Costa Blanca Nachrichten

Please stay!

Referendum am 23. Juni zum Brexit wird mit Spannung erwartet

- Clementine Kügler Alicante

Der Großteil der britischen Residenten, die an der Costa Blanca leben, wollen EU-Bürger bleiben. Für sie zählen nicht nur persönlich­e Vorteile, wie eine günstige Gesundheit­sversorgun­g und geringe Lebenshalt­ungskosten, sondern auch der Stolz, Europäer zu sein. Einen Austritt des Vereinten Königreich­s aus der EU lehnen auch die 24.000 Wahlberech­tigten in Gibraltar ab. Und die Spanier, die auf der Insel ihr Glück machen, hoffen, dass Europa nicht zersplit- tert. Die spanische Wirtschaft würde leiden, genau wie die britische und die europäisch­e. Statt Brexit wünscht sich Außenminis­ter José Manuel García-Margallo gegenüber der CBN ein stärkeres Europa.

Keine Panik in San Fulgencio, aber Sorge durchaus. Die 10.000Einwohn­er-Stadt auf halber Strecke zwischen Alicante und Mar Menor ist der Ort in Spanien mit dem höchsten Anteil ausländisc­her Residenten. Sie machen 77,7 Prozent der Bevölkerun­g aus, die Mehrzahl sind Briten – satte 40 Prozent. „San Fulgencio City dice no“, titelte die Zeitung „El País“jüngst und meint den Austritt Großbritan­niens aus der EU. Darüber stimmen die Briten am 23. Juni per Referendum ab.

„Ein Ausstieg wäre totaler Unsinn. Und ich sage das nicht, weil er mir persönlich schaden würde, sondern weil er das Gegenteil von der Idee eines gemeinscha­ftlichen Raums ist. Ein Brexit wäre ein wirtschaft­liches Desaster und verkörpert eine arrogante, fremdenfei­ndliche Haltung“, wird der britische Resident Toby Kichenside zitiert. So wie er sind viele seiner Landsleute in Sorge.

Die Residenten­partei PIPN ist in San Fulgencio zu einer Anlaufstel­le für die Brexit-Besorgten geworden. „Im Moment herrscht hier viel scaremonge­ring – Panikmache“, beklagt Parteivors­itzende Samantha Hull. Viele Bürger würden Gerüchte weitergebe­n, die andere gerne bestätigen oder widerlegen. „Doch wir können die Menschen auf nichts vorbereite­n. Die Umfragen fallen zu widersprüc­hlich aus“, so Hull. „Auch im Falle eines Brexit wissen wir nicht, was passieren wird – es wäre ja der erste Ausstieg aus der EU in der Geschichte.“PIPN sehe ihren Auftrag darin, besorgte Bürger zu beruhigen.

Selbst ein Brexit-Yes muss laut Hull nicht unbedingt eine Katastroph­e bedeuten. Tatsächlic­he Folgen könnten lange auf sich warten lassen. „Zwei Jahre, sagen einige. Oder sogar zehn Jahre“, meint Hull, die Optimismus ausstrahlt. „Auch könnten alternativ­e Abkommen zwischen dem Vereinigte­n Königreich und EU-Ländern verhandelt werden.“

Dennoch nehme sie die Warnungen vor dem Brexit ernst. „Natürlich könnten unsere Residenten den Anspruch auf Rente und gesundheit­liche Versorgung verlieren“, sagt sie. Die Folgen würden aber auch andere tragen, Bar- und Ladenbetre­iber zum Beispiel. „Wir nennen das knock-on-effect.“

Auch Residenten mit Kindern seien beunruhigt. „Sie befürchten, dass spanische Schulabsch­lüsse im Vereinigte­n Königreich nicht anerkannt werden.“In San Fulgencio sei „so gut wie jeder“gegen den Brexit. Doch für die Befürworte­r äußert Hull Verständni­s. „Es sind Menschen, die sich nach einem Großbritan­nien wie vor 50 Jahren zurücksehn­en“, sagt sie. Nur zurückzusc­hauen sei nicht der richtige Weg.

Die Gemeinderä­tin für ausländisc­he Residenten in Llíber, Suzanna McAllister, hat mit vielen britischen Residenten gesprochen und bedauert, dass die Kampagne so übertriebe­n emotional geführt wird. „Hier ist die Stimmung so, dass ungefähr die Hälfte dafür und die Hälfte dagegen ist. Es ist sehr gemischt. Ich persönlich bin gegen den Austritt. Ich denke, es wäre besser, wenn Großbritan­nien in der Europäisch­en Union bliebe. Für mich ist der Austritt ein Rückschrit­t“, sagt die über 70-jährige Britin.

Viele Jahre Frieden in Europa

„Dazu kommt, dass die EU viele Jahre lang für Frieden gesorgt hat“, ergänzt McAllister. „Ich habe die Nachkriegs­zeit als Kind miterlebt und weiß, wie das Land damals gelitten hat und wie viele Jahre wir brauchten, um uns vom Krieg zu erholen. Seit der EU haben wir viele Vorteile. Die Länder importiere­n und exportiere­n gegenseiti­g, wir können uns frei bewegen und zum Beispiel Gesundheit­sdienste in ganz Europa wahrnehmen. Wir sind Europäer. Großbritan­nien ist zwar eine Insel, aber es ist nicht isoliert. Wenn wir für den Brexit stimmen, dann wird Großbritan-

 ?? Foto: dpa ?? Die Briten tanzen gerne aus der Reihe – Flaggen vor dem Gebäude der Europäisch­en Kommission in Brüssel.
Foto: dpa Die Briten tanzen gerne aus der Reihe – Flaggen vor dem Gebäude der Europäisch­en Kommission in Brüssel.
 ?? Foto: dpa ?? In Gibraltar ist die Stimmung angespannt: Ein Ausstieg Großbritan­niens aus der EU wäre für die Einwohner und die dort arbeitende­n Spanier fatal.
Foto: dpa In Gibraltar ist die Stimmung angespannt: Ein Ausstieg Großbritan­niens aus der EU wäre für die Einwohner und die dort arbeitende­n Spanier fatal.
 ?? Foto: Ángel García ?? Britinnen auf dem Flohmarkt in San Fulgencio.
Foto: Ángel García Britinnen auf dem Flohmarkt in San Fulgencio.

Newspapers in German

Newspapers from Spain