers auf einem Fahndungsfoto zu identifizieren. „Man informierte mich, da ich die Vermisstenanzeige aufgegeben hatte“, sagt sie. „Man sagte mir, es gehe ihm gut.“Er sei wegen des gestohlenen Au- tos bei Málaga verhaftet worden, daraufhin habe man bemerkt, dass er auch gesucht werde. „Man könne ihn wegen des Diebstahls nicht festhalten, aber es werde eine Verhandlung geben.“Gaby Haupt ist es nach wie vor ein Rätsel, warum der Holländer sich damals aus dem Staub gemacht hat. „Er hatte Arbeit, ihm stand ein Auto zur Verfügung, er hat seine Katzen zurückgelassen. Man weiß nicht, was in dem Kopf vorging“, rätselt sie.
Wo Adriaan Rutgers sich derzeit aufhält, weiß man also nicht. Aber unabhängig von ihm sorgt auch der gestohlene Audi für Kopfzerbrechen. Zumindest bei Otto Künzli. Ein Bekannter von ihm fuhr Ende Juni nach Málaga, um das Auto für ihn abzuholen. Die Polizei händigte es ihm jedoch wegen abgelaufenen TÜVs nicht aus. Trotzdem erhielt er ein Schreiben auf Spanisch, dass man ihm das Auto übergeben habe. Der Bekannte berichtete Künzli, das Auto sei total verdreckt gewesen, die Scheiben waren kaputt. Über einen Dolmetscher wurde Künzli nach mehreren Telefonaten versprochen, das Auto verschrotten zu lassen.
Was offenbar nicht geschah. Stattdessen erhielt der Schweizer eine Zahlungsaufforderung von der Suma. „Man sagte mir, die Polizei habe das Auto reaktiviert und ich müsste die Steuern zahlen. Ich wollte ja keine Probleme, also zahlte ich Suma und Versicherung.“
Fall soll vor Gericht
Die Buße für zu schnelles Fahren aus León zahlte Künzli nicht. „Ich habe ihnen geantwortet, dass das Auto gestohlen wurde und in Fuen- girola steht.“Wieder gab es viele Telefonate mit der Polizei, vor wenigen Wochen „wurde meinem Dolmetscher gesagt, man wisse im Moment nichts Genaues über das Auto“.
Immerhin: Eine kleine Hoffnung besteht, dass das allgemeine Unwissen bald ein Ende hat. So erfuhr Künzli vor wenigen Tagen im Rathaus von Alcalalí, dass man dort ein Schreiben vom Denianer Gericht erhalten habe, wo der Fall des gestohlenen Autos verhandelt werden solle. Künzli wurde empfohlen, sich einen Anwalt zu nehmen, der sich jetzt um die weiteren Schritte kümmern soll. Wie die aussehen, weiß der Schweizer nicht. „Ich bin gemäß den Papieren der Besitzer und Halter des Autos. Was passiert denn bei einem Unfall?“, sorgt er sich. „Ich fühle mich hilflos.“