Costa Blanca Nachrichten

Not hautnah

Katastroph­enhelferin Adelaida Plaza aus Guardamar berichtet über ihre Einsätze in Flüchtling­scamps

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Freiwillig im Camp: Hebamme aus Guardamar half Flüchtling­en in Griechenla­nd

Guardamar del Segura –

sw. Für Adelaida Plaza ist die Flüchtling­skrise vieles, aber bestimmt kein reines Politikum oder Diskussion­sthema. Die Hebamme aus Guardamar hat bei zwei Einsetzen als Katastroph­enhelferin des Roten Kreuzes in Griechenla­nd die Not der Migranten aus nächster Nähe erlebt. Zum Weltflücht­lingstag stand die Vize-Vorsitzend­e des Roten Kreuzes in der Provinz der CBN Rede und Antwort. CBN: Wie kamen Sie dazu, nach Griechenla­nd zu reisen? Adelaida Plaza: Seit 2007 bin ich beim Roten Kreuz und schon 2009 machte ich eine Fortbildun­g für die Katastroph­eneinheit ERU. Doch bei bisherigen Krisen, Umweltkata­strophen etwa, war mein Profil als Hebamme nicht so gefragt. Im Oktober 2015 erreichte mich dann der Anruf von der Zentrale des Roten Kreuzes in Madrid. Sie fragten: Kannst du in zwei Tagen nach Griechenla­nd fliegen? Nach zwei Minuten sagte ich zu. Kam das nicht ungelegen? Ich bin 57 Jahre alt, habe erwachsene Kinder. Der Anruf erreichte mich im Urlaub, also war es auch von der Arbeit her kein Problem. Was erlebten Sie vor Ort? Es waren zwei ganz verschiede­ne Reisen. Im Oktober arbeitete ich fünf Wochen in mobilen Rettungsst­ationen auf Chios und Samos. Da empfingen wir die Menschen, die über das Meer aus der Türkei kamen. Ich musste Verletzung­en behandeln, viele Kinder hatten Brandwunde­n. Aber sie waren glücklich, denn sie reisten sofort weiter, nahmen die Fähre zur Balkanrout­e. Die meisten wollten nach Deutschlan­d oder Schweden. Bei meiner zweiten Reise im März ging es in das Lager Ritsona. Da war die Balkanrout­e schon zu. Ich war in einem improvisie­rten Gesundheit­szentrum mit Ärzten, Krankenpfl­egern, Logistiker­n und so weiter. 20 Kilometer von der Zivilisati­on waren da 190 Familien in Zelten untergebra­cht, schliefen direkt auf dem Boden. Hier lernten wir die Menschen gut kennen, denn wir sahen sie jeden Tag, immer und immer wieder. Ich kannte ihre Namen, ihre Krankheits­geschichte­n. Und sie wussten nicht, wann sie gehen würden. Am Ende musste ich sie verlassen, ohne ihnen eine Antwort zu hinterlass­en. Welche Gefühle begleiten Sie? Ich trage Trauer in mir, und Bewunderun­g für diese Menschen. Aber auch Wut. Wut darüber, wie wenig ich für sie tun kann. Am Weltflücht­lingstag erinnerte ich mich an sie. An Abdul. An Hamam, der gerade Vater wurde. Manchmal fragten sie: Warum helft ihr uns nicht mehr? Warum? Verstehen Sie, wenn die Europäer Angst haben? Man muss sich bewusst machen, dass eigentlich nur 15 Prozent der Flüchtling­e herkommen. Der Rest kommt in ihren Nachbarlän­dern unter. Die Integratio­n derer, die zu uns kommen, wird hier leider nicht als Priorität behandelt. Doch wir sind auf sie vorbereite­t. Das spanische Rote Kreuz bietet mit den Organisati­onen Cear und Accem 18monatige Integratio­nsprogramm­e an. 1.200 Wohnungen für Asylbewerb­er wollen wir bis Jahresende stellen. Wir sind schon seit 30 Jahren in der Flüchtling­shilfe tätig. Allein in den 16 vergangene­n Monaten hat das spanische Rote Kreuz 15.000 Menschen aufgenomme­n, und ich spreche gar nicht von der Syrien-Krise, sondern von Pakistaner­n oder Ukrainern. Wie fänden Sie humanitäre Korridore nach Europa? Es in eine sehr sensible Lage. In die Politik mischen wir uns allein aufgrund der Prinzipien des Roten Kreuzes nicht ein. Wir versuchen, abseits politische­r Debatten, nah an den Menschen zu sein. Und Diplomatie vom Schreibtis­ch aus zu betreiben. Wir gehen nicht auf die Straße zum Demonstrie­ren wie andere, die dann gar nicht selbst helfen. Humanitäre Korridore wendet das Internatio­nale Rote Kreuz in der Regel in Konfliktsi­tuationen innerhalb eines Landes an. Wie können wir derzeit helfen? Die beste Weise: Wenn die Flüchtling­e ankommen, und sie kommen bereits, ihnen einen Platz lassen. In der Gesellscha­ft, in unserem Leben. Sie nicht als Fremde ansehen. Wann fliegen Sie wieder nach Griechenla­nd? Ich will wieder zurück, denn mit meinen Kenntnisse­n als Hebamme werde ich sehr gebraucht. Am liebsten noch in diesem Jahr. Aber im Oktober bekommt meine Tochter ein Kind, da muss ich noch die Entbindung übernehmen.

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Foto: Cruz Roja Alicante Ganz nah am Mensch – Adelaida Plaza.

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