Nichts mit Tiki-Taka
Sorgen beim Titelverteidiger: Der Spielfluss ist weg – Nach dem 1:1 in Italien nur ein 0:0 in Rumänien
Madrid – dpa/tl. „Die beste Nachricht ist, dass sich niemand verletzt hat.“Diese niederschmetternde Bilanz zog ein spanischer Radiokommentator nach dem enttäuschenden 0:0 der Fußballnationalmannschaft im Testspiel in Rumänien. Zweieinhalb Monate vor Beginn der Europameisterschaft macht sich im Land des Titelverteidigers Alarmstimmung breit. „Das sieht nicht gut aus“, konstatierte das Madrider Sportblatt „Marca“am Montag.
Trainer Vicente del Bosque hat nach dem 1:1 in Italien und der Nullnummer in Rumänen allen Grund zur Sorge. „Ich kann unter dem Strich nicht zufrieden sein“, räumte der 65-Jährige ein. „Wir hatten Schwächen im Angriffsspiel über die Flügel und in der Ballzirkulation.“In beiden Tests, den letzten vor der Nominierung des EM-Kaders, spielten Spaniens Angreifer in 180 Minuten fast keine Torchancen heraus.
„La Roja“enttäuschte ausgerechnet auf dem Gebiet, auf dem sie bisher ihre größte Stärke hatte, nämlich im raschen Abspiel. Der Spielfluss scheint den „Weltmeistern des Kurzpass-Spiels abhandengekommen zu sein“. Die angesehene Zeitung „El País“warnte, dass Spanien bei der EM in Frankreich ein ähnliches Debakel drohen könnte wie bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien. „Wenn die Selección beim Abspiel keinen Zahn zulegt, kann die EM-Teilnahme in Frankreich rascher zu Ende gehen als erwartet“, befürchtet das Blatt.
Anstelle des Hispano-Brasilianers Diego Costa (FC Chelsea), der in zehn Länderspielen nur ein Tor erzielt hatte, testete del Bosque nun Stürmer wie Aritz Aduriz (Athletic Bilbao), Álvaro Morata (Juventus Turin), Paco Alcácer (FC Valencia) oder Nolito (Celta de Vigo). Keiner von ihnen ent- täuschte, aber alle hingen irgendwie in der Luft, weil die Unterstützung aus dem Mittelfeld fehlte.
Kopfzerbrechen bereitet Del Bosque auch eine andere Entscheidung, die er vor der EM treffen muss: Wird in Frankreich der Routinier Iker Casillas im Tor stehen oder der 25-jährige David de Gea? Der junge Keeper von Manchester United hatte im Italien-Spiel, dem schwereren der beiden Testspiele, den Vorzug erhalten und hat die Mehrheit der Fans hinter sich.
Lob gab es allein für Aritz Aduriz. Der Profi von Athletic Bil- bao stand gegen die Azzurri fast sechs Jahre nach seinem ersten Kurzeinsatz im Nationaltrikot erstmals von Beginn an auf dem Platz. „Aduriz hat sich gut eingefügt, er passt sich perfekt an das Spiel der Mannschaft an“, lobte del Bosque, der mit der von den Fans geforderten Nominierung des Stürmers ein Experiment wagte. „Er ist im Strafraum ein wahrer Killer und eine Option für die EM“, urteilte „Mundo Deportivo.“„Aduriz hat die Prüfung zu 100 Prozent bestanden: Ein Schuss, ein Tor. Er ist eine echte Neun“, lobte die Zeitung „AS“.
„Wir hatten Schwächen im Angriffsspiel über
die Flügel und in der Ballzirkulation“