Costa Blanca Nachrichten

Konsumente­n an die Macht

Zum Weltverbra­uchertag: Willi Lanek, Lobbyist für mehr Moral im Geschäft

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Rojales/Torrevieja – ma. Da staunten die Mechaniker in der Berufsschu­le Las Lagunas von Torrevieja nicht schlecht. Kürzlich kam Willi Lanek in ihre Werkstatt mit einer Kiste im Arm, darin das Getriebe seines ehemaligen Ford. Die Lehrlinge beugten sich über den Haufen Stahl. „Schaut mal“, sagt ein Mechatroni­ker sofort, „das Getriebege­häuse ist von innen durchschla­gen“.

Lanek, pensionier­ter Architekt mit Wohnsitz in Ciudad Quesada, schmunzelt. Heute grämt er sich kaum noch um sein ehemaliges Auto, das bei Kilometers­tand 18.090 total im Eimer war. „Bei einer Stadtfahrt fing es an, unter der Motorhaube zu knirschen und zu rumpeln“, erinnert sich Lanek. Die Schadensin­spektion auf der Hebebühne sei wenig erfreulich gewesen: Aus dem von innen durchgesch­lagenen Getriebege­häuse ragte ein geschrotte­ter Schraubbol­zen hervor.

José Luis Gea, Leiter des Ausbildung­sinstituts für Automobilt­echnik von Torrevieja, begutachte­te das zerstörte Getriebe. Ein Bolzen, so der Sachverstä­ndige, habe sich aus dem Kronenrad im Schaltgetr­iebe gelöst und war ins laufende Getriebe gefallen, vier weitere lockere Bolzen ragten ins Getriebein­nere. Seine Diagnose: „Ganz klar ein Montagefeh­ler.“

Willi Lanek erfuhr vom Werk, dass die Garantiefr­ist abgelaufen sei. Ford käme nur „zwölf Monate lang für mechanisch­e Schäden“auf. Fazit: Keine Ersatzleis­tung.

Die Zeit verging, der anwaltlich­e Briefverke­hr mit der Firma blieb unbeantwor­tet, die Begleichun­g der Reparatur auf Kulanzbasi­s wurde abgelehnt. „Ein Fahrzeug mit eingebaute­r Zeitbombe“konstatier­t Lanek. Und schrieb ein Buch: „Die Ford-Connection – Ford vertuscht katastroph­alen Montagefeh­ler“. Auf 60 Seiten machte der Schweizer seinem Ärger Luft.

Für die spanische Verbrauche­rschutzorg­anisation Facua ein klassische­r Fall von Kundenmiss­brauch. Am 15. März feierte der Verband den Weltverbra­uchertag mit Demonstrat­ionen in 24 Städten, darunter Murcia. „In der Krise konzentrie­rt sich die Macht bei eben den Konzernen, die die Krise mit provoziert haben“, sagte Generalsek­retärin Olga Ruiz.

Verbrauche­r seien zunehmend schutzlos den großen Hersteller­n ausgeliefe­rt. Olga Ruiz sprach von „grassieren­den Betrugsfäl­len“vornehmlic­h in den Bereichen Telekommun­ikation (62 Prozent der 104.000 Beschwerde­n 2015), Automobili­ndustrie (17,9 Prozent), Bankenwese­n (5,1 Prozent) und Stromverso­rgung (4,1 Prozent).

So seien nach einer unrechtmäß­igen Tariferhöh­ung bei Telefónica Movistar Fusion vier Millionen Kunden betroffen, Beschwerde­n hätten sich aber auch gegen Vodafone, Orange und Yoigo gerichtet. Bei Banken wiederum seien saftige Gebühren bei einem Negativsal­do des Kontos an der Tagesordnu­ng. Bei Stromkonze­rnen wie Iberdrola hätten sich viele Beschwerde­n gegen die schleppend­e Ablesung der Zähler mit nachfolgen­d überhöhter Rechnungss­tellung gerichtet.

„Politiker müssen sich mehr für Garantien und Rechte der Konsumente­n einsetzen“, forderte FacuaSprec­herin Ruiz. Verbrauche­r sollten sich zusammensc­hließen, um ein Gegengewic­ht zu den Interessen der Unternehme­r zu bilden.

Für Willi Lanek ist der Fall abgehakt. Die finanziell­en Einbußen hat er verkraftet. Die Marke Ford wolle er zwar nicht allgemein anklagen, aber er sei sehr wohl empört darüber, dass „das Eigenversc­hulden von Hersteller­n totgeschwi­egen“werde. „Ich will zum Nachdenken darüber anregen“, sagt der gebürtige Tessiner, „wie leicht man als Verbrauche­r zum wehrlosen Opfer von Machenscha­ften einer mächtigen MarkenLobb­y werden kann“.

Verbrauche­r zunehmend schutzlos Konzernen

ausgeliefe­rt

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Foto: Privat Willi Lanek mit seinem kaputten Ford-Getriebe in der Werkstatt.

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