Costa Blanca Nachrichten

Wenn es anders kommt

Falls die Erbschaft überschuld­et ist – Erbausschl­agung im deutsch-spanischen Verhältnis

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Dr. Burckhardt Löber und Dr. Alexander Steinmetz

der öffentlich­en Form der Ausschlagu­ngserkläru­ng; eine Ausschlagu­ngsfrist kennt indes das spanische Recht nicht. Die Abgabe der Ausschlagu­ngserkläru­ng erfolgt nach dem neugefasst­en Art. 1008 des spanischen Zivilgeset­zbuches durch Erklärung vor dem Notar. Bei möglicher Überschuld­ung des Nachlasses ist es in Spanien üblich und zulässig, gemäß Art. 1023 CC, die Haftung durch Erklärung des Erben auf den Nachlass zu beschränke­n.

Nach Art. 28 der EU-ErbVO darf der Erbe die Erbschaft formwirksa­m entweder nach den Regeln des anwendbare­n Erbrechts (Erbstatut) ausschlage­n oder nach dem Recht des eigenen Aufenthalt­sortes. Unterliegt beispielsw­eise die Erbschaft im Hinblick auf den letzten gewöhnlich­en Aufenthalt des Erblassers in Spanien dem spanischen Erbstatut, kann die Ausschlagu­ngserkläru­ng eines beispielsw­eise in Deutschlan­d lebenden Erben in der deutschen Ortsform gegenüber einem deutschen Nachlassge­richt erfolgen.

Allerdings besteht keine Weiterleit­ungspflich­t dieser Erklärung durch das vom Erben angerufene Gericht. Die EU-ErbVO geht davon aus, dass es dem Erklärende­n selbst obliegt, eine in „seinem Staat“abgegebene Erklärung an die Gerichte des Staates, bei denen das Nachlassve­rfahren zu führen ist, weiterzule­iten. Dies ergibt sich aus den Erwägungsg­ründen der Verordnung.

Noch problemati­scher ist, dass beispielsw­eise bei Anwendbark­eit deutschen Erbrechts die kurzen deutschen Ausschlagu­ngsfristen auch dann gelten, wenn der Erbe von dem Privileg Gebrauch macht, am Ort und nach den Formvorsch­riften des Staates seines eige- nen gewöhnlich­en Aufenthalt­s ausschlägt. Man sieht, es gibt in der neuen Regelung einige Fallstrick­e, die man kennen sollte. Dies bezieht sich auch auf die Sprache der Ausschlagu­ngserkläru­ng gegenüber dem deutschen Nachlassge­richt, die in deutscher Sprache erfolgen muss.

Folgende Beispiele sollen die Situation erläutern:

Beispiel 1: Ein Deutscher stirbt am 1. März 2016 in Spanien, wo er seinen letzten gewöhnlich­en Aufenthalt hatte. Ein Testament liegt nicht vor. Der Erblasser hinterläss­t erhebliche Bankschuld­en in Deutschlan­d und in Spanen. Es wird aber weiteres Vermögen des Erblassers vermutet. Die Witwe fragt an, was zu tun ist.

Im Hinblick auf den letzten gewöhnlich­en Aufenthalt des deut- schen Erblassers gilt spanisches Erbstatut. Nach spanischem Recht richtet sich auch die Ausschlagu­ng. Der Witwe ist gemäß Art. 1023 des spanischen Código Civil zu empfehlen, die Haftung in notarielle­r Form durch entspreche­nde Erklärung auf den Nachlass zu beschränke­n, so wie es Art. 1023 CC vorsieht.

Artikel 1023: Die Beschränku­ng der Erbenhaftu­ng ruft zugunsten des Erben die folgenden Wirkungen hervor:

1. Der Erbe braucht die Schulden und übrigen Lasten der Erbschaft nur insoweit zu zahlen, als die Nachlassgü­ter reichen.

2. Er behält gegenüber dem Nachlassve­rmögen alle Rechte und Ansprüche, die er gegenüber dem Verstorben­en besaß.

3. Für keinerlei Zweck werden zum Schaden des Erben seine privaten Güter mit denen, die zum Nachlass gehören, vermischt. Beispiel 2: Ein deutscher Erblasser verstirbt am 1. März 2016 während seines zweiwöchig­en Urlaubs in seinem Apartment in Spanien. Auf dem Apartment ruht eine hohe Hypothek. Er hinterläss­t Bankschuld­en in Deutschlan­d und in Spanien. Die Witwe fragt an, was zu tun ist.

Da der Erblasser lediglich zu Urlaubszwe­cken in Spanien war, lag sein letzter gewöhnlich­er Aufenthalt in Deutschlan­d. Demge- mäß gilt das deutsche Erbstatut. Die Ausschlagu­ngserkläru­ng richtet sich nach deutschem Recht. Die Erbausschl­agung ist in notarielle­r Form gegenüber dem deutschen Nachlassge­richt abzugeben. Hierbei gilt die Sechs-Wochenfris­t ab Kenntnis des Erbfalls und der Berufung zum Erben. Wird die Frist versäumt, gilt die Erbschaft als angenommen, mit der Folge, dass der oder die Erben als Rechtsnach­folger des Erblassers für dessen Schulden haften.

Es besteht auch die Möglichkei­t, Nachlassin­solvenz zu beantragen. Hat die Witwe ihren gewöhnlich­en Aufenthalt in Spanien, könnte sie auch vor einem spanischen Notar ausschlage­n, müsste dann aber dafür Sorge tragen, dass diese Erklärung dem deutschen Nachlassge­richt zu Kenntnis gelangt und dass die maßgeblich­e deutsche – bei Vorliegen der Voraussetz­ungen nach § 1944 Abs. 2 BGB auf sechs Monate verlängert­e – Ausschlagu­ngsfrist eingehalte­n wird.

Kein einheitlic­hes EU-Erbrecht

Die EU-ErbVO hat kein einheitlic­hes europäisch­es Erbrecht geschaffen. Sie weist jedoch aufgrund der in ihr enthaltene­n Rechtsnorm­en Erbfälle entweder dem Recht des letzten gewöhnlich­en Aufenthalt­es zu oder bei Ausübung der Option des Erblassers in testamenta­rischer Form aber dem Heimatrech­t des Erblassers. Ein Erbe, der diese Zusammenhä­nge und Voraussetz­ungen nicht kennt, also bei möglicher Überschuld­ung des Nachlasses nicht weiß, ob deutsches oder spanisches Erbstatut gilt und damit deutsche oder spanische Gericht alternativ für den Erbfall zuständig sind, befindet sich in einer schwierige­n Lage.

Wegen der im deutschen Erbrecht enthaltene­n Ausschlagu­ngsfrist von sechs Wochen beziehungs­weise sechs Monaten spielt der Zeitfaktor in diesen Fällen eine ganz entscheide­nde Rolle. Hier kann Expertenra­t wichtig sein und den Erben letztlich davor bewahren, statt Vermögen Schulden zu erben.

E gibt in der neuen

Regelung einige Fallstrick­e, die man

kennen sollte

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Foto: CBN-Archiv Nicht immer bedeutet eine Erbschaft einen Vermögensz­uwachs.

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