Drei Tonnen auf 220 Schultern
Hermandad de la Santa Cena trägt am Gründonnerstag größten Oster-Thron Spaniens durch Alicante
Alicante – ms. Balken schultern, das Signal abwarten und hoch damit. Wenn Ramón Quereda Baeza das Zeichen gibt, stemmen die Frauen und Männer der Hermandad de la Santa Cena (Bruderschaft des Heiligen Abendmahls) in Alicante mit vereinten Kräften über drei Tonnen Gewicht in die Höhe. So viel wiegt der Hauptthron der Bruderschaft, der zur Semana Santa durch die Straßen getragen wird.
220 Costaleros – so heißen die Thronträger – sind nötig, um das imposante Konstrukt einmal quer durch Alicante zu bugsieren. Zwei Monate proben sie nun schon, Quereda gibt den Tod an. „Ich mache das ausnahmsweise mit einer Glocke, sonst hört mich bei so vielen Trägern ja keiner“, erklärt er. Normalerweise haben die Pasos, wie die Throne genannt werden, einen kleinen Metallgriff, mit dem der Capataz, der Ansager, mehrmals auf das Holz klopft, um die Zeichen für’s Anheben, Absetzen und Marschieren zu geben. Am Gründonnerstag, 24. März, schultern die Costaleros den – wie sie beteuern – größten Thron Spaniens. Das imposante Konstrukt misst 11,5 mal 5,5 Meter. Schritt für Schritt tragen die Frauen und Männer ihre Last ab etwa 19.30 Uhr durch die Straßen von Alicante. Die Altstadtgassen sind wegen seiner Größe tabu, der Thron kann nur durch die großen Calles und Avenidas bugsiert werden.
Regel Nummer Eins: Los geht es immer mit dem linken Fuß“, erklärt Vizepräsident Ángel Galán Sala. Wenn der tonnenschwere Paso aus dem Gleichgewicht geraten würde, wäre das lebensgefährlich – für die 220 Costaleros und die wertvolle Last, die oben auf den Thron drapiert ist.
Wie ihr Name schon sagt, trägt die Hermandad de la Santa Cena das Heilige Abendmahl. Das besteht aus einem lebensgroßen Holz-Christus samt zwölf Aposteln, Tisch, Stühlen, Kerzenleuchtern und Geschirr. Dekoriert ist das Festmahl mit frischen Früchten, echtem Gemüse, Wein und einem duftenden Lammbraten. Allein die Lebensmittel wiegen schlappe 50 Kilogramm. Sie werden anschließend einer wohltätigen Einrichtung gespendet.
Viel zu sehen ist bei den Vorbereitungen von der Pracht aber noch nichts. Im Innenhof der Parro- quia María Auxiliadora, einem ehemaligen Salesianer-Kloster, werden die Throne gesäubert und bekommen einen frischen Anstrich.
Die Heiligenfiguren stehen noch gut hinter Eisengittern ver- schlossen in der Kirche María Auxiliadora. Die verlassen sie erst in den frühen Morgenstunden des Gründonnerstag, wenn die Brüder die Pasos im letzten Moment fertig montieren. „Aus Sicherheitsgründen“, erklärt Vizepräsident Galán, „die Throne sind ersetzbar, die Bilder nicht“.
Um die 60.000 Euro, erklärt er, sei der Hauptthron ohne die Abendmahlfiguren wert. Daneben trägt die Bruderschaft zur Semana Santa noch den Paso des Cristo de la Caída – ein nicht weniger beeindruckend großer Thron – sowie den der Jungfrau und den des Cristo de los Jóvenes, den ausschließlich jugendliche Costaleros schultern. Zählt man die typischen Kapuzenträger, die Nazarenos, und die in schwarze Schleier gehüllten Frauen, die Manolas, mit, sind insgesamt 600 Mitglieder an der Prozession beteiligt. Hinzu kommen die Musiker, die die Pasos mit den passenden Chicotas begleiten.
„Die Semana Santa kostet uns jedes Jahr um die 20.000 Euro“, erklärt Galán, der mit Antonio Girón Torrano, Capataz des Jungfrau-Throns, einigen Kerzenleuchtern des Trono de la Virgen eine letzte Schicht Silberlack verpasst. Die Teilnahme an der Prozession sei längst keine rein religiöse Geschichte mehr, erklärt Galán, „bei uns gibt es sogar Atheisten“.